Wie windelfrei’t es sich eigentlich mit zwei Kindern? Ist man beim zweiten Kind entspannter, gewitzter, genervter? Und überhaupt: Wie oft habe ich gehört: „Beim zweiten Kind machst Du so einen Quatsch nicht mehr, da hast du dann gar nicht mehr die Zeit!“ und ich dachte: Aber zum Wickeln hab ich Zeit?
Fakt ist: Wir machen es wieder. Und ja, es ist anders mit zwei Kindern.
1. Routine ist entspannend :). Ich bin viel entspannter und routinierter oh Wunder. Während ich beim ersten Kind noch ständig bei Laurie Boucke in „Topffit“ geblättert habe, ruft mein Hirn jetzt vieles von alleine ab: „Ah, eine Streikphase, das kenne ich, ah, Rhythmusänderung, das kenne ich etc.“ Ich sehe die Zeichen besser, auch wenn sie sich ändern. Sie signalisiert eigentlich gar nicht mehr außer in der Manduca (da will sie panisch raus) oder nachts (sie nuckelt und nuckelt und dockt nicht ab).
Ich weiß meistens, wann sie muss: Nach dem Schlafen, großes Geschäft nach dem Vormittags- oder Nachmittagsschlaf oder (wenn sie’s bis dahin nicht gemacht hat) nach dem Mittagessen. Ich sehe sogar, dass sie gerade oder gleich macht, wenn sie eine Windel anhat. Irgendwie gehört es jetzt wirklich zur Wahrnehmung dazu, wie ihr Hunger und ihre Müdigkeit. Trotzdem verpasse ich viel, denn…
2. Ich halte seltener ab. Ich habe definitiv nicht soviel Zeit. Das heißt zwar nicht, dass ich Zeit fürs Vollzeitwickeln hätte, aber ich bin weniger aufmerksam als beim ersten Kind. Ist halt noch ein zweites da. Daher haben wir – gefühlt -mehr nasse Hosen, mehr Unfälle. Gleichzeitig habe ich so gut wie nie ein Kind, dass ich vergebens abhalte, weil ich nicht mehr wie früher ständig schaue, ob doch was kommt. Das hat auch Vorteile, denke ich, sie ist bisher so gut wie nicht genervt.
3. Der Rhythmus ist anders. Beim ersten habe ich an Teilzeit-Windelfrei-Tagen vor allem nachmittags windelfrei gemacht, weil sie nachmittags seltener müssen. Jetzt ist es eher so, dass ich die Kleine vormittags auf jeden Fall windelfrei lasse, nämlich wenn der Große in der Kita ist. Am nachmittag sind wir häufig unterwegs und ich hab dann zwei Kinder, da trägt sie meistens eine Windel oder Backups.
4. Die Ökobilanz scheint uns miserabel. Ich dachte ja am Anfang von windelfrei, dass wir damit wirklich sehr viel umweltfreundlicher sein werden. Bei uns ist das derzeit eher nicht der Fall. Der Große ist zwar schon seit zwei Jahren trocken, aber derzeit waschen wir ca. 1x pro Woche die Bettwäsche, weil doch von einem der beiden was naß geworden ist. Das fühlt sich nicht mehr so wahnsinnig toll öko an. Ich hab’s nicht ausgerechnet, ob es die gesparten Windeln wieder wett macht. Aber ich frage mich das dennoch manchmal…andererseits sind es am Ende wahrscheinlich ca. 2000-2500 Windeln, die wir nicht benutzt haben, das ist schon ne Menge…
5. Wir brauchen mehr Windeln. Eine Windelpackung pro Monat? Davon kann ich derzeit nur träumen. Wir, brauchen derzeit oft 1 Packung für ca. 7 bis 10 Tage, als es im Herbst noch so warm war hielt sie auch mal 3 Wochen. Ich halte nachts z.B. zwar ab, aber sie trägt trotzdem meistens Windel, weil ich einfach oft so müde bin (und in den Backups schwitzt sie wie verrückt, in der Windeln nicht *grübel*). Und tagsüber gibt es soviele Situationen, in denen ich wirklich keine nasse Hose brauchen kann. Doof das. Aber isso.
6. Ich habe mehr Hilfe. Da alle in der Familie und um uns herum jetzt ebenfalls schon windelfrei-Erfahrung haben, halten Papa, Oma und enge Freunde die Kleine viel mehr ab als sie das beim Großen gemacht haben. Das ist toll.
7. Wir sind immer noch mit kleinem Gepäck unterwegs, im Alltag und auf Reisen. Es ist immer noch wahnsinnig praktisch. Ich habe bis heute keine „Wickeltasche“, keine Wundseincremes, keine Unterlagen etc. Nie vermisst. Nie gebraucht.
Insgesamt machen wir es einfach. Ich mache mir mir keinen Kopf drum, wir halten sie halt einfach ab, sobald sie aufwacht und wann immer wir denken, sie muss mal. Wir lächeln, wischen und waschen, wenn wir es verpassen. Wir wickeln, wenn wir keine Aufmerksamkeit für sie haben.
Ich habe ich das Gefühl, dass sich windelfrei so anfühlen könnte, wenn man einfach damit aufwächst, dass man Babys nunmal abhält, wenn sie müssen. Das ist schön. Es fühlt sich sehr entspannt und natürlich an. Und es ist eigenartig, dann all die Babys zu sehen, die nie jemand abhält, die alles in ihre Windel machen. Wenn man es mal raus hat, ist es so einfach. Und ich könnte mir vorstellen, wenn wir es beieinander sehen würden und aus der Familie so kennen, dann würde sich keinen Mensch einen Kopf drum machen, ob und wie und warum.
Wir würden unsere Babys einfach abhalten. Punkt. Eines Tages wird es wieder so sein. Bis dahin – artgerecht-Projekt!