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artgerecht zur „Elternschule“

Liebe Runde,

unsere aktuelle Position zur Elternschule:

Ich bekommen von euch viele, viele Anfragen, dass wir uns positionieren und auch Presse-Anfragen für Statements, wir sind in Kontakt mit dem AP-Film und mit Fachleuten. Dennoch ist es immer noch so: Wie ihr wisst, bin ich gerade viel unterwegs und komme nicht ins Kino. Dafür kann ich mit vielen Fachleuten sprechen, die den Film auch gesehen haben – davon will ich kurz berichten.

Gerade auf dem Fachtag von Weleda sprach ich nochmal mit meinen Freund und Kollegen Herbert Renz-Polster (und Frauke von Einfach Eltern und Regine Gresens) über seinen Post und den Film gesprochen. Am Ende kamen wir darauf: Es darf nicht darum gehen, nur diese Klinik zu verteufeln. Denn diese Klinik handelt im Grunde nach den Verhaltenstherapeutischen Empfehlungen „S1-Leitlinie 028-012 „Nichtorganische Schlafstörungen“ (danke für den Hinweis, Herbert):

Da steht :
„Verhaltenstherapeutische Verfahren:
o Bei jüngeren Kindern (< 5Jahre): Rhythmisierung des Schlafverhaltens, Extinktion von unerwünschtem
Verhalten wie Herausklettern aus dem Bett, Rufen nach den Eltern, Verlangen der elterlichen Anwesenheit zum Einschlafen, graduelle Extinktion (bei überfürsorglicher Erziehung zur adäquaten Trennungsbewältigung und Autonomieentwicklung sowie bei sehr ängstlichen Eltern)“

https://www.awmf.org/…/028-012l_S1_Nichtorganische_Schlafst…
Vielleicht muss es eher um solche Dinge hier gehen:
– die Leitlinien der Psychosomatik bei Kindern zu ändern (nicht alleine einschlafen ist keine Pathologie)
– die Handlungsempfehlungen an Ärzte zu verändern (total extinction, also alleine schreien lassen bis zum Einschlafen ist keine Option)
– das Bild von Eltern zu verändern (Eltern, die ihre Kinder nicht schreien lassen sind keine inkonsequenten, inkompetenten Eltern, sondern emphatisch!
– das Bild von Grenzen zu verändern (Ja, Kinder brauchen klare Informationen, was geht und was nicht, was die soziale Regel ist und was die Gruppe von ihnen erwartet)
– das Bild von Bindung zu stärken (Therapie-Ansätze, die bindungsorientiert arbeiten, sind zu bevorzugen – wenn sie noch gehen)
– das Bild von Kindern zu verändern (Kinder sind keine kleinen Prinzessinnen oder Tyrannen, sie reagieren auf das, was Erwachsene ihnen anbieten und brauchen unsere Hilfe, keinen Sarkasmus).

Und wir müssen den §1631 BGB endlich konsequent anwenden: Kinder haben ein Recht auf eine psychisch und physisch gewaltfreie Erziehung. Und Eltern brauchen Hilfe, wenn das warum auch immer nicht klappt.
Ich hab den Film noch nicht gesehen.

Was immer darin ist: Lasst uns etwas verändern. Für ein positives Menschenbild, für mehr Hilfen für Eltern – dafür lasst uns gehen. Dafür lasst uns nach vorne schauen.

#letsmakeadifference #babyfürbaby

Pampers gibt Erziehungstipps – rechtswidrig und grausam

lonely-604086_1280„Kinder im Stress brauchen kein Time-Out, sie brauchen allenfalls ein Time-In – einen Rückzug aus einer für sie belastenden Situation MIT einer Bezugsperson, die ihnen hilft, ihre starken Gefühle zu regulieren, die für sie da ist und ihnen Sicherheit gibt.“

Pampers gibt Erziehungstipps – aus Artgerecht-Perspektive ist dazu zu sagen: Was da empfohlen wird ist nicht nur grausam, es ist schlicht rechtswidrig und gesundheitsschädlich.

Pampers empfiehlt „leicht Form der Isolation“ als Erziehungmethode

Die Website ist schon aus dem Netz genommen, aber hier ist sie – hoffentlich noch immer im Cache „Kinder richtig bestrafen: Auszeiten“ und ansonsten ist hier ein PDF: Pampers über Auszeiten.

Aida S. de Rodriguez hat auf Elternmorphose bereits einen Artikel zur Grausamkeit dieser Empfehlungen veröffentlicht.
Herbert Renz Polster hat auf dem Kinder-verstehen-Blog ebenfalls Stellung bezogen: „Pampers erzieht jetzt mit“.

Der Artikel empfiehlt „Auszeit“ als Erziehungsmethode und beschreibt sie so: „Während der Auszeit findet keinerlei Kommunikation zwischen dem Elternteil bzw. der Aufsichtsperson und dem Kindstatt. Die Auszeit ist als eine abgeschwächte Form von Isolation zu verstehen.“

Pampers‘ Isolation von Kindern ist grausam – und gesetzwidrig

Kinder zu isolieren ist nicht nur grausam, menschenverachtend und keinen Kind zumutbar – es ist auch meiner Auffassung nach schlicht rechtswidrig: Im §1631 BGB „Inhalt und Grenzen der Personensorge“ steht klar und deutlich:
„(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“

Soziale Ausgrenzung ist für das Gehirn wie eine körperliche Bestrafung: Sie tut weh. Neurophysiologisch gesprochen: Sie aktiviert die gleichen Gehirnregionen. Im Spiegel-Artikel „Ausgrenzung tut weh“ nachzulesen. Warum reagiert unser System so „panisch“? Weil soziale Ausgrenzung als existenzielle Bedrohung wahrgenommen wird – besonders bei Kindern hinterlässt sie massive Schäden (hier ein ZEIT-Artikel dazu). Natürlich geht es in den Studien dazu um „lange“ Isolation und nicht „ab und zu eine kleine Auszeit“. Aber mal ehrlich: Ich schlage mein Kind auch nicht „ab und zu“, nur weil es dazu keine Studien gibt, was das anrichtet, sondern nur Studien zu dauerhafter Misshandlung.

Soziale Ausgrenzung hilft nicht gegen Aggression – sie führt zu Aggression

Außerdem führt soziale Isolation oder Ausgrenzung ihrerseits zu – genau: Aggression. Ein interessantes – wenn auch für mich nicht uneingeschränkt zu übernehmendes – Buch zum Thema: „Schmerzgrenze – Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt“, in dem Autor Joachim Bauer die These aufstellt, dass aggressives Verhalten immer eine Reaktion auf gefühlte Benachteiligung und Ausgrenzung ist.

Kinder brauchen Time-In -nicht Time-Out!

Karl Heinz Brisch hat auf einer Konferenz der WAIMH in Leipzig gesagt: „Die Kinder brauchen kein Time-Out, sie brauchen ein Time-In – einen Rückzug aus der Situation MIT einer Bezugsperson, die ihnen hilft, ihre starken Gefühle zu regulieren, die für sie da ist und ihnen Sicherheit gibt.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

 

Babys schreien lassen? Warum die Australien-Studie lügt

Babys niemals alleine schreien lassen! Das dürfte klar sein. Aber warum? Wenn doch die gerade viel diskutierte Studie „Behavioral Interventions for Infant Sleep Problems: A Randomized Controlled Trial von Michael GradisarKate Jackson et al“ zeigt, dass es keine negativen Effekte hat?

13221705_1010025792384077_7529947437792757133_nSchauen wir uns an, was die Australien-Studie WIRKLICH zeigt:

Das macht aus meiner Sicht auch total Sinn: Denn das aktivierte Stress-Überlebenssystem der Babys führt ja nicht dazu, dass ein konstant hoher Cortisol-Level besteht (das sehen wir von Kindern in Betreuung), sondern dass das Stress-System reaktiver ist – es „springt also viel schneller an“, wenn sie größer sind. Der Effekt sind Ängstlichkeit, Aggression, Verhaltensstörungen – weil das Gehirn sich immer auf eine Not-Situation vorbereitet und die impliziten Erinnerungen immer wieder wachruft, ohne dass es dem Erwachsenen bewusst wird (vgl. Daniel Siegel, „Achtsame Kommunikation mit Kindern“).

Es gibt außerdem Studien, die zeigen, dass der durch Vernachlässigung stattfindende Cortisol-Veränderung wieder regulierbar ist, wenn die Kinder sonst eine liebevolle Umgebung haben. Wenn wir also davon ausgehen, dass Eltern, die ihre Kinder nachts dieser Tortur aussetzen, diese möglicherweise tagsüber mehr beachten, könnte dies als Regulativ wirken.

Mein Stress und meine Laune hängen nicht nur vom Schlafrhythmus des Babys ab – auch wenn viele Eltern sich total drauf fokussieren und glauben, wenn es nur endlich schläft, wird alles gut! Aber es gibt Unmengen von Studien, die zeigen, dass Menschen ein relativ konstantes persönliches Lebens-Glücksgefühl haben (vgl. Werner Bartens, „Glücksmedizin“). Was auch immer passiert, wir neigen dazu, wieder auf dieses Level zurückzufallen. Wenn ich glaube, dass Ferbern mein Lebensglück verbessert, weil ich dann besser schlafen kann – Fehlanzeige.

  • 3. Die Studie zeigt: Wer sein Kind schreien lässt, dessen Baby schläft besser durch. Auch das wissen wir schon. James McKenna geht davon aus, dass diese Babys tiefer schlafen und damit ein höheres Risiko für den plötzlichen Kindstot haben. Es ist also fraglich, ob dies wirklich eine Verbesserung ist.

Linda Folgen Palmer schrieb mir gestern in einer Mail: „Vielleicht kann man die kurzfristigen Hormonveränderungen dieser gequälten Babys nicht messen – aber ich persönlich habe meine Babys lieber lebendig!“

  • 4. Die Studie zeigt, dass nach 12 Monaten nach der Intervention die Kinder in allen drei untersuchten Gruppen gleich häufig sicher/unsicher gebunden sind. FAST gleich häufig. Bei den Säuglingen, die man hat schreien lassen, gibt es einen leichten Anstieg der unsicheren Bindung, aber nach Aussage der Wissenschaftler ist das vernachlässigbar. Vielleicht. Bei einer Gruppe von 43 Säuglingen sind mit je 14/15 Säuglingen pro Gruppe sind das 13 % der einzelnen Gruppe. Hm.

Gemessen wurde es mit dem Fremde-Situation-Test, wie der funktioniert, könnt ihr hier nachlesen. Es gibt eine Menge Kritik an diesem Test und mittlerweile auch Forscher, die sagen, dass Bindung nicht statisch, sondern dynamisch ist. Insofern wäre interessant, wie sich die Kinder im Laufe ihres Lebens entwickeln.

Ist Schreien sinnvoll? Nein. Die Eltern schaden ihrem Baby – und sich selbst!

Wir wissen, dass Babys, die man schreien lässt, tagsüber mehr schreien als Babys, auf die sofort reagiert wird – mehr Stress für die Eltern. Wir wissen, dass Babys ein erhöhtes Risiko für „erlernte Hilflosigkeit“ haben – das erschwert später die Entwicklung – mehr Stress für die Eltern. Wir wissen, dass die Kinder unglaublich viel Energie verlieren, wenn sie so weinen und diesem Stress ausgesetzt sind – das belastet ihr Immunsystem, sie werden öfter krank – mehr Stress für die Eltern.

Ist Schreien lassen artgerecht?

Evolutionsbiologisch wäre es viel zu gefährlich gewesen ein so wertvolles Wesen wie ein Lebendgeborenes, in das man schon sechs Monate Muttermilch (und damit tausende wertvolle Kalorien) investiert hat, einer solchen Tortur auszusetzen. Ein nachts schreiendes Baby würde Tiere anziehen und es wäre keine Option, es alleine liegen zu lassen – das wäre ein Todesurteil (deshalb schreien sie ja). Wir wissen, dass Eltern in den zivilisierten, westlichen Ländern das nächtliche Aufwachen der Babys als dramatischsten empfinden.

Wie schlafen Babys? Auszug aus dem Artgerecht-Babybuch:
artgerecht

Es gibt nicht den Menschenschlaf. Das Konzept, acht Stunden durchzuschlafen und den Rest des Tages zu arbeiten, ist weder natürlich noch normal. Diese klare Trennung zwischen Tag und Nacht ist etwas, was wir uns ausgedacht haben, weil es gut in unsere Gesellschaft passt.

»Aufgeweckt werden« und »gut schlafen« sind Konstrukte. Kulturübergreifende Beobachtungen zeigen: In westlichen Kulturen ist die Idee vom »Durchschlafen« weiter verbreitet als in allen anderen. Hier wird auch das Wecken durch das Kind am dramatischsten empfunden. In anderen Kulturen ist das schon deshalb nicht so schlimm, weil man Schlaf ja jederzeit »nachholen« kann.

 Unsere Tage sind – durch das nicht artgerechte Leben – oft so strukturiert, dass eine Mutter nur schlafen kann, wenn ihr Baby schläft, weil sie wenig bis keine Unterstützung hat. Wenn sie zudem noch zu den Menschen gehört, die tagsüber nicht schlafen können oder »dürfen«, dann wird Nachtschlaf plötzlich zu einer unverhältnismäßig relevanten Größe.13138990_1002876663098990_4951407546667097805_n

Wenn das Baby nicht schläft, »schaffe ich den Haushalt nicht, habe ich keine Zeit für mich, haben wir keine Zeit als Eltern, kann ich nichts für mich tun, kann ich nicht duschen …«. Vieles von dem, was wir ohne Baby machen wollen oder müssen, muss anfangs während der eigentlich vorgesehenen Schlafenszeit passieren. Schläft das Baby nicht so, wie wir es geplant haben, steigt schnell der Frust. Aber dafür können die Babys nichts. Sie schlafen so, wie sie es seit Jahrtausenden tun.

 

Daher: Holen Sie sich auf jeden Fall Hilfe. Zeichnet sich ab, dass sie unterschlafen sind, gehen Sie Ein- und Durchschlafen als langfristiges Projekt an, und beginnen Sie damit lange bevor sie nur noch die Notbremse ziehen können.

7 Dinge, die dein Baby draußen erleben sollte

Baby WaldImmer wieder sagen mir Eltern: „Ja, in den Wald gehen wir dann mal, wenn die Kinder größer sind.“ Aber der Wald, das „Draußen“ ist ein wunderbarer Spiel und Lernort – schon für die ganz Kleinen!

7 Dinge, die dein Baby draußen erleben sollte:

fire-184885_640Feuer: Als einzige Säugetier-Babys sind kleine Menschen von Feuer magisch angezogen. Vor 1,5 Millionen Jahren sollen Menschen angefangen haben, Feuer zu nutzen und seither war es mit all seiner Kraft ein ständiger Begleiter. Babys schauen Feuer fasziniert an. Sobald Kinder Krabbeln oder Laufen können, gehen Sie Schritt für Schritt darauf zu. Wir sehen im Camp immer wieder Babys, die völlig fasziniert ins Feuer schauen oder entspannt in Mamas Arm bei seinem Flackern einschlafen.

(Bitte: Eltern passt gut auf die kleinen Entdecker auf, das Märchen, dass Kinder instinktiv wissen, wie sie mit Feuer umgehen müssen, ist nach meiner Recherche genau das: Ein Märchen. Brandwunden sind eine der häufigsten Verletzungen im Kindesalter bei Naturvölkern. Die Motorik ist einfach noch nicht so ausgereift, dass ein Kind nicht doch mal stolpert oder fällt.)

leaves-108969_640Licht: Schon ganz kleine Babys nehmen Kontraste wahr. Und sie lieben sie. Wenn Sonnenlicht durch Blätter scheint, umgibt uns ein herrlicher Hell-Dunkel-Kontrast, den schon die Allerkleinsten fasziniert beobachten. Auch wenn schwarz-weiß-Kontraste Babys in Studien am meisten anregen, dürfen wir davon ausgehen, dass sich wiegende Blätter im Sonnenlicht die natürlichere Anregung sind als Schwarz-Weiß-Bilder an unseren Wänden. Da bewegt sich etwas. Das macht Geräusche. Den Wind kann man spüren. Es verändert sich. Ein Spaziergang im Blätterwald ist gleichzeitig beruhigend und spannend.

water-872137_640Wasser: Babys lieben Wasser. Man kann es hin und her schütten, ausschütten, trinken, die Hände eintunken, Geräusche machen und lustige Reaktionen bei den Erwachsenen damit auslösen! Pfützen, das flache Ufer von Seen oder kleinen Bächen gehören auch dazu. Wir können mit unserem Babys dort sitzen oder kleine Selbst-Sitzer auch schon selbstständig dort sitzen und spielen lassen. Matsch- und Regenhose schützen vor Auskühlen, wenn noch nicht Sommer ist.

Zu Wasser gehört auch Regen. Zu einer Kindheit gehört auch dazu, mal im Regen durchnässt zu werden und hinterher wieder ganz warm zu sein. Auch unter einem Regenschirm, Mamas Regenjacke  oder im Zelt ist es ein großartiges Naturerlebnis für die Kleinen, den Tropfen zu lauschen und das Schauspiel da draußen zu beobachten.

watts-388463_640Erde: „Mehr Matsch!“ fordert Andreas Weber in seinem gleichnamigen Buch. Das gilt auch für unsere Babys! Sie lieben Erde, Sand und auch matschigen Boden. Sie sind begeistert vom Unterschied zwischen trockenem Boden – bröselig – und nassem Boden – glitschig. Sie graben in Sand – und ja, sie stecken ihn auch in den Mund. Auf einem Spielplatz mitten in der Stadt kann die Keimbelastung schon mal unsere Toleranz- Grenzen überschreiten. Aber in einem Naturschutzgebiet (keine Hunde!), ist Erde eine saubere Sache. Da dürfen die Babys dann auch schonmal tun, was sie seit Jahrtausenden tun: Ihre Bakterienbandbreite erweitern.

musicians-690591_640Menschen: Unsere Camp-Babys genießen auch uns Erwachsene. Sie sitzen in ihren Tüchern und Tragehilfen und schauen uns zu, wenn wir im Wald Holz sammeln, Kräuter pflücken und abends am Feuer Musik machen. Sie lauschen den Gesprächen, trinken und lernen ganz nebenbei etwas über Bewegung, den Lauf der Sonne und menschliches Miteinander. Sie spüren den Rhythmus des Lebens im Rhythmus des Tageslichts. Ruhe und Bewegung, Gespräch und Schweigen, Kühle und Wärme.

ladybug-354521_640Tiere: Anstelle von Plüschtieren, Zoobesuchen oder Bilderbüchern bietet der Wald die Möglichkeit, echte Tiere entdecken! Keine Giraffen und Rochen, sondern Vögel, Frösche, Insekten – Tiere, die bei uns leben. In nativen Kulturen wurden die Tiere als Lehrer betrachtet. Wir sind mit ihnen verbunden (die kleinen Käfer, Asseln, Ameisen und die Pilzsporen helfen z.B. den Bäumen, die unseren Sauerstoff produzieren). Durch hautnahe Erfahrungen – Käfer streicheln, Würmer ausgraben –  können Babys die Farben, Texturen, Geräusche und Bewegungen der Tiere besser begreifen und anfangen, sie als Teil ihrer Welt wahrzunehmen.

forests-231066_640Gemeinschaft: Kinder kommen auf die Welt mit der Erwartung, in Gemeinschaft zu leben. Neben der menschlichen Gemeinschaft von Gleichgesinnten – die ihr in einem Camp ganz automatisch findet – ist auch die Gemeinschaft der Natur gemeint. Ameisen und Wespen räumen unseren Wald auf. Bienen bestäuben unsere Obstbäume. Das Gefühl von Gemeinschaft wirkt stresslindernd, antidepressiv, motivierend und heilungsfördernd. Die Luft im Wald macht gesund, sie ist u.a. bakterienhemmend (auch für Babylungen!), weil die Bäume bestimmte Stoffe „ausatmen“, die die Luft rein halten. Sie tun das für sich – und für alle anderen, weil nur alle zusammen den Wald gesund erhalten können.

Wo ist „draußen“? Es ist auf eurem Fensterbrett oder Balkon, vor eurer Haustür, in der nächsten Pfütze, am nächsten Busch, im Park, im Wald und in jedem Wildnis- oder Artgerecht-Camp – wir haben noch wenige Plätze frei. Dort zeigen wir euch auch, wie wir Kindern den Wald nahe bringen, so dass sie bald „draußen zu Hause“ sind.

Danke an Bastian Barucker von der Wildnisschule Waldkauz, Arne Winter von der Waldläuferbande und Vanessa van Eyk von Honu – nachhaltiger Leben für die schönen Gespräche zu diesem Thema <3.

7 Dinge, die artgerecht für Eltern und Kinder sind

ocean-931776_640Vor einigen Tagen hatte ich Besuch von Katharina Walter vom Online-Kongress „Mein geliebtes Kind“ und sie hat mich gefragt: „Nicola, was ist artgerecht für Menschen, für Eltern und Kinder?“
Gute Frage. Ich stelle hier mal meine Antworten zusammen. Manchmal hilft es mir, diese Dinge nochmal klar aufzuschreiben.
Kennt ihr das? Manchmal verändert sich alles zum Guten ohne dass wir viel tun müssen, einfach weil wir unsere Sichtweise ändern.

Was ist also Artgerecht für Eltern und Kinder? Ist es mit Stillen, Tragen, Familienbetten und Windelfrei getan? Nein, ist es nicht. Meine 7 Punkte:

  1. Artgerecht ist, nicht alleine zu sein. Das ist das allerwichtigste. Eine Homo-Sapiens-Mutter, die 10 Stunden am Tag mit ihrem Kind allein ist, lebt nicht artgerecht. Wir sind keine Katzen und keine Bären. Wir sind Gruppenwesen. Wir sind dafür nicht gemacht. Wenn ihr euch wundert, warum ihr keine endlose Geduld habt – nicht mal mit diesem süßen kleinen Baby – dann liegt hier die Antwort: Ihr seid nicht dafür gemacht.Manche schaffen es trotzdem. Aber die, die es nicht schaffen, die ausbrennen, einfach nur schlafen wollen, die abends dem Partner das Kind in die Hand drücken und nur noch weg müssen, die endlich in Ruhe duschen wollen, die sollten wissen: Das ist normal. Ihr braucht Unterstützung, Gesellschaft und jemanden, der das Baby hält, wenn ihr mal duschen wollt. Dann könnt ihr solche Phasen wir Fremdeln auch besser überstehen, wenn euch die süßen Kleinen bis aufs Klo folgen :).
  2. Artgerecht ist, Bedürfnisse zu stillen: Stillen nach Bedarf; rechtzeitiges Wickeln oder Abhalten, wenn das Baby das verlangt; ausreichend Schlaf, ausreichend soziale Kontakte.  Babys lieben es, anderen Menschen, besonders Kindern zuzusehen. Das ist besser als jeder Babykurs. Sie lauschen Gesprächen und sie können so wunderbare Spiele lernen, wenn der Mensch von nebenan aus seinem Gedächtnis seine Kinderspiele herausholt.
  3. Artgerecht ist, draußen zu sein. Geht raus, geht jeden Tag raus! Eure Babys brauchen das blaue Himmelslicht (sie schlafen besser, wenn sie es hatten), wir alle brauchen Vitamin D für unsere Knochen und Licht für unsere Psyche. Babys genießen den Wind auf ihrer Haut und ja – auch mal vom Regen durchnässt zu werden gehört zu einer Kindheit dazu.
  4. Artgerecht ist, Zeit zu haben. Ebenfalls total einfach – und doch oft so schwer. Termine, Kurse, das Smartphone – jeder hat so andere Zeitfresser. Aber unsere Kinder brauchen uns JETZT. Das Baby hat JETZT die Windel voll. Es hat JETZT Hunger. Die Dreijährige will JETZT ihr Bild zeigen. Das Schulkind muss sich JETZT Ausweinen. Das Smartphone kann warten. Der Musikkurs zur Not auch!Eure Kinder sind jetzt klein. Nur jetzt. Dieser Moment kommt nie wieder. Es kann das letzte Mal gewesen sein, dass sich euer Schulkind an euch kuschelt – morgen ist es vielleicht schon peinlich. „Kinder werden so schnell groß“ – das klingt so abgedroschen, aber es ist so! Überlegt euch, wenn ihr 80 Jahre als seid und auf die Bilder eurer Kinder zurückblickt: Welche Mutter/welcher Vater wollt ihr gewesen sein?
  5. Artgerecht ist, keine Angst zu haben. Klingt banal, ist es aber nicht. Ständige Angst um Geld, Sicherheit oder der Zukunft zermürbt uns. Auch Angst vor Menschen gehört in diese Kategorie: Angst vor dem Vermieter, dem Ex-Freund, der stressigen Schwiegermutter, dem Arbeitgeber, dem Jugendamt – die Liste ist erstaunlich lang. Viele Eltern erleben Ängste, manchen sind sie gar nicht bewusst. Aber auch unsere Kinder erleben Ängste! Erinnert ihr euch an einen unangenehmen Menschen in eurer Kindheit, vor dem ihr euch gefürchtet habt?Wir Menschen sind dafür gemacht, auf Angst mit Flucht oder Aktion zu reagieren und uns dann wieder zu entspannen. Ständige Belastungen hatte Mutter Natur nicht eingeplant. Wir haben dafür keinen Mechanismus. Daher sollten wir alles dafür tun, die Auslöser aus unserem Leben und dem unserer Kinder zu streichen oder aktiv mit unserer Angst umzugehen.
  6. Artgerecht ist, einander zu sehen. Egal wie schwer es manchmal fällt, es ist artgerecht, hinter das Verhalten unserer Kinder zu schauen: Babys wollen uns nicht tyrannisieren. Schulkinder wollen uns nicht das Leben zur Hölle machen. Das sind kulturelle Bilder, die wir uns ausgedacht haben.“Wir haben eine sehr einfaches, biologische System genommen und da Kultur draufgemacht“ sagt Meredith Small im Interview. Und wundern uns, dass es plötzlich so kompliziert wird. Seht einander. Seht nicht die kulturellen Bilder, die uns beigebracht werden. Versucht den Menschen dahinter zu sehen, das Kind, das fragt: Bist du für mich da? Liebst Du mich?
  7. Artgerecht ist, sich entscheiden zu können. Du willst arbeiten gehen und hast eine super Betreuung für dein Kind? Super – geh arbeiten! Du willst zu Hause bleiben und bei deinem Kind bleiben? Super – bleib bei deinem Kind! Artgerecht favorisiert keine der beiden Optionen, weil Menschen schon seit Jahrtausenden sehr unterschiedlich gelebt haben. Wir können uns an vieles anpassen, wenn unserer Basis-Bedürfnisse nach sicherer Bindung, Wärme, Nahrung erfüllt sind.Aus dieser Sicht sind Mommywars reine Zeitverschwendung.

Was ist für euch „artgerecht“?

 

 

Du willst Eltern auf ihrem Artgerechten Weg helfen? Ihr könnte euch ab jetzt zur Coach-Ausbildung 2016 anmelden:

https://artgerecht-projekt.de/ausbildung/artgerecht-coach/

Kinderfotos im Netz – ja oder nein?

Im Netz läuft eine Debatte, ob Kinderfotos ins Netz gestellt werden sollten oder nicht. Das „Nuf Advanced“ hat darüber hier klug und ausführlich geschrieben.

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Ich finde das Thema besonders brisant in der Windelfrei-Szene – stellen wir Fotos von unseren Kindern beim Ins-Töpfchen-Machen oder Abhalten ins Netz oder nicht? Eltern tun dies zunehmend, auch in der Windelfrei-Szene. Aber ist das fair?

Ich versuche, nach vorne zu denken und mich in die Kinder hineinzuversetzen (und ich bin mir bewusst, dass ich das nicht kann – mit 20.000 Views war es das meistverbreitete Statement vom Artgerecht-Projekt seit langem!)

Aber denke ich mal nach vorne, frage ich mich:

Wie fühlt sich mein 14-Jähriger, wenn Klassenkameraden seine Kinder-Kacka-Fotos im Netz finden?
Wie fühlt sich meine 16-Jährige, wenn jemand ihre ggf. nackten Kinderbilder im Netz findet – und sogar zu ihr zurückverfolgen kann?

Philipp Wampfler schreibt auf seinem Social-Media-Blog:

„Wer fotografiert wird, hat das Recht am eigenen Bild. Es bedeutet, vereinfacht gesagt, dass fotografierte Personen bestimmen dürfen, wie und ob ihr Bild veröffentlich wird – außer, man befindet sich an einem Anlass, wo man gerechnet werden muss, dass Bilder gemacht und publiziert werden, oder man ist eine Person, an der ein sehr starkes öffentliches Interesse besteht. “

Wenn ich auf dem Klo sitze, ist das definitiv keine Situation, in der ich damit rechne, fotografiert zu werden. Und es gibt auch kein öffentliches Interesse daran, unsere Kinder aufm Topf zu sehen – oder?

Ich bin da sehr gespalten.

Einerseits gibt es von meinen Kindern keine Fotos im Netz, auf denen sie erkennbar sind. Wenn sie online gehen, dann von hinten, dick eingepackt und nie in Situationen, in denen ich auch nicht fotografiert werden möchte.

Andererseits sind wir beim Artgerecht-Projekt ja selbst DANKBAR für jedes Geburt- Still – und Abhalte-Foto, das jemand online stellt. Warum? Weil es einfach viel plastischer macht, wovon wir reden. Weil Menschen glauben, was sie sehen. Wie Schopenhauer sagte: „Was das Auge sieht, hat unmittelbare Überzeugungskraft.“

Und je öfter wir stillende oder abhaltende Eltern sehen, desto normaler wird etwas, das ja eigentlich normal ist. Dumm nur: Wenn die Eltern es im Camp, auf der Strasse oder beim Elterntreffen sehen, dann ist es in 15 Jahren nicht mehr „abrufbar“. Wenn wir es ins Netz stellen, dann schon. Gleichzeitig funktioniert das Netz nunmal über Bilder. Ein Bild entscheidet oft darüber, ob jemand einen Artikel liest oder nicht.

Super schwer zu entscheiden: Was wiegt mehr, die Persönlichkeitsrechte unserer Babys oder die Notwendigkeit, natürliche Säuglingspflege wieder „normal“ werden zu lassen?

Ich freue mich auf eine Diskussion – hier oder auf Facebook.

Krippenbetreuung – artgerecht oder nicht?

Darf ein AP-Verfechter Krippenbetreuung gut finden? Dürfen wir von artgerecht Krippenbetreuung als eine Möglichkeit sehen? Ist frühe Fremdbetreuung Kindesmisshandlung? Lange Jahre nachdem mein Artikel „Attachment-Parenting funktioniert nicht“ erschienen ist und Jahre, in denen viele Menschen sich sehr darüber aufgeregt haben, dass ich AP jede Funktionslogik abspreche, gibt es jetzt die Debatte auf einer neuen Ebene.

Sind wir bei Artgerecht nun für oder gegen Krippenbetreuung?

Krippenbetreuung – artgerecht oder nicht? weiterlesen

#Vereinbarkeitsgeschichten: Mein Nach-Beitrag zur Blogparade

Liebe Runde,

ich werde sooo oft gefragt: „Wie MACHST Du denn all das mit zwei kleinen Kindern daheim???“

Die Kurzform meiner Antwort lautet: Erst mit wenig Schlaf, dann mit viel Hilfe und mittlerweile mit viel Organisation. Und mit ein bisschen Mut. 🙂

Die Langform lest ihr hier:

(das neue Buch hat mich total in Beschlag genommen, aber jetzt isses raus und ich kann nochmal meinen Nachtrag zur Vereinbarkeit hier posten)

#Vereinbarkeitsgeschichten: Mein Nach-Beitrag zur Blogparade weiterlesen

Artgerecht-Treffen in Düsseldorf

19.08.2014 Erstmalig Offenes Artgerecht Treffen in Düsseldorf!!!

Eltern-Treffen für alle, die an den Themen Stillen, Tragen, Familienbett und Windelfrei interessiert sind. Zum Austauschen, Kennenlernen, Fragen beantworten. Wir singen mit und für die Kinder, machen eine Kennenlernrunde und eine Fragenrunde. Es geht um alles, was mit „artgerechtem Aufwachsen“ zu tun hat. In Bonn und Berlin bereits ein etabliertes Treffen, jetzt erstmals in Düsseldorf, Neugierige sind herzlich willkommen!

• Zweimal im Monat, immer Samstags
• von 15.00 – 17.00 Uhr
• Ort: großer Kursraum
• Kursleitung: Jessica Schliewe, Hebamme
• Kursgebühr: €8 pro Erwachsener

Jessica Schliewe, Hebamme.Schliewe@web.de, 01785339511

Bei schönem Wetter sind wir draußen auf dem Schillerplatz-Spielplatz!
Kinder jeden Alters sind willkommen.
Mehr über das Artgerecht-Projekt von Nicola Schmidt (www.123-windelfrei.de ; AFS Stillberaterin i.A., Wissenschaftsjournalistin) und Julia Dibbern (Geborgene Babys) unter www.artgerecht-projekt.de

Um Anmeldung wird gebeten!