Eltern gehen in der Regeln davon aus, dass es „richtig“ ist, jedes Kind gleich viel zu lieben. Aber hin und wieder haben wir eben doch ein Lieblingskind – eines, das uns besonders ähnlich ist, mit dem wir besonders gut klarkommen, mit dem wir uns besonders gut verstehen. Kinder haben, so schreibt Jesper Juul in „Eltern werden, Paar bleiben“, eine intuitive Bindung zu einem Elternteil, die nichts mit der eigentlichen Bindung an ihre Eltern zu tun hat. Er kann das nicht beweisen, aber auch ich sehe das in meiner Arbeit mit Eltern und Kindern immer wieder. Es gibt sie also schlicht und einfach, die besonderen Verbindungen.
Wie gehen wir damit um?
Das Wichtigste ist, dass wir hinschauen. Wir müssen uns dafür nicht schämen. Wir sind Menschen. Menschen haben Präferenzen. Gleichzeitig können eine Menge Streit in der Familie anzetteln, wenn wir ein Kind den anderen immer vorziehen. Hier daher meine drei Schritte aus der Lieblingskindfalle:
Achtsamkeit: Werden wir uns darüber klar, dass wir unsere Kinder unterschiedlich lieben – unterschiedlich stark oder auch einfach auf unterschiedliche Art und Weise. Wir nehmen es einfach nur wahr. Wir bewerten es nicht. Wir geißeln uns nicht dafür. Es ist einfach so und wir schauen es uns an.
Akzeptanz: Akzeptieren wir, dass es so ist. In der Regel werden große Kräfte frei, wenn wir uns nicht mehr gegen das, was ist, wehren, sondern es erstmal annehmen. Das heißt nicht, dass wir uns nicht darum kümmern. Aber wir verschwenden keine Energie damit, uns schlecht zu fühlen, zu schämen oder zu ärgern.
Aufmerksamkeit: Jetzt gehts los. Wir machen uns klar, welche guten Eigenschaften die Kinder haben, die nicht unsere Lieblingskinder sind. Alle in der Familie eigentlich! Wir lenken unseren Fokus darauf, dass jeder seinen Platz, seine Aufgabe, seine Talente hat. Denn jeder hat seine Nische und ist in dieser Nische für das System Familie wichtig, so wie er oder sie ist.
Diese innere Arbeit kann uns keiner abnehmen, aber wir entdecken ganz neue Seiten an unseren Kindern – und anderen Familienmitgliedern – wenn wir uns dafür öffnen. Das Gehirn sieht, was es kennt, was es erwartet und was es sehen will – geben wir ihm eine neue Aufgabe! Ihr werdet überrascht sein, was alles passiert – und wie die anderen sich verändern, ohne dass wir etwas gesagt oder bewusst getan haben.