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Warum die Kinder streiten, wenn wir hetzen

AMSEEWenn ich gestresst bin, denke ich oft: Könnten sich nicht wenigstens die Kinder jetzt vernünftig benehmen? Muss das sonst so ruhige Baby immer weinen, wenn ich Zeitdruck habe? Muss das Kleinkind jetzt auch noch quengeln, wo gerade alles schief läuft?

Ich könnte es besser wissen. Wissenschaftler nennen das Phänomen „emotionale Übertragung“: Die inneren Zustände der Menschen um uns herum haben eine direkte Wirkung auf unseren eigenen inneren Zustand. Bei Kindern ist das noch extremer. Oft sagen wir in der Beratung, dass das Kind die Zustände der Erwachsenen „spiegelt“ oder „ausagiert“.

Wir Großen sind gestresst, aber nach außen hin vielleicht oberflächlich ruhig? Kinder täuschen wir so nicht. Sie spiegeln unseren inneren Stress – nicht das, was wir nach außen darstellen wollen.

Das kann sehr unangenehm sein, wenn ich gar nicht wahrhaben will, wie es mir geht. Das kann aber auch sehr heilsam sein, weil ich nur meine Kinder ansehen muss, um zu wissen, ob ich wirklich so cool bin, wie ich gerade vor mir selbst tue.

Es hängt also immer an uns? Ja, blöderweise, das tut es. Was bleibt? Selbstfürsorge. Sorgen wir für uns. Dann geht es auch den Kindern gut.

Blogparade #schule #unerzogen #artgerechtlernen #selbstbestimmt: Artgerecht Lernen – die Schule als Dorf

Unser Kind geht auf eine ganz „normale“ Schule. Die Dorfschule, auf die alle Kinder gehen. Aber ist das Artgerecht? Unsere Schule ist Teil unseres Clans – eine klare Prioritätensetzung meinerseits. Nicola Kriesel fragt im Blog „die Physik von Beziehungen“ danach, wo und wie unsere Kinder zur Schule gehen und hat mich gebeten, von uns zu erzählen, was ich im Bildungskongress-Video schon angerissen habe.

Wild sein und frei Lernen - auch in der Dorfschule?
Wild sein und frei Lernen – auch in der Dorfschule?

Welche Schule? Für mich kommt es drauf an, wie man die Prioritäten setzt. Wenn man freies Lernen als oberstes Ziel hat, ist die Dorfschule weitgehend indiskutabel. Dort findet zwar Jahrgangsübergreifend ein bisschen was statt, aber die Klassiker Hausaufgaben, Tests und Bucharbeit nach Plan sind hier deutlich vertreten.

Dennoch haben wir uns dafür entschieden. Und zwar wegen Schlaf, Selbstbestimmtheit und Spielkameraden. Artgerecht heißt nämlich für mich auch: Als Schulkind selbstständig unterwegs sein. Eine freie Schule hätte für uns bedeutet, dass wir um sechs Uhr hätten aufstehen müssen, kurz vor sieben ins Auto, eine Stunde Fahrt durch den Berufsverkehr, lauter Kinder in der Klasse, die ganz woanders wohnen, jeden Tag das Kind bringen und abholen. Selbstbestimmung? In der Schule vielleicht, den Rest muss Taxi Mama erledigen.

Unsere Dorfschule heißt für uns: Schlafen bis um sieben (oder auch später), gemütlich gegen 7:40 loszuckeln mit den Freunden aus dem Dorf, nach der Schule mit Schulkameraden den Berg wieder hochlaufen (und gerne mal eine Stunde nach Schulschluss erst ankommen), sich spontan verabreden, mal eben schnell etwas zwei Häuser weiter abholen, wenn ein Blatt in der Schule geblieben ist.

Für uns war das der wichtigere Aspekt: Der Soziale. Alle aus dem Kindergarten gehen in diese Schule, alle gehen morgens selbstständig zusammen hin und mittags zurück, die Kinder treffen sich auf dem Spielplatz, im Wald, auf den Geheimwegen am Berg. Auch das ist ein wichtiger Teil von Kindheit.

Als ich mich dafür entschied, entschied ich auch, in der Dorfschule alles dafür zu tun, um „frei“ und artgerecht zu sein. Wir betrachten die Schule als Teil unseres Clans, nicht als Gegner, und das ist sehr schön. Ich bin mir sicher, dass jede Lehrerin dort ihr Bestes gibt und das Beste für die Kinder will. Und je besser man sich kennt, desto mehr Vertrauen und Verständnis ist auch da. Also gehe ich zu den Bastelvormittagen, wann immer es geht, ich bin bei den Elternabenden dabei, übernehme Ämter, helfe bei der Organisation. Ich bin im Förderverein der Schule, helfe bei Veranstaltungen und halte engen Kontakt zu Lehrern und Direktorin. Bringe morgens das Kind immer mal wieder mit hin, halte einen kleinen Schnack mit den anderen Eltern oder Lehrern und bleibe so auf dem Laufenden und in Kontakt.

So kommt es, dass wir viele Freiheiten haben, die man vielleicht nicht sofort erwartet. Wenn mein Kind lustlos und schlapp ist, bleibt es präventiv zu Hause oder kommt später. Ich warte nicht erst, bis er krank ist. Das ist mit der Schule abgesprochen, „er konzentriert sich dann ja ohnehin nicht“, sagt die Klassenleiterin. In den ersten zwei Jahren konnte das durchaus öfter passieren und es gab nie Probleme. So hatten wir einen sehr sanften Einstieg ohne Druck.

Wenn mein Sohn keine Hausaufgaben machen kann, weil er einfach so viel Wichtigeres zu tun hat, dann laufe ich morgens kurz mit, erkläre das der Lehrerin und sie hat immer Verständnis. Meistens haben wir dann etwas anderes gemacht (er wollte ausrechnen, wie viele Sekunden er schon lebt, statt das Deutsch-Buch auszufüllen) und bringen das dann mit. Wenn in der Schule irgendetwas ist, kann mein Sohn meine Telefonnummer auswendig, geht zum freundlichen und hilfsbereiten Hausmeister und kann mich anrufen. Wenn nötig, bin ich in fünf Minuten da, um etwas zu bringen, ihn abzuholen oder einfach da zu sein. In den ersten Monaten hat das meinem Kind sehr viel Sicherheit gegeben. Und es führt zu diesem Gefühl, dass die Schule auch nur ein weiterer Ort ist, an dem unsere Familie sich eben aufhält.

Noten spielen bei uns keine Rolle. Wenn er sagt: „Im Test habe ich eine 1!“ frage ich zurück: „Hat es Spass gemacht? War etwas Neues dabei?“ Ich freue mich mit ihm, aber unsere Gespräche drehen sich sehr schnell nicht mehr um die Zahl. Wenn er bei 45 Minuten Hausaufgaben auch mal 10 Minuten aus dem Fenster schaut (in unserer Schule arbeiten die Kinder nach Zeit, nicht nach Stoff, den sie machen müssen), dann ist das so und wir beobachten zusammen die Meisen. Das ist auch lernen, finde ich.

An manchen Tagen hat er keine Lust und Schule ist doof. Das ist auch okay. Dann reden wir manchmal darüber, warum er das macht und dass Schule sicher das Beste von allen Übeln ist (nichts zu lernen ist viel gefährlicher) und dass wir es uns einfach so schön wie möglich machen.

Als Disclaimer muss ich dazu sagen, dass mein Sohn ohne dass ich groß etwas mache (außer vorlesen und begeistert in Museen gehen) Klassenbester ist. Oft muss ich schmunzeln und an die Babyzeit zurück denken: ich sage nur: „so lernt der nie sprechen/laufen/selbstständig sein, aus dem wir nie etwas!!. Er ist ein sozial gut integriertes sehr hilfsbereites, offenes, freundliches Kind. Wir bieten daher auch wenig Angriffspunkte.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass wir sehr frei sind. Vor allem nicht fremdgesteuert oder fremdbetreut. Die Lehrer gehören zu unserem Dorf, zum erweiterten Clan, wir vertrauen ihnen, sie vertrauen uns. Wir halten uns im Großen und Ganzen an die Regeln und kriegen im Gegenzug Freiheiten zugestanden, wenn wir sie brauchen. Und das Kind? Das Kind findet lernen megacool und geht gerne zur Schule. Meistens :).

Warum meine Kinder dreckig ins Bett dürfen

FullSizeRender Tobende, weinende, verzweifelte Kinder unter der Dusche abends um halb zehn -muss das sein? Es ist Sommer. Es ist warm. Auch meine Kinder spielen laaaaange draußen. Wenn ich sie dann endlich kurz vor der Dämmerung reinhole, haben sie Hunger; nach dem Essen sind sie müde.

Und dann beginnt in vielen Familien der Kampf. Tobende, weinende 2-6Jährige werden im Halbdunkel noch geduscht, es werden Haare gewaschen und Zähne geputzt – ob sie wollen oder nicht. Wenn ich das mitkriege, frage ich mich oft: Muss das sein? Wendet es eine Not? Hat das wirklich was mit Tyrannen, mit Trotzphase, mit Machtkampf zu tun? Muss ich hier Leitwolf sein und mich durchsetzen mit dem Waschlappen, abends um halb zehn?

Ich habe für mich beschlossen: Nein. Meine Kinder dürfen auch dreckig ins Bett. Wenn ich es verpasse, sie zu dem Zeitpunkt zu waschen, wenn sie noch in der Lage sind zu kooperieren, dann habe ICH es verpasst. Und dann beziehe ich im Zweifelsfall eben morgen die Betten neu. Oder ich mache nur das Nötigste sauber, was ich eben noch sauber machen darf (Hände warm abreiben? Füße in ein warmes Fußbad? Kurz mal die Marmelade vom Mundwinkel wischen?). Oder ich warte, bis sie schlafen und kratze dann sanft die gröbsten Krusten ab. Nur was was geht – der Rest eben nicht.

Ich meine – davon geht die Welt nicht unter. Vor allem geht sie davon viel weniger unter als wenn ich die Kinder mit Gewalt waschen würde. Denke ich. Hab ich noch nie getan. Aber schon oft gehört – auf Campingplätzen, in Schwimmbadduschen, in Hotelzimmern nebenan…

Wir putzen auch nicht mit Gewalt Zähne, auch dann nicht wenn die Kinder am Strand noch zwei Eis gegessen haben. Wenn ich es versäume, die Zahnbürsten einzupacken und gleich zu putzen und stattdessen nach dem Abendessen im Strandrestaurant zu Hause um halb neun abends von zwei müden Kindern Kooperation verlange, dann habe ICH es falsch geplant – denn ich war den Kindern nicht einen Schritt voraus, sondern einen hinterher. Dann putze ich eben morgen früh besonders gründlich.

Nach acht Jahren Selbstversuch (mit viiiel Sand, Erde, Wald, Harz, Eis und Matsch) kann ich sagen: Meine Kinder müssen nicht täglich baden. Wirklich nicht. Auch nicht, wenn sie dreckig sind. „Erde ist nicht gefährlich.“ schreibt Julia in unserem neuen Buch „Slow Family“. Recht hat sie!

Was ist wichtiger, saubere Füße oder Lächeln beim Einschlafen? Ich habe mich für das Lächeln entschieden.

Gleichzeitig – ihr kennt mich: Über Sicherheit diskutiere ich nicht. Baden ist optional, Zeckencheck nicht! Aber auch der ist meine Aufgabe: Entweder ich mache das so früh, dass die Kinder noch willig mitmachen. Oder ich muss ein Spiel draus machen, wenn sie eigentlich schon „drüber“ sind. Oder ich mache es „nebenbei“ beim Ausziehen-Helfen. Oder ich muss es wohl oder übel mit der Taschenlampe machen, wenn sie tief schlafen.

Kurz: Für unsere Sommer gilt, dass meine Kinder nicht die Suppe auslöffeln, die ich uns einbrocke. Wenn ich von Ihnen Kooperation verlange, dann müssen sie auch noch kooperieren können. Nach einem 12-Stunden Sommertag und üppigem Abendessen ist das nicht der Fall. Und muss es auch nicht. Und dann schaue ich meine lächelnden, Bolzplatz-Strand-Wald-Baum-Erde-Kinder mit ihren schwarzen Gesichtern und fleissigen Händen mit den braunen Fingernägeln an, wie sie da liegen und vertrauensvoll schlafen… und ich bin jedes Mal froh, dass mir das Kind wichtiger war als das Laken.

Eure Nicola

Was kann ich tun, wenn ich das Gefühl habe, dass ich gleich platze? Meine Notfallliste.

 

 

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Foto: Nicola Schmidt

Was tue ich, wenn ich kurz davor bin, die Contenance zu verlieren?

Schritt Nr. 1: Ich übe Achtsamkeit in ruhigen Momenten. Niemand startet einen Marathon ohne zu trainieren und wundert sich dann, dass er nicht durchhält. Wir müssen vorher üben, damit wir es später abrufen können.

Schritt Nr. 2: Ich denke daran, dass für ein Gehirn eine eingebildete Notfallsituation genauso echt ist wie eine echte. Die Kinder kippen das Glas um, das Baby schreit, die Türklingel geht? Fühlt sich für das Gehirn wie eine absolute Notisituation an, obwohl es de facto keine ist (auch wenn es eine stressige, unangenehme, nervige Situation ist).

Schritt Nr. 3: Ich fühle meine Füße. Klingt komisch, oder? Aber das Gehirn kann nicht gleichzeitig eine Stressreaktion abfahren und die Körperwahrnehmung einschalten. Wir tricksen das System aus. Das geht auch mit Kopfrechnen, das Geschehene aufschreiben – alles Techniken, die die Stressreaktion unterbrechen.

Schritt Nr. 4: Ich falle meinem/r PartnerIn in den Arm, rufe eine Freundin an, klingel bei meiner Nachbarin. Unterstützung wirkt Wunder!

Schritt Nr. 5: Ich bin nachsichtig mit mir, wenn es nicht klappt.

Und starte wieder bei Nr.1  :).

Neue Wege sehen … neue Dinge sehen

Hagebutten, Fotografin: Nicola Schmidt
Hagebutten, Fotografin: Nicola Schmidt

Manchmal sehe ich den Weg einfach nicht. Alles scheint dicht, ich komme nicht weiter, ich blicke von meinem imaginären Hügel auf den Wald des Lebens hinunter und denke: WIE SOLL ICH DA DURCH KOMMEN?

Heute im Wald mit meinem Kindern stellte ich fest, dass der Wald mich gelehrt hat, wie ich damit umgehe. Denn manchmal ist es gut, einen Schritt zurück zu treten, um das Ganze zu sehen. Aber wenn ich dann meinen Weg hindurch suche, brauche ich eine andere Taktik. Dann muss ich näher herangehen. Im Wald ist es so oft so – wie sollen wir durch dieses Dickicht kommen? Wo soll ein Weg durch die Riesenpfütze da hinten sein? Über die Brache mit den vielen Grünzeug kommen wir doch nie?

Doch, wir kommen. Und wir müssen ganz nah rangehen, um es zu sehen. Es gibt immer einen Weg, einen Durchlass, eine lichte Stelle. Aber ich sehe sie oft erst, wenn ich

  1. ganz nah herangegangen bin
  2. eine Weile in Ruhe ohne Absicht hingeschaut habe

Das habe ich im Wald – und im Leben – noch öfter. Wie oft sage ich: Lass uns dies oder jenes suchen und dann stehen wir vor der Stelle und das ist – nichts. Aber wenn ich eine Weile scheinbar ziellos (also nicht fixiert auf einen Punkt) auf diese Stelle schaue, dann sehe ich es plötzlich: Die Marienkäfer, die Weihnachtsdekotannenzapfen, die Ameisen, die you – name-it.

Und im Leben mache ich es genau so: Wenn eine Aufgabe einfach nicht zu bewältigen scheint, zu groß, kein Durchgang – dann gehe ich ganz nah heran. Ich nähere mich ihr so weit wie ich nur kann. Und dann tun sich plötzlich die Wege auf. Stück für Stück. Wenn ich nicht mehr sehe, was ich suche, dann höre ich auf zu suchen. Ich schaue absichtslos in die Welt, in mich, in meine Mitmenschen, in meinen Alltag, auf meine ToDo-Liste. Und dann kommt plötzlich alles, was ich hatte – oft direkt vor meinen Füßen.

Kennt ihr das? Es gibt bestimmt noch 100 andere Wege – welche habt ihr gefunden?

<3 Eure Nicola

Dem Leben vertrauen – den Kindern vertrauen

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An manchen Tagen fühlt sich ein Herz so an, als ginge die Welt unter. Die Welt meines Kindes. Meiner Kinder. Dann fällt es mir manchmal schwer, dem Leben zu vertrauen, dass alles gut wird. Vor allem, weil ich oft gar nicht so genau erfahre, was GENAU passier ist.

Heute kam der Große völlig verzweifelt aus der Schule. Es schien nicht das übliche „Du bist nicht mehr mein Freund!“-Thema zu sein. Es saß tiefer, die Verzweiflung war groß, das Kind war todunglücklich. Ich hörte zu, tröstete, verstand, tat alles, was Daniel Siegel auch getan hätte, aber es halfnichts. Wut und Traurigkeit erfüllten mein Kind und nach dem Mittagessen verzog er sich in sein Zimmer und verkroch sich mit Lucky Luke in sein Bett.

Ich saß gerade vor dem Haus mit einem Kaffee und überlegte, was jetzt zu tun sei, ob ich überhaupt etwas tun könne und was das sein könnte, was ich falsch gemacht habe oder ob das eine „Phase“ ist, als jemand kam.

Ein Nachbarsjunge. Der, mit dem der große Streit war, der, für den das Herz meines Kindes gerade so schlug, dass ihm der Streit eine tiefe Wunde geschlagen hatte.

Der Junge legt Ohne Titelsein Rad hin, den Fußball daneben und sagte: „Ich bin gekommen, um mich zu vertragen. Ist… da?“

Ich hätte weinen mögen vor Glück. „Ja klar! Wow. Danke, dass du gekommen bist.“ – es fiel mir schwer, ihm nicht um den Hals zu fallen (Mütter können ja sooo peinlich sein!). Ich nahm ihm mit rein – „klar, lass die Schuhe an“ – und klopfte an die verschlossene Zimmertür. „Du hast Besuch.“ Mißmutig schaute mein Kind auf: „Wer?“ „Schau selbst“, sagte ich nur, machte die Tür weiter auf, der Junge kam herein, sagte nochmal seinen Satz, sie gaben sich die Hand – und spielten den Rest des nachmittags Carrera-Bahn.

Wie wir im Wald Computer spielen

 

Nasser Tag
Nasser Tag

Kennt ihr das – an manchen Tagen geht einfach nichts zusammen. Ich will laufen, das Kind langweilt sich – was tun? Unsere neue Idee: Wir spielen im Wald Computer! Das geht so:

Vorneweg: Die Leute glauben ja immer, wir hier bei artgerecht seien total fundamentalistisch, mega-öko und total korrekt – aber die, die uns kennen lernen, stellen immer erstaunt fest, dass es überhaupt nicht so ist. Auch meine Kinder essen mal Nutella und spielen Lego Ninjago auf dem Mobiltelefon. Andererseits finden wir halt manchmal auch echt lustige Wege, um das eine (Zivilisation) mit dem anderen (Wildnis) zu verbinden.

Heute war so ein Tag, an dem alles zusammen kommt. Ich war morgens nicht laufen gewesen, weil die Buchhaltung keinen Aufschub duldete *seufz*, die Kleine zog es nachmittags vor, in ihrem heiß geliebten Kindergarten zu bleiben *freude* und der Große hatte keine Lust, durchs Dorf zu kurven und laaaaangweilte sich. „Komm mit, wir gehen in den Wald – Du auf dem Fahrrad, ich in den Laufschuhen“, schlug ich vor. Und zu meiner Begeisterung schlug er ein.

Im Wald wurde es dann aber doch mal langweilig für ihn. Wenn ich laufe, bin ich nicht sehr gesprächig (wegen Flow und so) und irgendwie war ich nicht schnell genug, als dass es seine ganze Aufmerksamkeit gekostet hätte (hey, in meinem Alter!).

Da hatten wir eine Idee: Wir spielen Computer! Das ging so:

NaturbildIch war seine Lego-Ninjago-Figur und er musste mich leiten. Bei jeder Pfütze (die gibts derzeit reichlich) rief er „spring!“  bei jedem Ast „ducken“ und so weiter. Wenn ich gegen den Ast lief, war ich tot ;), wenn ich in die Pfütze lief, verlor ich ein Herz. So legten wir eine beachtliche Strecke zurück, ich musste nicht reden, er hatte total Spass an diesem Erwachsene-dirigieren-Spiel und das einzige Problem war, dass wir manchmal so lachen mussten, dass ich kaum weiterlaufen konnte.

Auf dem kurzen Asphaltweg nach Hause musste ich über Pferdeäpfel, Hundehinterlassenschaften und Kaugummis springen – Super Workout :).

Yeah. Wald rockt. Zivilisation rockt. Leben mit Kindern rockt! <3

Montags-Mantra: „Motz mich an!“

2015-11-12 16.39.34Eine Mutter- und Tochter-Geschichte. Sie geht so: Die wunderbarsten Mütter erzählen mir, dass ihre Kinder sie anmotzen. Und zwar nur sie. Zu allen anderen sind diese Kinder zuckersüß, aber Mama kriegt das „Och nöööö“ oder „Ey, Maaaaaannn“ zu hören – und zwar in einem Ton, den keine dieser Mütter je ihren Kindern gegenüber anschlagen würde.

(Väter reagieren auf diese Geschichten übrigens oft damit, sich zu brüsten, dass die Kinder sich das ihnen gegenüber nie herausnehmen würden und die Mutter sich eben mehr durchsetzen/konsequenter sein/ freundlicher sprechen/ weniger meckern/ mehr joggen – you name it – müssten.)

Ich sage schon länger, dass das  Motzen der Kinder gegenüber Mama nichts mit schlechter Erziehung zu tun hat. Sondern mit Vertrauen (Sieh: „Sei froh, wenn das Kind schreit“). Was nicht heißt, dass wir uns umkommentiert anmotzen lassen, aber ich finde es wichtig zu wissen, dass wir keinen „Fehler“ gemacht haben.

Jetzt hat mein eigenes Kind das Phänomen besser erklärt, als ich es je könnte und ich werde es daher zu meinem neuen Mantra machen.

Situation: Wir kommen von draußen, kurz vor dem Abendessen. Die Kinder eumeln herum und es ist klar: Ohne freundlichen Hinweis passiert hier nix. Ich: „Würdest Du dir bitte schonmal die Hände waschen gehen, ich decke solange den Tisch.“ Sie: „Oh Mann Mama, du NERVST!“

Ich war spontan sauer. RICHTIG sauer. Nachdem ich mich – auf einem Gang ums Haus – beruhigt hatte, berief ich eine Familienkonferenz ein. Ich fragte: „Kannst du sagen, warum du so geantwortet hast?“ Und was mich brennend interessierte: „Bist du eigentlich zu anderen auch so?“
Und das wunderbare Kind sagte: „Nein, zu anderen bin ich nie so! Bei denen traue ich mich das nicht, die meckern so dolle! Das traue ich mich nur bei Dir…“ „Und warum musst du überhaupt so unfreundlich sein?“ „Manchmal ist mir einfach danach. Und wo soll ich das denn sonst machen, wenn mir danach ist? Das geht doch nur bei Mama!“

Peng. Das saß. Klar. Das geht nur bei mir. Bei mir ist sie ja sicher. Und was raus muss, muss raus. Wir haben dann gemeinsam beschlossen – mit Hilfe des großen Bruders – dass wir immer dann, wenn sie in „Motz-Stimmung“ ist, ein Spiel daraus machen und sie 10 Minuten alle anmotzen darf (da ich sowas oft vergesse, wird mich der Große dran erinnern).

Ich habe also ein neues Mantra: „Motz mich an!“  Ich habe ihr dann dennoch erklärt, dass mich das manchmal auch verletzt und dass ich nicht immer in der Lage bin, cool zu reagieren.  Wir haben daher ein Zeichen vereinbart, wenn ich es gerade nicht abkann: „Stop.“ Dann weiß sie, dass ich gerade nicht in Prellbock-Stimmung bin.

Bin gespannt, wie das klappt – aber schon jetzt dankbar für diese neue Erkenntnis durch meine wunderbaren, vertrauensvollen, im Grunde ihres Herzens nämlich sehr freundlichen Kinder 🙂 <3.

 

„Artgerecht goes Vitamix!“

Artgerecht heißt auch: Sich gesund ernähren und Wildkräuter mit auf den Speiseplan nehmen. Aber wer von uns isst schon täglich seine Hand voll Löwenzahn?

20160616_095448Wir sind sehr glücklich, jetzt eine Kooperation mit Vitamix geschlossen zu haben! Ab sofort steht für die Camps und alle Kurse im Raum Köln/Bonn sowie das Büro ein Vitamix Professional Series 750 zur Verfügung, der aus jedem Wildkraut im Handumdrehen einen leckeren grünen Smoothie zaubert! Unser neuer Zuwachs hat sich auch schon bestens bewährt!

Ich liebe ja Zahlen und hier sind sie: Mit seinem 2,2 PS-Motor erreicht der Professional Series 750 eine Drehgeschwindigkeit von bis zu 434 km/h – traumhaft. Außerdem hat er 5 Programme, mit denen auch so ein ungeübter Mensch wie ich Smoothies, Pürees, Eis oder Suppen machen kann. Ich werde jetzt ein wenig üben bis zu den Camps und dann ran an den Löwenzahn!

Vitamix_WerbungMeine ersten Versuche waren sofort grüne Smoothies: 1 Birne, 1 Kiwi, 1 Limette, Löwenzahn (etwa eine Hand voll) und Zitronenmelisse (etwa eine Hand voll), wer mag ein wenig Giersch und Ingwer (ca. 1 cm) dazu – und rein in den Vitamix. Es wurde total cremig und schmeckte wie eine Herrlich-grüne-gesunde-Göttlichkeit – danke an Vitamix!

 

Montags-Mantra: Ist es not-wendig?

STEINHERZOft streiten wir um Nichtigkeiten. Mit anderen, mit den Kindern. Aber wie erkennen wir das? Meine Mama hat mir dafür ein perfektes Mantra beigebracht – für alle Situationen von der Erziehung bis zur Atlantik—Überquerung.

 

Frische Unterhose anziehen! Haare kämmen! Hausaufgaben machen! Nein, mit DEM Pulli gehst du nicht zum Schulgottesdienst! 

Lange war ich der Ansicht, dass bestimmte Dinge unverrückbar wichtig seien.

Und oft waren die Kinder völlig anderer Meinung. Doch, GENAU DER Pulli. Und dann stritten wir.

Wenn meine Mama in der Nähe war, hielt sie mich in meiner “Es muss aber”-ei kurz an, schaute mich liebevoll an und fragte ernst: “Nicola, ist das notwendig? Sprich: Wendet es eine Not, welchen Pulli das Kind heute trägt?”

Ich gebe zu: In 99% der Fälle diskutierte ich über Dinge, die keine “Not wendeten”. Für mich schien es in diesem Moment lebenswichtig. Manchmal wurden die banalsten Dinge so wichtig, als gäbe es kein Morgen. Ich führte mich auf, als würden wir auf hoher See darüber diskutieren, ob wir zuerst Kuchen essen oder zuerst das 2m große Leck im Vorschiff reparieren. Dabei ging es nur um den blöden Pulli. Oder die frischen Socken.

Wenn ihr das nächste Mal auf etwas besteht und es zu Streit kommt, fragt euch: Ist es not-wendig? Wendet es eine Not? Geht die Welt jetzt unter, wenn die verknatzte Vierjährige ihren Teller nicht in die Spülmaschine räumt oder darf jeder mal einen schlechten Tag haben und wir sind einfach mal ein Vorbild in Nachsicht und Güte (Studien zeigen: Nachsichtige Mütter haben sozial kompetentere Kinder).

Wendet es eine Not, was ich gerade verlange oder bin ich einfach nur dem – sehr deutschen – Erziehungsirrtum erlegen, dass alles, was wir einmal “durchgehen” lassen, all unsere Bemühungen komplett versaut? Und dann entscheidet von dieser Warte aus.

Das heißt nicht, dass wir immer den Tisch alleine abräumen. Und dass hier nie einer frische Socken anhat. Aber es heißt, dass wir unsere Anforderungen auch der Tagesform unserer Kinder anpassen dürfen: Gute Tagesform – frische Socken; schlechte Tagesform – zieh von mir aus halt die Liebingssocken von gestern nochmal an.

Außer natürlich, wenn wir mitten auf dem Atlantik sind. Dann flicken wir zuerst das Leck!