Montags-Mantra: Lobt einander! (Coming-Out)

Loben ist ja derzeit tooootal verpönt. „Du LOBST Dein Kind???“ werde ich gefragt, als ginge es um eine völlig überholte, schädliche Erziehungsmethode aus dem Mittelalter. Und es stehen ja meine eigenen Artikel bei urbia.de (Kinder richtig loben) und in der Süddeutschen Zeitung Online (Loben lernen) zur Frage, wie schäääädlich Lob sein kann. Aber wißt ihr was? Der Anti-Loben-Fundamentalismus, der daraus in einigen Kreisen gemacht wird, ist völlig unnötig.

Also hiermit mein öffentliches Coming-Out: Ja, ich lobe mein Kind! Und meinen Partner. Und meine Mutter. Und meinen Papa. Und meine Freunde. Und meinen Bäcker. Und den Buchhändler unten im Haus. Und die freundliche Verkäuferin im Bioladen. Und jeden, der sein Rad so anschließt, dass meins auch noch daneben passt.

Warum? Weil Lob auch gut sein kann.

Steht auch in meinen Artikeln. Es ist nämlich wichtig, WIE wir loben und WARUM. Schädlich ist es, soziales Verhalten durch Lob zu kontrollieren: „Jetzt sei ein braaaves Kind und teile die Spielsachen, braaaav, gut sooo.“ Schädlich ist es, ein Kind mit Lob zu erpressen: „Na klar schaffst Du das, das machst du doch sooo toll, los, kletter noch höher!“ Schädlich ist es, ein Kind mit Lob loswerden zu wollen: „Tolles Bild. Mal noch eins. Ich muss arbeiten.“

Ein aufrichtiges, konkretes, zielfreies Lob hingegen ist eine gute Sache. „WOW! Die Katze auf dem Bild kann man richtig gut erkennen! Das gefällt mir total gut!“

Und auch sonst tut es in meinem Umfeld ALLEN Menschen gut zu hören, was an ihnen gut ist (zumindest in unserer Kultur, in der wir derzeit aufwachsen und leben.).

Ich mag deine aufrichtige Art. Ich bin dankbar dafür, dass Du mir so aufmerksam zuhörst. Ich freue mich jedes Mal, wenn Du Gitarre spielst. Ich liebe deine Linzer Torte. Ich bin so froh, dass ich Dich immer anrufen kann. Es tut so gut, dass du mir klar sagst, wenn ich auf dem Holzweg bin…

Ihr seid so aufmerksame, kommunikative, kluge Blogleser – ich bin unsagbar glücklich, dass ihr da seid.

8 Gedanken zu „Montags-Mantra: Lobt einander! (Coming-Out)

  1. Ich habe die Artikel jetzt nicht gelesen, aber ich tu mich auch schwer mit „Lob“ (UND Tadel). Ich sehe aber das, was hier als Beispiele gebracht wird, gar nicht als Lob an. Loben klingt für mich imer nach einem hierarchischen Gefälle, ein anderer beurteilt mein Verhalten oder Können und streichelt mir quasi über den Kopf dafür. Lob quittiert eine Leistung, und ich denke, das macht es verpönt. Denn Kinder sollen wissen, dass man sie um ihrer selber wegen liebt und nicht weil sie dies oder jenes schon so schön können, so brav machen (und dabei ertappt man sich wirklich häufig, das sitzt tief in einem!). Die Kinder werden damit in ihrer Selbsteinschätzung abhängig von der Bewertung anderer. Das find ich echt überflüssig. Wenn ich aber meiner Freude oder meinem Gefallen Ausdruck verleihe, ist das doch was total Schönes und das stört doch auch keinen, oder? 🙂

  2. Zu dem Thema finde ich das Buch von Elaine Mazlish und Adele Faber „How to Talk So Kids Will Listen & Listen So Kids Will Talk“ super – Kapitel „Praise“ – das wichtigste ist, dass man deskriptiv seinen Lob ausspricht, nicht sagt „Oh, wie toll“, sondern in voller Anerkennung beschreibt, was man sieht oder fühlt, damit der Gegenüber sich selbst loben kann. Wie funktioniert das? – freizitiert aus dem Buch: Meine 3-jährige Tochter zeigt mir voller stolz ihr Kritzelbild und fragt „Ist es toll?“ Anstatt zu sagen, „Super, toll“ beschreibe ich, was ich sehe – „Oh, I sehe Du hast hier Kreis, Kreis, Kreis gemacht, dann Schlängel, Schlängel, Schlängel .. Punkt, Punkt, Punkt und Striche …“ Meine Tochter nickt enthusiastisch „Ja!“ Und ich sage „Wie hast Du dir das übehaupt ausgedacht?“ Sie überlegt ne Weile, „ Ich bin eine Künstlerin!“

    Auszüge aus dem Buch kann man sich hier ansehen: http://www.amazon.de/How-Talk-Kids-Will-Listen/dp/1451663889/ref=sr_1_1?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1350974323&sr=1-1

  3. Ist es nicht einfach am wichtigsten authentisch zu bleiben? Auch mir rutscht vielleicht manchmal ein Lob zuviel raus, und ja ich gebe auch zu, dass das nicht immer super-differenziert ist, auch wenn ich mich bemühe. Aber ich freu mich halt einfach wenn meinem Sohn etwas zum ersten Mal gelingt oder er etwas gebaut oder gemalt hat… wie auch immer. Das Lob kommt dann einfach ganz spontan aus mir raus, weil ich mich einfach selber darüber freue. Ich finde nicht, dass wir da unsere Gefühle unterdrücken sollten, solange wir authentisch bleiben.
    Von daher: danke Nicola, du hast mir mit dem Beitrag das kleine schlechte Gewissen genommen, was sich manchmal einschleicht, wenn ich mal wieder zu übersprudelnt lobe… 😉

    1. Es kommt doch einfach darauf an, wie man lobt. Ich kenne hier viele Eltern, die ihre Kinder ständig mit Lob wie „Du bist toll!“ „Klasse!“ „Super machst Du das!“ überschütten. Beim Eltern-Kind-Turnen muss ich schon mal meine Ohren auf taub stellen. Da wird jeder kleinste Schritt so kommentiert.
      Kinder wollen einfach oft nur gesehen werden und keine Bewertung haben. Und da kann ich auch meine Freude ein Bauen, wenn wie gestern meine Tochter das erste Mal alleine in die Schweinebaumelposition gekommen: „Da habe ich einen Moment nicht hingeschaut und jetzt hängst Du kopfüber!? 😀 Wow, wie hast Du das geschafft?“ Ein breites Strahlen vom Kind. „Wird Dir nicht schwindelig?“ *kicher*

  4. Ich finde Lob total wichtig, denn nicht Jeder fuehlt sich anerkannt obwohl er einen guten Job macht. Also lobt vor Allem Menschen, die nur als selbstverstaendlich angesehen werden! Ich lobe Alle in meinem Umfeld, denn JEDER hat etwas lobenswertes an sich, ansonsten behielten wir sie ja schliesslich nicht dort…

  5. Nicola,
    Deine Beispiele sind für mich Anerkennung, nicht Lob. Es sind persönliche Rückmeldungen, wie man etwas findet, dass man sich über etwas freut, dass einem dies oder jenes etwas erleichtert. Das ist für mich etwas anderes als Lob im klassischen Sinn, dass 1. eine absolute Bewertung vornimmt (für die ich den Maßstab setze), 2. das Motiv hat, Verhalten zu steuern / zu verstärken und 3. häufig eine echte Auseinandersetzung zwischen den beiden Gesprächspartnern abwürgt. So wie Du ‚lobst“, umgehst Du diese drei „Probleme“ des Lobens.

    Ich finde mich bei Christina wieder – so ähnlich laufen Gespräche zwischen Kind und mir auf dem Spielplatz ab. Und häufig reicht es auch einfach, wenn ich das breite Lachen meines Kindes auffange und zurückwerfe.

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