Die Windelfrei-Erfahrungsberichte-Serie…
Der heutige spannende Bericht kommt von Anne:
Wie bist Du zu Windelfrei gekommen?
Ich habe mir viele Gedanken gemacht, weil ich Wegwerfwindeln mit der Zeit ziemlich widerlich fand. Dann habe ich irgendwann eine Freundin aus Indonesien gefragt, wie sie das so handhabt, weil man ja doch öfter gehört hat, dass Babys in diesem Teil der Erde zufriedener seien. Sie erzählte mir, dass Babys keine Windeln brauchen, dass man in Indonesien auch keine Windeln verwendet. Ich stolperte dann im Buch Geborgene Babys von Julia Dibbern tatsächlich darüber. Daraufhin habe ich viel im Internet gelesen, sowie dieser Blog haben mich vollends überzeugt. Schon gleich nach der Lektüre des Buches, das ich mir zu Weihnachten geschenkt hatte, habe ich einfach angefangen. Erster Versuch war gleich ein Volltreffer. Baby und ich haben uns beide gleichermaßen über den ersten lauten Pups in die Schüssel erschreckt. Danach hat mich das Thema nicht mehr los gelassen.
Wie alt war dein Kind, als Du mit Windelfrei angefangen hast?
Ca. 2,5 Monate
Wie viele Windeln hast Du vorher pro Tag verbraucht (Durchschnitt)?
Anfangs recht wenige, da ich mir da gar keine Gedanken drüber gemacht hatte. Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto ekliger wurde mir allerdings der Gedanke, dass mein Baby in seinen Ausscheidungen liegt und dass er dieses Plastik am Popo tragen muss. Also fing ich an exzessiv zu wickeln und kam auf 10 bis 12 Windeln am Tag. Das ging ins Geld und widerstrebte meinem ökologischen Gewissen.
Wie viele Windeln verbrauchst Du derzeit und wie alt ist Dein Kind mittlerweile?
Bis vor einem Monat 1 bis 3 Wegwerfwindeln. Zur Zeit gar keine, lediglich hin und wieder eine Stoffwindel. Wenn das Kind bei Oma und Opa ist, ziehe ich ihm meist eine Windel oder ein anderes Backup wie die Mokomidi (weil schön dicht) an. Er ist jetzt 11 Monate alt.
Nutzt Du auch andere Backups?
Wenn ich am Computer arbeiten muss, nutzen wir manchmal Stoffwindeln oder Wegwerfwindeln, Flockenwindeln in Strumpfhose oder Mokomidi mit Einlage. Als er kleiner war, habe ich Unterhöschen mit Damenbinden benutzt. Unterwegs und nachts gar nichts. Beim Autofahren auf längeren Strecken nehmen wir meist Wegwerfwindeln, denn alles andere würde der Vater und Besitzer des Autos nicht gut finden.
Hattet/habt ihr Probleme mit Wundsein?
Seit ein paar Tagen leider er isst momentan Unmengen unserer eigenen Weintrauben, davor noch nie.
Welche Standardsituationen probierst Du aus?
nach dem Aufwachen: ja
beim Stillen: neuerdings nachts habe aber noch Schwierigkeiten, den Topf auch wirklich zu treffen.
nach dem Stillen: nein, da schläft er meist
nach dem Spielen: manchmal
andere: nach den Tragen, nach dem Essen, vorm Rausgehen, zwischendurch, wenn er quakig wird.
Wann klappt es am besten?
Nachts, nach dem Aufwachen, unterwegs und nach dem Tragen
Wie viele Minuten (circa) hast du Zeit, um dein Kind abzuhalten (wenn es z.B. gerade aufgewacht ist oder wenn es Zeichen gibt)?
1 bis 10 Minuten, ganz unterschiedlich.
Was benutzt ihr als Töpfchen, wenn ihr eines benutzt?
Verschiedene Rührschüsseln, Waschbecken, Dusche, Badewanne, Toilette (eher schwierig), seit er sitzen, kann einen Topf, draußen, wo es geht.
Wie schätzt Du die Arbeitsbelastung ein: eher mehr Arbeit eher weniger Arbeit genauso viel Arbeit wie beim Wickeln?
Weniger Arbeit: Ich kann mich zumBeispiel nicht erinnern, wann der kleine Mann das letzte Mal in die Windel gekackt hat. Und ich bin froh, dass ich keinen verkrusteten Popo reinigen muss. Seit er rollen konnte, wurde Wickeln immer stressiger. Jetzt als Krabbel- und Aufstehkind mag er gar nicht mehr liegen bleiben oder still halten, um Windeln anzuziehen. Er hat also quasi inzwischen selbst entschieden, dass wir besser keine Windeln mehr benutzen. Wickeln ist Stress für beide Seiten: Er will nicht, hält nicht still, ich werde ungeduldig, er schreit und schimpft, ich bekomme Schweißausbrüche… Wickeln macht uns beide unzufrieden.
Hat sich in deiner Kindes-Wahrnehmung etwas verändert, seid ihr Windelfrei macht und was?
Definitiv. Ich habe jetzt noch ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn als Neugeborenen so lange in den Windeln habe stecken lassen. Für das nächste Kind nehme ich mir das anders vor. Ich habe erst durch das Weglassen der Windeln gelernt, dass er ein kompetentes Baby ist. Ich verstehe ihn viel besser und führe scheinbar unerklärbar schlechte Stimmungen nicht einfach auf „den nächsten Entwicklungsschub“ zurück. Auch im Nachhinein betrachtet, würde ich behaupten, dass einiges an Weinen in den ersten zwei Monaten tatsächlich „Pipigebrüll“ war, dem ich aus Unwissenheit nicht nachgekommen bin. Wir haben eine sehr starke Bindung, die sicherlich auch durch unsere Ausscheidungskommunikation unterstützt wurde/wird. Ich nehme ihn als viel kompetenter in ganz vielen Belangen wahr, als es andere tun würden. Ich vertraue seinen Fähigkeiten. Dadurch ist er ein sehr frei agierendes Kind. Ich lasse ihn machen. Wenn er bei seinen Großeltern ist, die extrem ängstlich sind, darf er gar nichts alleine tun, sie vertrauen ihm nicht. Ich weiß, dass er nicht einfach so auf den Boden pinkelt, genauso wenig wie er sich immerzu den Kopf rammt oder hinfällt. Und wenn es dann doch passiert, dann passiert es halt. So ein Babypipi ist ja nichts ekliges und eine kleine Beule ist kein Weltuntergang.
Hast Du einen heißen Tipp für Windelfrei-Mütter in der gleichen Situation?
Einfach ausprobieren, dem Baby vertrauen, ihm zuhören und wenn es stressig wird, lieber wieder auf Wegwerfwindeln ausweichen, keinen Druck aufbauen, entspannen und Babys Fähigkeiten sowie die Unabhängigkeit genießen. Es ist einfach toll, dass man keine Wickelsachen mitschleppen (außer Taschentüchern und evtl. einer Ersatzhose) und samstags nicht checken muss, ob die Windeln noch fürs Wochenende reichen.
Vielen herzlichen Dank!