Im Whole Foods-Store im Time Warner Center am Columbus Circle in New York.
Ich stehe mit dem schlafenden Kind in der Manduca vor dem Bauch völlig überfordert vor dem Regal mit Babynahrung und suche Reisschleim für meinen kleinen Schonkost-Patienten. Obwohl ich extra im Wörterbuch nach der passenden Vokabel geschaut habe (Rice-Gruel meint LEO), haben mich bisher alle Verkäufer nur verwirrt angesehen und mir Instant Oatmeal, eine Art Haferbrei, zu verkaufen versucht. Jetzt stehe ich also hier ganz alleine vor dem großen Regal, in dem alles großartig bio, aber irgendwie nichts Reisschleim ist.
Eine Asiatin kommt hinzu und bietet Hilfe an. Dankbar nehme ich an. Ihr Sohn ist circa neun Monate alt und sitzt im Bugaboo, während wir nun gemeinsam die Regalreihen durchgehen. Aber es ist nichts zu machen. Alles vom Butternuß-Kürbis-Gläschen bis zum Bio-Organic-Rice-Cracker, aber kein Reisschleim. Schließlich geben wir beide auf und ich will gerade weitergehen, als ihr Baby anfängt zu greinen und sie den Kleinen ohne zu Zögern auf den Arm nimmt.
Ich freue mich, lächle und kann mir den Öko-Mama-Kommentar nicht verkneifen:
Yeah, thats the best place!
Sie hingegen schaut schuldbewusst, und erklärt sich sofort:
Well, I try not to do it too often, I am always scared he might get used to be carried around.
But thats what theyre designed for! sage ich, doch sie verzieht nur das Gesicht als wollte sie sagen, jaja, aber der Charakter, der Charakter.
Schade, denke ich, eigentlich nimmt sie ihn instinktiv auf den Arm, glaubt aber gleichzeitig, dass sie damit seiner Erziehung schadet und versucht daher, es „nicht zu oft“ zu tun. Dabei ist es ja das Beste, was sie machen kann. Aber Sätze, die beginnen mit „Es gibt Studien, die belegen…“ sind am Supermarktregal total fehl am Platze. Und wer bin ich denn schon? Eine Fremde im Whole-Foods, mehr nicht.
Aber dann denke ich mir, hey, ich bin doch nicht erst seit gestern (sondern schon seit vorgestern ;)) hier und habe meine Hausaufgaben gemacht. Das heißt: Ich habe bereits einige Blicke in Müttermagazine und Frauenzeitschriften geworfen sowie sämtliche Cover am Newsstand gescannt, und das gibt mir eine Ahnung, worauf es in den USA ankommt. Ich versuche mein Glück:
And being carried is best for their brains, too. Jetzt bin ich gespannt. Ist das ein zugkräftiges Argument? Frühförderung ist in den USA wahnsinnig hip und Leistung sehr wichtig.
Und siehe da: Ihr Gesicht hellt sich sofort auf, sie hebt die Augenbrauen, öffnet die Augen, öffnet den Mund und ruft:
Really? Oh, thats goood! und sie lacht ihren Sohn an und drückt ihn fest an sich, „so carrying is good for him? That’s great! That’s interesting!“
Ich lächle freudig, wir verabschieden uns und sie trägt ihren Kleinen weiter durch den Laden, den Bugaboo mit einer Hand schiebend.
☺ Selbst wenn sie ihn fünf Minuten später wieder hineingesetzt hat, ihr Lächeln und ihr erleichterter, freudiger Blick haben mich so gefreut – she made my day..