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Babys schreien lassen? Warum die Australien-Studie lügt

Babys niemals alleine schreien lassen! Das dürfte klar sein. Aber warum? Wenn doch die gerade viel diskutierte Studie „Behavioral Interventions for Infant Sleep Problems: A Randomized Controlled Trial von Michael GradisarKate Jackson et al“ zeigt, dass es keine negativen Effekte hat?

13221705_1010025792384077_7529947437792757133_nSchauen wir uns an, was die Australien-Studie WIRKLICH zeigt:

Das macht aus meiner Sicht auch total Sinn: Denn das aktivierte Stress-Überlebenssystem der Babys führt ja nicht dazu, dass ein konstant hoher Cortisol-Level besteht (das sehen wir von Kindern in Betreuung), sondern dass das Stress-System reaktiver ist – es „springt also viel schneller an“, wenn sie größer sind. Der Effekt sind Ängstlichkeit, Aggression, Verhaltensstörungen – weil das Gehirn sich immer auf eine Not-Situation vorbereitet und die impliziten Erinnerungen immer wieder wachruft, ohne dass es dem Erwachsenen bewusst wird (vgl. Daniel Siegel, „Achtsame Kommunikation mit Kindern“).

Es gibt außerdem Studien, die zeigen, dass der durch Vernachlässigung stattfindende Cortisol-Veränderung wieder regulierbar ist, wenn die Kinder sonst eine liebevolle Umgebung haben. Wenn wir also davon ausgehen, dass Eltern, die ihre Kinder nachts dieser Tortur aussetzen, diese möglicherweise tagsüber mehr beachten, könnte dies als Regulativ wirken.

Mein Stress und meine Laune hängen nicht nur vom Schlafrhythmus des Babys ab – auch wenn viele Eltern sich total drauf fokussieren und glauben, wenn es nur endlich schläft, wird alles gut! Aber es gibt Unmengen von Studien, die zeigen, dass Menschen ein relativ konstantes persönliches Lebens-Glücksgefühl haben (vgl. Werner Bartens, „Glücksmedizin“). Was auch immer passiert, wir neigen dazu, wieder auf dieses Level zurückzufallen. Wenn ich glaube, dass Ferbern mein Lebensglück verbessert, weil ich dann besser schlafen kann – Fehlanzeige.

  • 3. Die Studie zeigt: Wer sein Kind schreien lässt, dessen Baby schläft besser durch. Auch das wissen wir schon. James McKenna geht davon aus, dass diese Babys tiefer schlafen und damit ein höheres Risiko für den plötzlichen Kindstot haben. Es ist also fraglich, ob dies wirklich eine Verbesserung ist.

Linda Folgen Palmer schrieb mir gestern in einer Mail: „Vielleicht kann man die kurzfristigen Hormonveränderungen dieser gequälten Babys nicht messen – aber ich persönlich habe meine Babys lieber lebendig!“

  • 4. Die Studie zeigt, dass nach 12 Monaten nach der Intervention die Kinder in allen drei untersuchten Gruppen gleich häufig sicher/unsicher gebunden sind. FAST gleich häufig. Bei den Säuglingen, die man hat schreien lassen, gibt es einen leichten Anstieg der unsicheren Bindung, aber nach Aussage der Wissenschaftler ist das vernachlässigbar. Vielleicht. Bei einer Gruppe von 43 Säuglingen sind mit je 14/15 Säuglingen pro Gruppe sind das 13 % der einzelnen Gruppe. Hm.

Gemessen wurde es mit dem Fremde-Situation-Test, wie der funktioniert, könnt ihr hier nachlesen. Es gibt eine Menge Kritik an diesem Test und mittlerweile auch Forscher, die sagen, dass Bindung nicht statisch, sondern dynamisch ist. Insofern wäre interessant, wie sich die Kinder im Laufe ihres Lebens entwickeln.

Ist Schreien sinnvoll? Nein. Die Eltern schaden ihrem Baby – und sich selbst!

Wir wissen, dass Babys, die man schreien lässt, tagsüber mehr schreien als Babys, auf die sofort reagiert wird – mehr Stress für die Eltern. Wir wissen, dass Babys ein erhöhtes Risiko für „erlernte Hilflosigkeit“ haben – das erschwert später die Entwicklung – mehr Stress für die Eltern. Wir wissen, dass die Kinder unglaublich viel Energie verlieren, wenn sie so weinen und diesem Stress ausgesetzt sind – das belastet ihr Immunsystem, sie werden öfter krank – mehr Stress für die Eltern.

Ist Schreien lassen artgerecht?

Evolutionsbiologisch wäre es viel zu gefährlich gewesen ein so wertvolles Wesen wie ein Lebendgeborenes, in das man schon sechs Monate Muttermilch (und damit tausende wertvolle Kalorien) investiert hat, einer solchen Tortur auszusetzen. Ein nachts schreiendes Baby würde Tiere anziehen und es wäre keine Option, es alleine liegen zu lassen – das wäre ein Todesurteil (deshalb schreien sie ja). Wir wissen, dass Eltern in den zivilisierten, westlichen Ländern das nächtliche Aufwachen der Babys als dramatischsten empfinden.

Wie schlafen Babys? Auszug aus dem Artgerecht-Babybuch:
artgerecht

Es gibt nicht den Menschenschlaf. Das Konzept, acht Stunden durchzuschlafen und den Rest des Tages zu arbeiten, ist weder natürlich noch normal. Diese klare Trennung zwischen Tag und Nacht ist etwas, was wir uns ausgedacht haben, weil es gut in unsere Gesellschaft passt.

»Aufgeweckt werden« und »gut schlafen« sind Konstrukte. Kulturübergreifende Beobachtungen zeigen: In westlichen Kulturen ist die Idee vom »Durchschlafen« weiter verbreitet als in allen anderen. Hier wird auch das Wecken durch das Kind am dramatischsten empfunden. In anderen Kulturen ist das schon deshalb nicht so schlimm, weil man Schlaf ja jederzeit »nachholen« kann.

 Unsere Tage sind – durch das nicht artgerechte Leben – oft so strukturiert, dass eine Mutter nur schlafen kann, wenn ihr Baby schläft, weil sie wenig bis keine Unterstützung hat. Wenn sie zudem noch zu den Menschen gehört, die tagsüber nicht schlafen können oder »dürfen«, dann wird Nachtschlaf plötzlich zu einer unverhältnismäßig relevanten Größe.13138990_1002876663098990_4951407546667097805_n

Wenn das Baby nicht schläft, »schaffe ich den Haushalt nicht, habe ich keine Zeit für mich, haben wir keine Zeit als Eltern, kann ich nichts für mich tun, kann ich nicht duschen …«. Vieles von dem, was wir ohne Baby machen wollen oder müssen, muss anfangs während der eigentlich vorgesehenen Schlafenszeit passieren. Schläft das Baby nicht so, wie wir es geplant haben, steigt schnell der Frust. Aber dafür können die Babys nichts. Sie schlafen so, wie sie es seit Jahrtausenden tun.

 

Daher: Holen Sie sich auf jeden Fall Hilfe. Zeichnet sich ab, dass sie unterschlafen sind, gehen Sie Ein- und Durchschlafen als langfristiges Projekt an, und beginnen Sie damit lange bevor sie nur noch die Notbremse ziehen können.

Der erste Attachment Parenting Kongress in Deutschland

Das liebe Team von Einfach Eltern um Frauke Ludwig und Diana Schwarz richten am 11. und 12. Oktober 2014 den ersten Attachment Parenting Kongress aus.

Die bekanntesten Fachleute und AutorInnen der Szene geben ihr Wissen weiter.

Jetzt haben sie eine Rabattaktion gestartet:
Bis morgen 14 Uhr gibt es die Karten für den Kongress zum ermäßigten Preis!

Schaut auch hier, warum für Eltern der Kongress ebenso eine tolle Bereicherung ist.

Wann beginnt man mit Windelfrei?

Hier findet Ihr ein gutes Interview mit der Schweizer Buchautorin Rita Messmer:

 «Windeln sind überflüssig»: So wachsen Babys windelfrei auf

Doch aus unserer Sicht – Erfahrungen und Studienlage – schließt sich das Lernfenster nicht nach 3 Monaten. Geht man in den ersten Monaten nicht auf die Signale seines Babys ein, werden diese weniger oder verschwinden ganz. Man kann sie aber durch bewusste Ausscheidungskommunikation im Laufe der Zeit dem Kind wieder entlocken.
Windelfrei kann man zu jeder Zeit anfangen – egal ab Geburt, nach einigen Lebenswochen oder gar nach dem ersten Geburtstag.

Es lohnt sich!

Lies auch hier:
Irgendwo zwischen Windelfrei und Wegwerfwindel
Windelfrei – so haben wir angefangen
Remo H. Largo und Windelfrei
Windelfrei für Spätstarter
3 Monate, 3 Rollen Toilettenpapier, 3 Packungen Wegwerfwindeln…

Windelfrei für eine gesunde Blasenfunktion

Die heutigen Kinder beenden deutlich später als vor 3 Generationen ihre Sauberkeitsentwicklung – mit der Konsequenz, dass es mehr Blasenfunktionstörungen unter den Kindern gibt als früher.
Das fanden die Belgier Bakker und Wyndaele 2000 heraus.

Quelle der Studie: Bakker E – Changes in the toilet training of children during the last 60 years: the cause of an increase in lower urinary tract dysfunction?
Unsere Website: www.babysohnewindeln.de

"Goldener Schlaf" mit voller Windel?!

Der „Goldene Schlaf“ ist vielen Eltern sehr wichtig. Doch schenkt man den Ausscheidungen der kleinen Kinder ein wenig Beachtung in der Nacht, so kann man langfristig verhindern, dass die Windelhersteller sich eine goldene Nase verdienen.

Der Wissenschaftler Yang und sein Forschungsteam aus Taiwan befragten dazu Eltern von 235 gesunden Kindergartenkinder im Alter von in etwa 5 Jahren. Und das war unter anderem ihr Ergebnis:


Quelle der Studie: Yang SS – Early Initiation of Toilet Training for Urine Was Associated With Early Urinary Continence and Does Not Appear to Be Associated With Bladder Dysfunction.
Unsere Website: www.babysohnewindeln.de

Der „Goldene Schlaf“ – was bedeutet das?

… Das Ergebnis: Babys, die nachts Pampers trugen, schliefen um dreißig Prozent schneller ein und konnten eine halbe Stunde länger durchschlafen. Die Werbeleute des Konzerns brachten die längere Schlafzeit mit verbesserten kognitiven Fähigkeiten in Verbindung und entwarfen die „Golden Sleep“-Kampagne. „,Wer Pampers trägt, hat jetzt schon einen Startvorteil für seine spätere Karriere in Schule und Beruf ‘, lautete die Kernbotschaft“, sagt Branchenanalyst Carlos Richer. In einer Gesellschaft, die von der Gier nach Spitzenleistungen besessen ist, traf sie den richtigen Nerv. Ein Baby im Tiefschlaf werde auch die Mütter erfolgreicher machen, versprach die Werbung. „Weil in China Frauen in der Regel berufstätig sind, passen Oma und Opa tagsüber auf die Kleinen auf „, sagt Vivan Hu. „Die Mütter sind abends k.o., wenn sie von der Arbeit kommen. Wenn das Baby nachts durchschläft, sind auch sie tags darauf fitter und leistungsfähiger im Büro.“…
Xifan Yang – Eingewickelt NIDO 11/2012

Aus unserer Sicht ist es nicht wichtig, dass eine Windel 12 Stunden am Po eines Kindes dichthalten sollte. Ja, der Schlaf aller Familienmitglieder hat Priorität. Doch Achtsamkeit bei den nächtlichen Ausscheidungen der Kleinsten kann sich langfristig auszahlen. Das wirkt sich positiv auf das Kind (früheres nächtliches „Trockenwerden“ und weniger Bettnässen) aus. Zudem ist es gut für den Geldbeutel und die Umwelt (Windelersparnis).

Windelfrei beeinflusst die Blasenkontrolle

Windelfrei-Woche 2014: Wir füttern Euch mit wissenschaftlichen Fakten.

Im Jahr 2000 veröffentlichte die schwedische Wissenschaftlerin Hellström im hochangesehenem Journal The Lancet, dass das Alter, in dem die Blasenkontrolle erreicht wird, durch das Eingehen auf das Ausscheidungsbedürfnis beeinflusst werden kann.


Quelle der Studie: Hellström A-L – Influence of potty training habits on dysfunctional bladder in children
Unsere Website: www.babysohnewindeln.de

Windelfrei und MAINSTREAM? Warum nicht?!

Gestern gab es einen Kommentar auf meinen Blogeintrag „Windelfrei goes MAINSTREAM“ mit der Frage, warum es ist toll ist, dass Windelfrei nun in den Medien thematisiert wird.

Hier kommt meine Antwort:

Windelfrei – das Eingehen auf das Ausscheidungsbedürfnis und das Abhalten der Babys im ersten Lebensjahr – ist eigentlich normal, aber leider in unserer Gesellschaft nicht die Norm. Windelfrei soll keine Randerscheinung bleiben. Jede Familie soll wissen, dass es die Alternative Windelfrei zum Vollzeitwickeln mit Wegwerf- oder Stoffwindel bis ins späte Kleinkindalter gibt.

Wir vom Team „Babys ohne Windeln“ arbeiten im Hintergrund hart daran, dass Windelfrei auf der einen Seiten bekannter und auf der anderen Seite mit wissenschaftlichen Fakten untermauert wird. Denn schließlich ist Windelfrei kein Hokuspokus – das wissen selbstverständlich alle Windelfrei-Familien. Aber es gibt die allgemein bekannten medizinisches „Ammenmärchen“, die sich hartnäckig halten, wobei es mittlerweile genügend Untersuchungen auf diesem Gebiet gibt. Es stimmt einfach nicht, dass man auf die verbalen und motorischen Anzeichen des Kindes (Kind sagt an, dass es keine Windel mehr will und kann selbstständig zum Badezimmer/Töpfchen gehen) warten muss, bis man auf das Sauberkeitsbedürfnis der Kinder eingehen darf. Ebenfalls falsch ist das so oft hervorgebrachte Wissen über die Physiologie und Entwicklung der Blasen- und Darmsteuerung. Angeblich wäre das Nervensystem erst um den zweiten Geburtstag herum reif, um die Blase und Darm vernünftig anzusteuern, so dass die Sauberkeitserziehung einen Sinn macht. Das ist veraltet und nicht wissenschaftlich belegt.

Um nicht noch weiter an dieser Stelle auszuufern: Neugeborene merken, wenn es im Bauch „drückt“ und sie mal „müssen“. Das Nicht-Beachten der Signale der Kleinsten und die Verwendung insbesondere von Wegwerfwindeln trainiert ihnen die Toilette am Po zu tragen an. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Information gehört in das Mainstream-Wissen. Genauso wie die Sachkenntnis, dass die achtsame Begleitung der Sauberkeitsentwicklung vor dem ersten Geburtstag keine psychischen oder physischen Schäden hervorruft.

Leider können wir die Journalisten aktuell noch so gut mit Studien füttern, wenn die Redaktion auf Sensation aus ist und unsere Thematik nur 2-3 Minuten Sendezeit bekommt – siehe RTL. Doch eine große Breite an Eltern schaut diese Sendungen. Und von diesen Eltern haben bestimmt zu über 90 % noch nie etwas von Windelfrei gehört, so dass es für uns schon ein kleiner Erfolg ist, wenn von 100 RTL-Zuschauern eine(r) anfängt nachzugoogeln, was Windelfrei genau ist und es auch noch ausprobiert. Dann hat sich auch ein überhaupt nicht perfekter Windelfrei-Beitrag in den Mainstream-Medien schon gelohnt.

Kinder brauchen uns! Auch nachts!

Wir sind von morgens bis abends liebevoll und fürsorglich mit unseren Kleinen, um dann in der Nacht als ablehnende Zombies zu erscheinen?!

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Auch in der Nacht brauchen uns unsere Kinder.

Sibylle Lüpold, eine Stillberater der La Leche Liga aus der Schweiz, hat sich 2010 die Mühe gemacht, bekannte „Kinderexperten“ um eine Stellungsnahme zum Thema Kinderschlaf zu bitten.

Und dabei herausgekommen ist eine wunderbare Broschüre, „in der 20 Experten zu Wort kommen und überzeugende Argumente liefern, weshalb von der Anwendung eines Schlaftrainings, wie zum Beispiel der Ferber-Methode, abzuraten ist“.

Kinder brauchen uns auch nachts