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Parenting Card: Finde den Humor

Find the Humor

Alle lachen, wenn Reinhard Mey singt: „Dies ist die Zeit wo ich an meinen Schreibtisch kann/ die Kleine malt mein Bein mit einem Filzstift an/und erledigt während eines kurzen Telefonats/ Durch Zerreißen die gesamte Post des Vormonats/ (…) Die Kleine pinkelt auf den Teppich die bringt mich ins Grab/ Vorher hol ich noch den Mittleren von der Schule ab/ Dann gibt’s Mittag und nen Streit, wer‘s erste Fischstäbchen kriegt/ Bis die Tränen fließen und es auf der Erde liegt die Kleine nießt mich an/ Und hat den Mund voll dabei/ Aller guten Dinge sind drei…“

Aber wenn es tatsächlich passiert – lachen wir dann auch noch? Wir sollten! Unbedingt!! Lachen baut Stresshormone ab, das wissen Menschen seit Urzeiten, wir haben es sogar wissenschaftlich nachgewiesen. Das gilt immer, nicht nur am Weltlachtag. Und lachen kann man lernen. Beim Lach-Yoga machen die Teilnehmer absurde Grimassen, um kindliche Unbeschwertheit zu fördern. Grimassen? Kinder? Richtig: Dazu brauchen wir keinen Kurs! Das können wir täglch mit unseren Kids machen. Kinder finden Grimassen super. Humor in stressigen Situationen wirkt Wunder.

Das Großartige an Kindern ist, dass sie sich über Kleinigkeiten vor Lachen ausschütten können. Absurde Ideen, unerwartete Wendungen, sanftes Kitzeln, maßlose Übertreibungen, – es braucht keinen Pointenschreiber, um kleine Kinder zum Lachen zu bringen.

Glas umgekippt? „Da kann ja ein Elefant drin baden!“ Bus verpasst? „Ha, komm, wir krabbeln hinterher, den kriegen wir locker!“ „Ich hau dich“-Anfall? „Echt? Oh! *Grimasse* ein Löwe! Er will mich beißen! *Grimasse* Fang mich!“

Aber vorsicht: Mein Sohn zumindest merkt sofort, wenn ich ihn einfach nur nicht ernst nehme. Und das findet er nicht witzig. Es muss auf Augenhöhe und echt sein. Veräppeln gilt nicht.

(Und wenn euch grad gar nicht nach Lachen zumute ist, empfehle ich den Lach-Yoga-Spruch: „Tu so als ob, bis es echt wird.“ Bei mir klingt das so: „Nein, ich will nicht, mir ist grad nicht nach Lachen, nein, hihihi, ach, manno, lass mich, ich will nicht lachen, das ist nicht witzig, ich *kicher* nee, wirklich, na gut, soo etwa *künstlichlach* *echtlach* du bist wirklich anstrengend *lach* okay, jetzt hast du mich, aber …na warte…*kitzelattacke* … *lachausbruch*“)

Windpocken im Windelbereich – was tun?

Windpocken kennen keine Gnade. Sie sind überall. Auch im Windelbereich. Wir hatten hier ein paar Strategien, um den Kindern zu helfen, die ich mal mitblogge.

Die Kleine hatte eine ganze Wagenladung Pocken im Windelbereich. Schleimhäute und so. Bäh. Ich hätte um NICHTS in der Welt diesem Kind eine Windel anziehen mögen. Wie machen das Wickel-Eltern? Die Dinger fangen doch bei Hitze erst richtig an zu blühen?

Wir haben es so gemacht:

Pocken im Windelbereich: den Windelbereich immer mal wieder sanft abwaschen und mit Weledas Wecesin-Pulver einstäuben. „Das hilft??“ fragte der Kindspapa zweifelnd, aber es half. Die Stellen entzündeten sich nicht oder beruhigten sich schnell wieder.

Schmerz beim Wasserlassen: Als ich das Gefühl hatte, dass das kleine Geschäft ihr weh tut, haben wir es unterm Wasserstrahl des Wasserhahnes erledigt, so dass gleich Wasser mitlief (was nur geht, wenn man das Baby abhalten kann, wieder 1000 Dank für Windelfrei…). Als Backup hatte sie nur eine locker eingelegte Stoffwindel, gehalten vom locker zugeknöpften Wolle-Seide-Body oder einer eher eng sitzenden Hose. War die Windel nass, sofort wechseln, Intimbereich kurz abwaschen, neu einstäuben.

Kratzen: Kratzen zu verbieten war total aussichtlos. Wir haben also die juckenden Stellen gepudert und gekühlt (Kühl-Akku in Waschlappen eingewickelt). Ich hatte dem Großen (4 Jahre alt) eingeschärft, dass er nur neben den Windpocken kratzen dürfe, nicht darauf. Das hat super funktioniert. So konnte er sein Kratz-Bedürfnis befriedigen ohne die Pusteln aufzureißen. Für die Kleine (11 Monate) war der Juckreiz offenbar noch zu unspezifisch, sie hat sich nur am Kopf ein paar Mal gekratzt. Ich habe sie mehrmals in eine lauwarme Badewanne gesetzt, wenn es ihr allzu schlecht zu gehen schien, und es machte immer den Eindruck, dass ihr das half – ob das Wasser, die leichte Abkühlung oder der Spass, das kann ich natürlich nicht sagen.

Schmerzen/Weinen: Die Kleine hat Rhus Tox-Kügelchen und an drei oder vier Tagen nachts eine Paracetamol bekommen, halbiert, damit sie schlafen kann.

Die üblicherweise verschriebene Zink-Salbe haben wir nicht besorgt. Eine befreundete Kinderärztin sagte zu der Salbe: „Ich halte das für Kosmetik, ich glaube nicht, dass das hilft, das ist nur ein gutes Gewissen der Eltern.“ Hm. Keine Ahnung, wir haben es nicht versucht, aber es war bei uns auch einfach nicht so schlimm und das Puder hat wirklich gut geholfen. Sonst hätte ich es sicher auch ausprobiert.

Und ihr? Noch Windpocken-Tipps? Ich erinnere mich, dass es „bei mir“ damals auch Zink-Bäder gab, hat das mal jemand probiert?

Montags-Mantra: Druck erzeugt Gegendruck

Druck erzeugt Gegendruck. Bei uns klingt das so:

„Heb das bitte auf!“
„Nein, ich will nicht!“
„Du hast es heruntergeworfen, heb es bitte wieder auf.“
„Nein! Du!“
„Nein, ich kann gerade nicht und ich sehe es auch nicht ein.“
„DOCH! DU!!!“
„Nein, ich…“

So kann das noch zehn Minuten weitergehen. Bis einer – meist der Kleinere von beiden – weint. Wenn dann einer – meist der Größere von beiden – noch etwas vor hat, übermüdet oder ohnehin gestresst ist, kommt es zu Streit. Am Ende hat keiner gewonnen, es liegen meist noch mehr Dinge auf dem Boden und die Stimmung ist im Eimer.

Ich habe ziemlich lange gebraucht, um es zu kapieren. Druck erzeugt – zumindest bei meinem Kind – Gegendruck.

Heißt das, dass ich alles aufhebe, was er herunterschmeißt? Nein. Er hebt es selbst auf. Und das geht so:

„Heb das bitte auf.“
„Nein, ich will nicht.“
„Du hast es heruntergeworfen, heb es bitte auf. Wir treten sonst drauf oder jemand tut sich dran weh oder es geht kaputt. Das ist doof.“
„Nein! Du!“
„….“
„NEIN! DU!!!! JETZT!!!“
„…“

Ich tue einfach – nichts. Und sage einfach – nichts.

Und dann mache ich etwas anderes. Und etwa drei Minuten später hebt er es auf. Einfach so. Bringt es in den Müll oder wo immer es hingehört. Manchmal ohne Kommentar, manchmal sagt er „Siehst Du, jetzt ist es aufgehoben“ und ich sage artig „Danke, ich freue mich“ und gut ist.

Grmpf. Druck erzeugt Gegendruck. Das Tao sagt, dass Nichtstun die Tat des wahren Kriegers ist – sei wie das Wasser. Und das gilt auch für mein Kind.

Wieso habe ich so lange gebraucht, um das zu kapieren? Und es passiert mir immer noch, dass ich genervt bin und will, dass er JETZT macht, was ich will, dass er es JETZT wegräumt, JETZT aufhebt, sich JETZT die Zähne putzen lässt…. Dabei weiß ich, dass ich niemals aggressiv zu einem aggressiven Kind sein soll. Seufz. Ich bin so Mensch…

Aber er übt geduldig mit mir, jeden Tag. Und zeigt mir jedes Mal, dass ich mich auf ihn verlassen kann, wenn ich den Mut habe, mich auf ihn zu verlassen. Daher versuche ich, mir an schweren Wegkreuzungen zu sagen „Druck erzeugt Gegendruck“ und dann einfachmaldieklappehalten tiiiiief durchatmen und waaaarten.

(Danke an meine Mama für dieses Mantra!)

(Was ist das Mama-Mantra? hier

weitere Mantras: Jeden Tag a bissle, Wasch Dich!, Habe ein Fertigessen, Tue es jetzt!, Dannistdashaltso.de, Routine ehren, Schau nicht auf den Baum!, Reffe! Jetzt!, Prioritäten-Liste, Erst das Wichtige…, Kind, Du bist nicht schuld, , Nichts ist weicher und stärker als Wasser, Diskutiere nicht mit einem müden Kind, Diskutiere nicht mit einem hungrigen Kind.)

Parenting Card: Gib deinem Kind Zeit, Neues zu lernen

time to learn

„Gibt deinem Kind Zeit, neue Dinge zu lernen.“

Hahaha. Eltern sollen weder vorzeitig in Panik ausbrechen noch krankhafte Verzögerungen übersehen. Wie macht man das, liebe Jan?

Unsere Kleine aß nicht. Der Große drehte sich nicht. Manch anderes Kind spricht nicht. Jedenfalls nicht dann, wenn es die Entwicklungstabellen vorschreiben. Für Eltern sind solche Situationen häufig mit Stress verbunden.

In der AP-Szene ist es ziemlich verpönt, sich Sorgen zu machen. „Lasst den Kindern ihre Zeit“, flötet es aus aller Munde. Wir rühmen uns, nicht an leistungsorientierten Gesprächen a la „meine dreht sich aber schon seit drei Tagen!!“ teilzunehmen.

Ich stehe voll hinter dieser Haltung. Und mahne doch zur Vorsicht.

Das Kind von Bekannten aß plötzlich keinen Brei mehr und hörte auf, sich zu drehen. Der Kinderarzt riet, mit mehr „Nachdruck“ zu füttern und motorisch etwas mehr herauszufordern. Die kluge Mutter holte sich eine zweite Meinung. Es kam heraus, dass das Kind an einer seltenen, schweren Krankheit litt.

Ein anderes Kind aß viel zu wenig und wuchs kaum. Damals hatte ich von Kindern keine Ahnung und sah hilflos zu, wie die Eltern in großer Sorge von Arzt zu Arzt liefen und schließlich ohne Ergebnis einfach resignierten mit der Aussage, dass das Kind wohl einfach wenig Appetit hätte. Mit dem, was ich heute weiß, hätte ich zumindest erzählen können, dass auch eine Bindungsstörung zu Essverweigerung führen kann.

Eine Blog-Leserin schrieb mich vor Monaten an, weil ihr 15 Monate altes Kind immer noch voll stillte. Ich antwortete vorsichtig und riet zu professioneller Hilfe – mit einer Gedeihstörung ist nicht zu spaßen. Es stellt sich heraus, dass das Kind seinen Zungenstreckreflex nicht abgelegt hatte, was offenbar schon durch eine starke Erkältung mit viel Schleim im Rachen ausgelöst werden kann. Der Reflex ließ sich logopädisch behandeln und schwups fing das Kind an zu essen.

Warten kann gefährlich sein. Oder wichtig.
Hier: 11 Monate lang so gut wie kein Interesse an Essen. Doch seit die Vorderzähne durchgebrochen sind, vertilgt sie schier unfaßbare Mengen an fester Nahrung… Der Große dreht sich spät, läuft spät – und ist jetzt im Kindergarten bekannt als extrem sicherer Kletterer, spielt souverän mit seinem Skateboard, ist motorisch kaum zu stoppen. Ein anderes Kind spricht ewig nicht – und haut dann von einem Tag auf den anderen ganze Sätze raus.

Der Grat ist schmal. Balanciert. Hört auf eure Intuition (es ist euer Kind, niemand kennt es so gut wie ihr), haltet Augen und Ohren offen, geratet auf keinen Fall in Panik. Informiert euch. Gebt eure Selbstverantwortung nicht am Anmeldetresen des Kinderarztes ab.

Gebt eurem Kind immer Zeit, neue Dinge zu lernen…

So macht Kochen mit Kindern Spass – heute: Brokkoli-Auflauf

Brokkoli-Auflauf zum Abendessen – schnell und lecker. Setzt die Kids nicht vor den Fernseher, nehmt sie mit in die Küche! Es macht Spass und hat mehrere Vorteile:

a) der Große kocht mit – und ist nicht außer Sichtweite (denn ist er außer Sichtweiter, macht er so kreative Sachen, wie sich mit dem klebrigen Rest des Läusesilikonzeugs zu übergießen – „ich dachte, das wäre Shampoo…?!“)

b) der Große isst mit – sein Schlachtruf ist ja derzeit: „Ich esse kein Gemüse!!!“, aber wenn er selbst gekocht hat, isst er auch Dinge, die er sonst verschmäht.

c) die Kleine schläft hinterher wie ein Bär (also: nach dem Essen), weil es einfach sooo spannend ist

d) Kochen ist wie Ergotherapie – die Kinder lernen unglaublich viel dabei.

Wer schon länger mitliest, kennt ja die „Therapeutischen Pancakes“ für unabgehaltene, schlecht gelaunte Kleinkinder.

Heute also Brokkoli-Auflauf. Man braucht: 250 gr. Nudeln, 1x Sowas-ess-ich-nicht-Brokkoli, Butter, viel Sahne, 1 Ei, 1 Mozzarella, etwas Gemüsebrühe, Überback-Käse (Gouda/Emmentaler), Kerzen, eine Prise Geduld, ca. fünf Wischlappen und ein bis zwei heiß geliebte Kinder.
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Parenting Card: Sei ein Beispiel – oder manchmal besser nicht

Be an Example

„Sei deinem Kind ein Beispiel“

Die Parenting Card dieser Woche erinnert mich daran, dass es laut Karl Valentin „keinen Sinn hat, Kinder zu erziehen, weil sie uns ohnehin alles nachmachen“.

Und es ist die richtige Card, um uns selbst immer und immer wieder, an die eigene Nase zu fassen:

Warum fährst Du deine Schwester schroff an? Warum schmeißt du die Sachen einfach so hin? Wieso willst Du bitte kurz vor dem Essen noch Schokolade??

Die schlechte Nachricht: Sie machen es, weil wir es tun. Weil wir manchmal die Kinder schroff angehen, weil wir auch mal nach Hause kommen und erschöpft alles fallen lassen, weil ich beim Kochen schnell was zwischen meine Zähne schiebe vor Hunger. Deshalb.

Weil sie nachmachen, was wir auch machen. Weil sie nachmachen, was ich mache. Weil sie nachmachen, was sie sehen/hören/fühlen.

Die gute Nachricht: Natürlich machen sie unsere „schlechten“ Eigenschaften und Angewohnheiten nach (Nutella…). Aber auch die guten!! Warum streichelt er seine Schwester liebevoll, wenn sie sich wehgetan hat, warum verschenkt er in Handtücher eingepackte Spielsachen, warum fragt er höflich „Kannst du mir bitte…“, warum hängt er immer, immer seine Jacke an den Haken? Weil ich’s auch mache.

Yeah.

Weitermachen. Die Veränderung leben, die man sehen will. Noch ne gute Nachricht: Es ist nicht alles verloren. Er hat aufgehört, seine Schwester blöd anzumachen als ich aus dem schlimmsten Schlafentzugstief raus war – und meinerseits nicht mehr so oft unwirsch wurde. Sie lernen schnell. Sie erholen sich mit uns von schweren Tagen.

Merke: Kinder sind großartig. Alles andere sind und bleiben: Benutzerfehler. Allen ein schönes WE!!

Babys: Laufen mit 9 Monaten?

Immer wieder höre und lese ich, dass Babys „in Afrika“ viel früher laufen als in Europa oder den USA. Aber wo genau? Und wie kommt das? Bisher konnte mir niemand etwas dazu sagen. Jetzt habe ich endlich eine Spur.

In meinem neuen Buch „Hunter-Gatherer Childhoods“ gibt es einen Aufsatz von Akira Tadara über Mutter-Kind-Verhalten bei den !Xun (einer Untergruppe der !Kung San).

Sie berichtet dabei von den Ju/’hoan und einer speziellen Gymnastik, die sie mit den Babys machen: Sie halten sie schon wenige Wochen nach der Geburt mehrmals täglich unter den Armen auf dem Schoß und lassen sie dort stehen oder auf und ab springen. Es soll die Babys beruhigen und erfreuen. Tadara schreibt, dass durch dieses „Training“ der Schreit-Reflex nicht verschwindet und die Kinder früher laufen lernen.

Bei uns heißt es immer, der Reflex würde mit ca. 3 Monaten einfach komplett verschwinden. Das stimmt offenbar nicht. Wenn man die Kinder „trainiert“, bleibt der Reflex erhalten. Die Forscher gehen davon aus, dass das Tragen und Trainieren der Kinder zu einer früheren Neuromotorischen Entwicklung führt (sie zitiert hierfür Konnor 1976). Möglicherweise ist das deshalb so wichtig, so mutmaßt Tadara, weil Kinder eines nomadischen Volkes eben getragen werden müssen und daher früher laufen lernen sollen (Seite 290).

Die Ju/’hoan selbst gehen davon aus, dass ein Kind nicht von sich aus Krabbeln, Sitzen und Laufen lernt, sondern dass man dafür etwas tun muss. Sonst bleiben die Knochen „weich“, so sagen sie. Bei uns ist es genau umgekehrt: Man soll die Kinder nicht zu früh hinstellen, weil die weichen Knochen das noch nicht schaffen, habe ich oft gehört. Bei uns heißt es außerdem, man könne die motorische Entwicklung nicht beschleunigen. Kann man offenbar doch. Die Kinder sind nicht einfach so schneller, sondern es liegt am Training, resümiert auch diese Studie aus Kenya.

Das Schlagwort ist offensichtlich „‘African Infant Precocity“ – die „Frühreife afrikanischer Babys“. Wenn man danach sucht, findet man reichlich Artikel und Studien. (Den hier fand ich spannend, weil er mal „von innen“ beschreibt, warum diese Frühreife offenbar mit zwei Jahren stagniert und dann westliche Kinder überholen.) Wer sich ausführlich damit beschäftigen will, ein ausführlicher, spannender Artikel steht hier.

Mein Eindruck insgesamt: Klingt ein bisschen wie die Debatte ums Sauberwerden. Westeuropa sagt: Geht von alleine – und dann dauert das Sauberwerden eben länger. Und Afrika sagt: Muss man früh trainieren – und dann geht’s mit dem Trockensein eben schneller.

Hm. Ist es beim Laufen genau so?

Montags-Mantra: "Jeden Tag a bissle"

Manchmal wächst es mir über den Kopf. Zuviele Dinge, zu große Aufgaben, zuviel zu tun. Dann hilft mir eine alte, freundliche kleine Weisheit meines geliebten Großvaters. Als er alt und gebrechlich wurde, fragte ich manchmal am Telefon: „Und? Wie schaffst Du es mit dem Garten?“ Und er antwortete stets ganz ruhig:

„Ach je…jede‘ Dag a bissle, so wird’s a g’schafft.“

Und so versuche ich es zu halten. Schritt für Schritt. Immer ein bisschen. Große Projekte sind auch nur viele kleine Projekte, die am Ende ein Ganzes ergeben.

Beispiel: Adventskalender. Selbst gebastelt. Wann bitte soll ich das schaffen? Das ist eine Aktion von Stunden! Also aufteilen. Am ersten Tag eine Liste machen. Am anderen Tag kaufe ich die erste Hälfte ein. Am nächsten Tag den Rest. Dann packe ich einen Teil an einem Abend ein, einen anderen Teil zwei Tage später etc…

Super Beispiel: Artgerecht-Projekt. Erst war es eine wilde Idee. Dann wurde es eine monströse, riesige, unübersichtliche Mindmap. Viel zu groß. Nicht zu schaffen. Dazu bräuchte ich 20 Angestellte, 1,2 Millionen Euro und Zeit für eine 50-Stunden-Woche. Hm. Was tun? Kleinhäckseln. Kleine Projekte draus machen. Erstmal bei der KfW ein Coaching beantragen. Anschließend ein Konzept machen. Mit den Workshops anfangen. Dann die Camps. Jetzt eine Website. Bisher ist sie ein 5 Seiten langes Creative-Briefing und wir finden eine Menge kleine Teufel in einer Menge Details. Macht nix. Eins nach dem anderen abarbeiten. Weitermachen. Jeden Tag ein bisschen.

So mache ich es auch, wenn ich z.B. etwas lernen will. Nur keinen Stress. Jeden Tag ein bisschen. Jeden Tag ein bisschen Rückengymnastik. Jeden Tag ein bisschen Fremdsprache. Jeden Tag ein bisschen mehr Geduld, ein bisschen mehr Ruhe, ein bisschen weniger Nutella. Und wenn es heute nicht geklappt hat – macht nix. Morgen wieder versuchen.

(Jeden Tag ein bisschen weniger Weihnachtsplätzchen futtern?? Solche Projekte fange ich gar nicht erst an ;))

Euch eine schöne Woche!!


(Was ist das Mama-Mantra? hier

weitere Mantras: Druck erzeigt Gegendruck, Jeden Tag a bissle, Wasch Dich!, Habe ein Fertigessen, Tue es jetzt!, Dannistdashaltso.de, Routine ehren, Schau nicht auf den Baum!, Reffe! Jetzt!, Prioritäten-Liste, Erst das Wichtige…, Kind, Du bist nicht schuld, , Nichts ist weicher und stärker als Wasser, Diskutiere nicht mit einem müden Kind, Diskutiere nicht mit einem hungrigen Kind.)

Parenting Card: Glaube an die guten Absichten

Good Intentions

Meine Parenting Card für diesen Freitag: Glaubt an die guten Absichten eurer Kinder (auch Babys. Sie weinen NIE, um euch zu manipulieren, sie haben immer ein echtes Problem).

Und wenn er seine Schwester haut? Dann muss er das Feedback kriegen, dass das keine Konfliktlösungsstrategie ist, er muss aber auch Verständnis kriegen für seine Wut über das kaputte Lego-Flugzeug. Eine Wut, die er nunmal noch nicht anders ausdrücken kann. Er muss lernen, anders damit umzugehen, aber er darf wütend sein.

Und wenn er mit Bleistift auf der Marmorplatte rumkritzelt? Dann kriegt er von mir die Info, dass das keine gute Idee ist, dass ich das schonmal erklärt habe und dass es mich ärgert, dass er es wieder vergessen hat. Und er kriegt einen Schwamm. Und dann machen wir das gemeinsam weg. Und dann kriegt er ein grooooßes Blatt Papier, auf dem er weitermalen kann.

Und wenn er sich morgens nicht anziehen lässt, genau dann, wenn ich es total eilig habe?
Dann habe ich glücklicherweise einen wunderbaren Mann an meiner Seite, der übernimmt. Denn dann bin ich im Stress und ich krieg das nicht ver-jesperjuult, aber ich weiß, dass es eigentlich mein Problem ist. Und ich sollte wissen, dass knapp Vierjährige keine Konzept von „es ist eilig“ haben, weil sie im Moment leben, im Jetzt und nicht im wir-müssen-gleich-am-Flieger-sein. Wenn er groß ist und ich ihm das Im-Jetzt-Sein mit meiner Hetzerei ausgetrieben habe, wird er viele Bücher lesen und es ggf. mühsam wieder lernen müssen. Seufz.

Ich weiß auch, dass das schwer ist. Daran zu glauben. Nicht dem was-soll-das??-Reflex zu verfallen. Und mir ist bewusst, dass viele Menschen denken, Kinder wären kleine manipulative, bösartig egoistische Monster.

Nix mit „sind so kleine Hände“ und so…. Der Alltag sieht anders aus. Kürzlich wurde mir das wieder bewusst. Ich hatte Besuch von einem – kinderlosen – Freund. Mein Kind wollte etwas zu trinken. Mein Kind bekam etwas zu trinken. Da sagte er zu meinem Sohn: „Na, Du hast deine Mama aber richtig gut im Griff.“ Ach so, jaja.
Später lieferte er noch weitere Perlen: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ (Autsch!!) und „Wenn Du nicht aufisst, dann scheint morgen die Sonne nicht“ (Interessant, ich dachte immer, das hätte was mit Hoch- und Tiefdruckgebieten zu tun…).

Aber wenn ich ehrlich bin: Ich weiß es ja eigentlich auch nicht. Ich kann ja auch nicht in Kinder reingucken. Vielleicht erzählt mir mein Sohn in dreißig Jahren was ganz anderes, schilt mich für meine Haltung oder lacht mich aus. Aber ich bleibe dabei und glaube weder an „um den Finger wickeln“, „auf der Nase rumtanzen“ oder „hat Dich im Griff“ (=Manipulation). Ich glaube – fühle, spüre, sehe, weiß, lese – dass mein Kind ein Mensch ist. Ein kleiner Mensch, aber ein ganzer Mensch. Er hat eigene Absichten, aber keine bösen.

Ich glaube überhaupt nicht an böse Absichten. Ich glaube, dass wir böse Absichten erst anerziehen. Indem wir sie ihnen unterstellen und die Kinder dann kooperieren. Oder indem wir sie dank unserer körperlichen und organisatorischen Überlegenheit kontrollieren und dominieren. Dazu später mehr, aber jetzt schon: Ich kann richtig sehen, wie mein Sohn auf sinnlose oder unmäßige Kontrolle mit Aggression und Rachegefühlen reagiert, die er sonst nie hat.

Es lohnt sich bei uns immer, an die guten Absichten der Kids zu glauben. Ich könnte unzählige Beispiele nennen. Ihr auch?