Eis oder nicht? T-Shirt oder Jacke? Machtkampf oder Selbstregulation? Und – sind das überhaupt Gegensätze? Ich bin mal wieder am grübeln. Anstoss ist die aktuelle Kurzfassung zum Thema: Erziehen für eine neue Welt in der Kindred.
Therese Graham Brett, die Autorin von Parenting for Social Change hat einen Artikel in der Kindred veröffentlicht, in dem sie darüber schreibt, was für sie „Adultismus“ ist. Ich hab ja gerade das Buch gelesen und vorgestellt und mein Kopf arbeitet an dem Thema.
Es geht um das Machtgefälle zwischen Eltern und Kindern. „Wir bringen unseren Kindern bei, eine Welt zu akzeptieren, in der der Stärkere den Schwächeren kontrolliert“, sagt sie. Und das tun wir mit jedem „das Gemüse wird aber aufgegessen!“ und „Du sagst jetzt sofort Danke, sonst gehst Du in Dein Zimmer!“. Auch dann, wenn wir kontrollieren, was Kinder essen, wie lange und was sie fernsehen und mit wem sie spielen.
Ich finde das ein super spannendes Thema. Denn bei einigen Punkten gehe ich total mit und doch finde ich das Konzept der totalen Selbstregulation schwierig.
Einerseits bin ich total dafür, dass es endlich aufhört, dass Kindern ALLES gesagt wird – was sie anzuziehen haben „rosa? Du bist doch kein Mädchen!!“, was sie essen („der Brokkoli wird aber probiert!!!“), wieviel („nimm doch noch!!“), wann sie schlafen sollen. Andererseits habe ich meine Bedenken gegenüber der totalen Selbstregulation.
Mein Sohn z.B. braucht schlicht einen Rahmen, wann er ins Bett geht, sonst schläft er nicht selig auf dem Sofa ein, sondern weint und weint und weint, weil er nicht „runterfährt“. Wir haben z.B. Süßigkeiten im Haus und sie sind frei zugänglich, dennoch bringe ich ihm bei, dass „Ich will Eis!!“ meist nur ein Zeichen des Körpers ist, dass er Hunger hat und dass er gerne ein Eis essen kann, wenn er vorher ein Brot gegessen hat (und dann will er in 90% der Fälle kein Eis mehr).
Auch das muss man lernen: Dass der Mund bei Unterzucker sofort schnellen Zucker will, dass der Körper aber auf Dauer andere Nahrung braucht. Bin ich also schon wieder keine unerzogen-Mutter?
Derzeit bin ich an diesem Punkt: Kinder sollen bei Tisch entscheiden, was und wieviel sie essen – von dem, was ich da aufgetischt habe. Der Große kann sich aussuchen, welche Filme er sieht – von denen, die wir angeschafft haben (aktuell: der kleine Maulwurf) und ich mache kein Hehl daraus, dass ich zuviel Filmguckerei nicht gut finde, er kann soviel Süßkram essen, bis er platzt – wenn er vorher Eiweiß oder langkettiges Kohlenhydratfutter in sich reingefuttert hat. Und bei uns klappt das gut, mittlerweile sagt er manchmal schon selbst: „Ich will ein Eis, aber erst nach dem Essen“. Und natürlich ist es nicht in Stein gemeißelt, wenn er nach Eis weint und das Essen noch dauert, dann kriegt er auch was, ich nasch ja auch, wenn ich vor Hunger schier umkomme… also alles so ein bisschen im Fluss…
Wie handhabt ihr das? Gibt es bei euch Regeln oder regelt sich alles von selbst?
Das Thema Adultismus war übrigens kürzlich in der Unerzogen behandelt, da hab ich den Begriff zum ersten Mal gehört.