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Montags-Mantra: Ist es not-wendig?

STEINHERZOft streiten wir um Nichtigkeiten. Mit anderen, mit den Kindern. Aber wie erkennen wir das? Meine Mama hat mir dafür ein perfektes Mantra beigebracht – für alle Situationen von der Erziehung bis zur Atlantik—Überquerung.

 

Frische Unterhose anziehen! Haare kämmen! Hausaufgaben machen! Nein, mit DEM Pulli gehst du nicht zum Schulgottesdienst! 

Lange war ich der Ansicht, dass bestimmte Dinge unverrückbar wichtig seien.

Und oft waren die Kinder völlig anderer Meinung. Doch, GENAU DER Pulli. Und dann stritten wir.

Wenn meine Mama in der Nähe war, hielt sie mich in meiner “Es muss aber”-ei kurz an, schaute mich liebevoll an und fragte ernst: “Nicola, ist das notwendig? Sprich: Wendet es eine Not, welchen Pulli das Kind heute trägt?”

Ich gebe zu: In 99% der Fälle diskutierte ich über Dinge, die keine “Not wendeten”. Für mich schien es in diesem Moment lebenswichtig. Manchmal wurden die banalsten Dinge so wichtig, als gäbe es kein Morgen. Ich führte mich auf, als würden wir auf hoher See darüber diskutieren, ob wir zuerst Kuchen essen oder zuerst das 2m große Leck im Vorschiff reparieren. Dabei ging es nur um den blöden Pulli. Oder die frischen Socken.

Wenn ihr das nächste Mal auf etwas besteht und es zu Streit kommt, fragt euch: Ist es not-wendig? Wendet es eine Not? Geht die Welt jetzt unter, wenn die verknatzte Vierjährige ihren Teller nicht in die Spülmaschine räumt oder darf jeder mal einen schlechten Tag haben und wir sind einfach mal ein Vorbild in Nachsicht und Güte (Studien zeigen: Nachsichtige Mütter haben sozial kompetentere Kinder).

Wendet es eine Not, was ich gerade verlange oder bin ich einfach nur dem – sehr deutschen – Erziehungsirrtum erlegen, dass alles, was wir einmal “durchgehen” lassen, all unsere Bemühungen komplett versaut? Und dann entscheidet von dieser Warte aus.

Das heißt nicht, dass wir immer den Tisch alleine abräumen. Und dass hier nie einer frische Socken anhat. Aber es heißt, dass wir unsere Anforderungen auch der Tagesform unserer Kinder anpassen dürfen: Gute Tagesform – frische Socken; schlechte Tagesform – zieh von mir aus halt die Liebingssocken von gestern nochmal an.

Außer natürlich, wenn wir mitten auf dem Atlantik sind. Dann flicken wir zuerst das Leck!

Anschläge in Paris: Wie ich mit meinen Kindern über den Terror spreche

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Was tun, wenn der Terror an die Tür klopft? Die Terroranschläge in Paris sind schon für mich als Erwachsene unfassbar. Noch schlimmer wird es, wenn meine Vierjährige die Zeitung in der Hand hat, auf das Titelbild zeigt und fragt: „Mama, was machen die da?“

Ich versuche das tunlichst zu vermeiden. Bei uns läuft nie unkontrolliert das Radio mit Nachrichten, geschweige denn ein Fernseher. Aber wir haben eine Zeitung. Wenn es also passiert, dass meine Kinder „schlimme“ Bilder sehen, lüge ich. Meistens. Und das aus gutem Grund.

Wenn meine Kinder Bilder von Tragödien oder Attentaten sehen und fragen, suche ich den Mittelweg zwischen Wahrheit und Schonung: „Da hat jemand geschossen. Das passiert ganz selten und die Polizei kümmert sich bereits darum, dass es nicht wieder passiert. Es war ein Mensch, dem es sehr schlecht ging.“ „Ist jemand gestorben?“ will sie dann oft wissen. Und wenn man dem Bild nichts anderes entnehmen kann, lüge ich gnadenlos: „Nein, mein Schatz, er hat nicht getroffen.“

Warum tue ich das?

Auf meiner Reise durch die USA bekam ich eine Ausgabe des Mothering Magazine in die Hand mit einem Artikel: „How to nurture a nature lover“ – wie man kleine Naturliebhaber bestärkt. Die Autorin sprach sich nach Erfahrungen in New York dafür aus, Kinder auf keinen Fall mit Roten Listen und aussterbenden Tieren zu bombardieren, weil sie dadurch viel zu früh ein Gefühl von Machtlosigkeit und „es ist sowieso zu spät“ bekämen. Lieber sollten wir den Kindern eine Verbindung, eine Liebe zur Natur ermöglichen, damit sie sich dann später, wenn sie groß genug dafür sind, für sie einsetzen können. Mir leuchtete es ein – ich konfrontiere ja auch keine Vierjährige mit den Schwierigkeiten meiner Ehe.

Dieser Ansatz wurde jetzt bestärkt durch Tamara Brennan, PHD und Psychologin, und ihren Artikel „Talking to our Children about World Tragedies“ .

Sie schreibt:
– Erlebnisse in der der frühen Kindheit bestimmen, wie sich das Nervensystem der Kinder entwickelt
– hier bildet sich die Grundstimmung („Baseline mood“) für den Rest ihres Lebens
– Mit einem Gefühl der Sicherheit aufzuwachsen, hilft Kindern, eine bessere Grundstimmung zu entwickeln
– So können sie ihr Leben besser gestalten
– Sie werden stärker, selbstwirksamer, mutiger

Sie sagt, 7-Jährige haben ähnliche Gehirnströme wie Menschen, die jahrelang meditieren – in der Rückschau ein Gefühl der „Unschuld“. Sie argumentiert, dass wir die Kinder besser nicht mit Schreckensnachrichten aus diesem Land der Seligen reißen bevor ihr Gehirn ausgereift ist. Denn mit dem „in Ruhe“ ausgereiften Gehirn können sie die Probleme, die wir ihnen hinterlassen, viel besser lösen.

Eine Kindheit in einem Gefühl der Sicherheit heißt nicht, die Kinder in Unwissenheit zu lassen. Mein 7-Jähriger Sohn weiß mehr über das Ökosystem direkt vor unserer Tür, hinter unserem Haus und in unserem Wald als die meisten Erwachsenen, die ich kenne. Wenn dieses Ökosystem Probleme bekommt, wird er vorbereitet sein.
Er weiß viel über Kommunikation und Konfliktlösung, über Integration und Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen – einfach weil wir viele Freunde überall auf der Welt, Muslime und Christen, Buddhisten und Esoteriker um uns herum haben und wir oft darüber reden, dass jeder etwas anderes glauben darf.

Mein Kind ist informiert. Aber ich werde ihm nicht von den Anschlägen in Paris erzählen. Nicht mehr als: Da hat jemand die Kontrolle verloren, aber die Erwachsenen regeln das. Genauso wie ich beim Einsturz des Daches sagen würde: Keine Angst, mein Kind, das Dach ist kaputt, aber ich regele das.

Auf diese Weise hat er alle Werkzeuge, die er braucht. Aber er wird nicht seine Kindheit damit verbracht haben, von hungernden Kindern, sich aufheizenden Planeten und schießenden Terroristen Angst zu haben. Angst entsteht, wenn wir nichts gegen eine Gefahr tun können. Also ermächtige ich ihn erst, stärke ihn, etwas zu tun, bevor ich ihn mit Problemen konfrontiere.

Damit aus Angst Aktion und Selbstwirksamkeit entstehen können. Es ist noch viel zu tun.

/edit:
Danke für eure vielen Sichtweisen! Um es nochmal klarer zu machen, wegen der vielen Kommentare: Ich schirme die Kinder nicht komplett von der Welt ab. Aber ich gebe ihnen auch nicht die ganze Wahrheit in all ihrer beängstigenden Brutalität. Wenn sie nicht fragen – dann sage ich nichts. Wenn sie fragen, sage ich ihnen, dass etwas passier ist, aber so, dass sie sich nicht ängstigen müssen: „Es passiert, nein, es war nicht so schlimm wie man denken könnte, und ja, wir Erwachsenen regeln das.“ Das ist auch irgendwie „lügen“, aber aus meiner Sicht ist es eine notwendige und sinnvolle Abschirmung. Ich würde meinen Kindern auch nicht die Details unserer … z.B. Familien-Finanzen ausbreiten, weil es einfach zu komplex für sie ist.

Kinder haben ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Punkt!

Jamie Oliver bestraft seine Tochter mit Chili, „weil sie frech war“. Der Chili-Gate geht durch die Medien. Oliver will Kindern gutes Essen nahe bringen und straft – hinterhältig und geplant wegen einer „Frechheit“ – sein Kind mit Essen?

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Das geht gar nicht. Das geht absolut gar nicht. Kinder haben ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Und auch wenn es nicht in alle Köpfe geht: das geht!!!

1. Strafen funktionieren nicht, Herr Oliver. Vergessen Sie es. Authentisches Gegenüber funktioniert, auch Konsequenzen („so können wir nicht losfahren, es geht einfach nicht!“) sind verständlich, aber meiner Ansicht nach ist die Strafe an sich ein völlig überholtes, falsches, gewalttätiges, sinnloses Erziehungsmittel.

2. Was Sie getan haben, ist auch aus meiner Sicht Kindesmisshandlung. Sich öffentlich damit zu brüsten, ist nicht nur ein PR-Lapsus – es ist ein erschreckender Blick in die Wirklichkeit unserer Zeit.

3. Aber am meisten schockiert haben mich die Berichterstattungen und Reaktionen in Deutschland – autsch!!

Ich bin heilfroh, dass es Frauen wie Susanne Baller gibt, die auf Stern.de schon vor der großen Empörungswelle schrieb:

„Das ist, gerade bei einem Koch, der genau weiß, was er tut, ein Fall von Kindesmisshandlung.“

Kinder haben ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Punkt! weiterlesen

Willkomen zurück, lieber Jesper!

Lieber Jesper,

2 Jahre – genau auf den Tag – nach Deinem letzten Auftritt im Babylon Berlin-Mitte fiel mir gestern die neue GEO Wissen in die Hände. Ich freute mich sehr, darin ein 5 Seiten starkes Interview mit einem aktuellen Foto von Dir zu finden.
Klar, Du schienst nie wirklich weg zu sein, konnte man Dich doch regelmäßig auf derStandard.at lesen. Aber ich denke, keiner von uns kann nur erahnen, welche körperlichen und psychischen Grenzerfahrungen Du in den letzten 2 Jahren durchleben musstest. Desto großartiger finde ich, dass Du Deinen persönlichen Weg gehst und Dich nicht trotz der Mühseligkeiten des Alltags aufgegeben hast. Sehr dankbar bin ich auch darüber, dass Deine Krankheit Deinen Kopf verschont hat und Du Deine Kompetenz, Impulse für Eltern bei der Beziehungsgestaltung zu ihren Kindern zu setzen, behalten hast. Denn seien es Deine Bücher oder auch Deine Auftritte in Berlin, sie haben mich maßgeblich beeinflusst und werden es sicherlich weiterhin tun.
Bei Dir findet man keine „7 Schritte zum perfekten Elternsein“, dafür aber Anregungen und Denkanstöße zur Selbstreflektion der eigenen Werte und des Handelns. Dein Hauptaugemerk liegt in der zwischenmenschlichen Beziehung und das im kleinsten Kreise, der Familie. Du weißt um die entscheidende Kleinkindzeit. Auch ist es Dir wichtig, hier eine klare und gleichwürdige Sprache zu haben.

Jesper Juul in GEO WISSEN
„Nutze deine Intelligenz, Neugier und Empathie, um dein Kind in den ersten drei Jahren seines Lebens kennenzulernen. Verbringe so viel Zeit wie möglich mit ihm; wir sollten die Erziehung nicht schon mit sechs oder zwölf Monaten Institutionen überlassen, etwa den Erzieherinnen im Hort. Wenn du nicht weiterweißt, frag dein Kind um Hilfe und Inspiration – kommuniziert miteinander! Achte auf die Botschaften deines Kindes, nicht nur auf das, was es sagt, und nimm das ernst. Gewinne Klarheit über dich selbst und versuche, du selbst zu sein, denn das hilft nicht nur in der Beziehung zum Kind, sondern in allen Beziehungen.“
– Jesper Juul

GEO WISSEN Nr. 54 S. 28 „Wie sollten Eltern mit ihren Kindern umgehen?“ 

Dir ist es nicht egal, wie wir miteinander umgehen, weil wir den sicheren Hafen der Familie oder auch einen anderen Ort, an denen wir ebenso bestmögliche Bindungen eingehen können, brauchen. Jeder Mensch – der kleine als auch der große – will gehört und gesehen werden, um selbstsicher und mit Vertrauen in die eigenen Stärken durch die Welt zu gehen. Dabei beachtest Du, dass jede Familie, jedes Elternteil seinen persönlichen Rucksack an Erfahrungen und Wertvorstellungen mit sich trägt. Mitgegeben werden dabei Wünsche und Hoffnungen, die auf die Heranwachsenden projiziert werden. Du schaffst es, dass sich Eltern statt zu Erziehern zu Begleitern entwickeln, die mit ihren Kindern wachsen und lernen.
Ich schätze Deine achtsame Haltung gegenüber jeder Person und Deine Weitsicht über das kleine Rädchen Familie hinaus für unsere Gesellschaft.

Dankeschön dafür, Jesper, und ein herzliches Willkommen zurück in den Mainstreammedien (wie es die GEO ist)!

Achtsamkeit und Empathie in der Gemeinschaft

+++++ FÜR KURZENTSCHLOSSENE IN BERLIN +++++

Leider wird man Jesper Juul aufgrund seiner Krankheit wohl eher nicht wieder auf einer Bühne sehen. Dafür ist morgen abend seine Kollegin Helle Jensen in Berlin und stellt ihr neues Buch vor:

Hell wach und ganz bei sich

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Infos zur Veranstaltung gibt es hier.

Ich bin schon sehr gespannt. Auch würde ich mich freuen bekannte Gesichter vom Artgerecht Treffen wiederzusehen.

Lies auch hier: Achtsamkeit auch nach der Kleinkindzeit

Remo Largo plädiert für die Vielfalt

Am 13. Dezember 2013 war ich mit Monique Reiter gemeinsam zur Veranstaltung von Reinhard Kahl im Gespräch mit Remo H. Largo in der Urania.

Wer bestimmt den Lernerfolg: Kind, Schule, Gesellschaft?

Der Schweizer Kinderarzt Remo Largo ist der Mann mit dem Überblick über die gesamte Vielfalt unter den Kindern, aber auch der Herr der kindlichen Entwicklung in Zahlen und Tabellen. Er weiß, wie die breite Entwicklungsspanne von Kindern ausschaut. Denn er betreute eine lange Zeit die große Schweizer Langzeitstudie (1954-2005) über die kindliche Entwicklung in Zürich.

Hier kommen jetzt ein paar Auszüge des Abends, die ich für mich mitgenommen habe:

Ein Kind zu erziehen – in dem Sinne, es dort hinzubringen, wo wir es haben wollen – ist nicht ideal.

Befriedigte Bedürfnisse sind für die Entwicklung von Kindern wichtig.

Es gibt eine Vielfalt auch unter den Menschen, nicht nur in der Tier- und Pflanzenwelt. Wir sind vielfältig. Jedes Kind ist ein Unikat.

Er zeigte anhand von Videos, dass man kleine Kinder (1-3 Jahre) überfordern kann, wenn man ihnen Aufgaben vorgibt, die sie noch nicht erfüllen können. Diese Kinder zeigten sich auf für sie schwierige Aufgaben abwesend oder aber auch bockig, trotzig. Schon eine Studie aus den 1970er Jahren zeigte, dass man Kinder nicht (früh-)fördern kann.

Alles, was Kinder lernen sollen, ist in den Kindern angelegt. Wir können nur das Umfeld gestalten. Wir können den Kindern nichts beibringen.

Auch zeigte er Videos von „auffälligen Kindern“. Wenn man diese aufforderte Dinge zu tun, die sie nicht oder kaum konnten, reagierten diese mit Unaufmerksamkeit und körperlicher Unruhe. Gab man ihnen aber eine Aufgabe, die sie begeisterte, waren sie wie ausgewechselt und machten den Eindruck, als wären sie ganz „normal“.

Die von ihm betreute Langzeitstudie brachte ebenfalls unter anderem hervor, dass es Kinder gibt, die brauchen 1000 Arm- und Beinbewegungen pro Stunde und die anderen 3000. Doch alles ist normal. Seiner Meinung nach sollte man schauen, wie man die kindlichen Bedürfnisse im Zusammenleben – aber auch in der Schule – integrieren kann. Er nannte das Beispiel einer Lehrerin, die einem Schüler mit viel Bewegungsdrang gestattete, wenn er merkte, er kann nicht mehr stillsitzen, sich zu melden, dass er dann aufstehen möchte um einmal die 5 Etagen des Schulhauses hoch zu stiefeln und zurück. Danach war dieser Schüler wieder aufnahmefähig und konnte dem Unterricht gut folgen.

Jedes Kind kann lesen und schreiben lernen – zu seiner Zeit und in seinem Tempo.

Deshalb findet Largo, dass man Kindern Angebote machen soll, die ihrem Entwicklungsstand entsprechen. Denn die Entwicklungsprofile sind so verschieden, wie es Kinder gibt. Und weil wir als Einzelwesen nicht überlebt hätten, profitierten wir Tausende Jahre von der Heterogenität der Gruppe. Jeder brachte seine persönlichen Fähigkeiten ein. Somit ist es heute die schwierige Aufgabe unserer Gesellschaft, alle Kinder mit ihren individuellen Fähigkeiten zu integrieren.

PISA war natürlich auch ein Thema. Hierbei brachte Reinhard Kahl ein, dass es eine verbreitete Vorstellung sei, die Kinder mit Wissen wie Fässer füllen zu müssen. Doch dies sei ein Irrtum laut Largo. Ein besseres Abschneiden im PISA-Ranking gelingt nicht durch noch mehr Wissensvermittlung. Denn die Lernsituation wird dadurch nicht besser, sondern schlechter. Dabei machen die Kinder die Erfahrung, sie können vieles nicht.

Es ist Quatsch den Kindern vorzuführen, wie schwach sie sind. Das ist demotivierend.

Im Laufe des Abends leitete Remo Largo den entscheidenen Lernerfolg über die Mitschüler her. Erst danach kommen die Lehrer und weit dahinter die Schule, Familie und andere.

Das Lernen kommt vom Kind aus. Wenn die Rahmenbedingungen gut sind, dann will jedes Kind lernen.

Ich fand den Abend sehr spannend. Auch bekam ich einige neue Denkanstöße im Umgang mit Kindern. Doch wenn es kein Gespräch zwischen Reinhard Kahl und Remo Largo gewesen wäre, dann hätte mich die Veranstaltung eher an eine Univorlesung erinnert: viele Zahlen und Diagramme.

Moniques Meinung zum Abend war folgende:

… Es wurden Studien aufgeführt, die sicher plausibel und durchdringlich waren. Es wurden Themen angerissen die durchaus wichtig und unbedingt ernst zu nehmen sind. Sinngemäß kam heraus, dass wir die Natur des Kindes und die Individualität des selbigen sehen müssen. Dann werden wir ihnen den Lernerfolg bescheren können, den sie brauchen.

Mir drängte sich eine einfache Frage auf. Nicht in einer Passage kamen Kinder zu Wort. Wir reden immer über Kinder aber zu wenig mit ihnen. Und wenn wir mit ihnen reden, hören wir ihnen dann richtig zu? …

Wer noch mehr Inhaltliches vom Abend in der Urania wissen möchte und sich von Zahlen und Darlegung von Studien nicht abschrecken lässt, dem sei wärmsten das Taschenbuch von den beiden Herren empfohlen: Wer bestimmt den Lernerfolg: Kind, Schule, Gesellschaft? – Remo H. Largo, Reinhard Kahl (Hrsg.)

Eigentlich ist es ganz einfach…

Gestern kam eine richtig gute Dokumentation auf arte:

Wenn Kinderseelen leiden

Dieser Film erarbeitet die schwere Thematik der psychischen Erkrankungen bei Kindern. Auch geht es um die Gesellschaft in der Kinder heute leben. Prädikat: sehr sehenswert!


Sehr berührend und gut gesagt fand ich die abschließenden Worte von Prof. Michael Schulte-Markwort, Klinikdirektor für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Eigentlich ist es ganz einfach.

Eigentlich muss man Kinder gar nicht erziehen.
Eigentlich muss man sie nur lieben. Man muss sich seiner Beziehung zu ihnen sicher sein und umgekehrt. Und man muss ihnen vorleben. Natürlich muss man auch manchmal Grenzen setzen.

Aber Erziehung heißt im Wesentlichen Vorleben.
Das heißt eine liebevolle Beziehung der Eltern vorleben.
Das heißt Vorleben, wie man Konflikte löst.
Das heißt Vorleben, wie man mit bestimmten Frustrationen umgeht.

Das heißt natürlich auch Aushalten. Kinder müssen Dinge ausprobieren.

Womit ich immer große Schwierigkeiten habe, ist eine grundsätzlich misstrauische Haltung Kindern gegenüber. So ein Satz wie „Wenn man denen den kleinen Finger reicht, wollen sie die ganze Hand“. Da kann ich nur sagen – entweder wollen das alle Menschen oder eigentlich gar keiner.

Meine Erfahrung ist, dass Kinder satt sind irgendwann.
Aber man muss sie auch satt machen. Man muss dafür sorgen, dass sie auch satt sind. Und sie müssen in allen Bereichen satt sein.
Sie müssen körperlich satt sein im Sinne von Hunger und Durst, sie müssen natürlich auch kognitiv satt werden im Sinne geistiger Anforderungen. Und sie müssen psychisch satt sein, indem sie sich ausreichend geliebt fühlen.

Und alles was sich künstlich drum herum rankt ist am Ende auch künstlich.

Sehr schwere Kost, aber nicht weniger sehenswert, war auch die danach folgende Sendung: Ich will ja gar nicht sterben. Ein 11-jähriger Junge und ein 17-jähriges Mädchen werden über einen längeren Zeitraum während der Therapie ihrer Depression begleitet.

Lies auch hier: Mehr als Babyblues?

Ein kreatives Kind

Julia Dibbern hatte vor gar nicht langer Zeit einen kleinen Aufruf für ihren Sohn auf facebook gestartet, den ich Euch nicht vorenthalten mag:

Nachdem mehrere Lieblingspullis meines Sohnes definitiv zu klein geworden sind, mussten wir eine Lösung finden, sie nochmal zu bekommen. „Mama, die können wir doch bei diesem Laden da im Internet reinstellen“, hat er gesagt. Genau das haben wir dann auch gemacht (nach und nach machen wir den Shop dann noch richtig schick.) Guckt mal rein! Es sind tolle Sachen dabei, von der fröhlichen Umhüllung des Babybauches bis zum Teenie-Shirt. Mit jedem Kleidungsstück, das Ihr kauft, unterstützt Ihr einen kleinen Unternehmer, der sich damit die Ausrüstung für seine Feuershow zusammensparen will.

freefrog.spreadshirt.de

Das sind doch echt richtig coole T-Shirts, die Julias Sohn gestaltet hat. An denen kann man sehen, wie wunderbar kreativ halbwegs artgerecht gehaltene Kinder werden können.

Ich mach dann mal Karriere…

… mit 50 Jahren.

Vor Kurzem gab Familienministerin Kristina Schröder kleinlaut zu, dass sie es bereut 3 Monate nach Geburt ihrer Tochter wieder zurück an ihren Arbeitsplatz gekehrt zu sein.

Gestern las ich online das Interview mit einer Managerin bei TAZ online: Managerin über Frauen und Karriere – „Machen wir uns nichts vor“

Der Pressegrundtenor ist also derzeit: Karriere und Familie – an einer Stelle muss man(n)/frau wohl Abstriche machen.

Aber auch: stürzt man sich in die Arbeit ist man eine Rabenmutter, legt man den Schwerpunkt auf Familie ist man eine gluckende Hausfrau.

Meine Erfahrungen aus diversen Gesprächen bei Treffen und mit Freundinnen ist, FRAU will für ihre Kinder da sein, aber sich auch selbstwirksam und wertgeschätzt fühlen. Nebenbei muss meistens noch die Haushaltskasse im Auge behalten werden. Die jeweilige Traumvariante ist oft nicht möglich.

Das ist bei mir nicht anders. Der Druck vom persönlichen Umfeld ist hin und wieder gefühlt hoch: „Wann fängst Du endlich mit Arbeiten an?“ „Wie lange willst Du noch weiter auf Studentenniveau leben?!“ „Du willst in Teilzeit arbeiten? Wir haben es auch mit Kindern in Vollzeitarbeit geschafft“ „Was?! Facharzt ist erst in 10 Jahren Dein Ziel?“ *bla-blub-bla*

Karriere und Familie

Also wie schafft man den Balanceakt oder auch Spagat zwischen Familie und Karriere?

Wie managt Ihr Familie und Arbeitswelt? Habt Ihr einen Masterplan?
… oder verlegt Ihr den Karrierestart gleich bei einem positiven Schwangerschaftstest nach den 50. Geburtstag?!

EDIT: Hier kommt noch eine kleine Definition, was ich unter Karriere verstehe. Für mich bedeutet Karriere selbstbestimmt einen erfüllenden Job nachzugehen, der hoffentlich angemessen bezahlt wird.

Lies auch hier: Badinter: „Der Konflikt“ – Karriere und AP als Widerspruch