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Ich mach dann mal Karriere…

… mit 50 Jahren.

Vor Kurzem gab Familienministerin Kristina Schröder kleinlaut zu, dass sie es bereut 3 Monate nach Geburt ihrer Tochter wieder zurück an ihren Arbeitsplatz gekehrt zu sein.

Gestern las ich online das Interview mit einer Managerin bei TAZ online: Managerin über Frauen und Karriere – „Machen wir uns nichts vor“

Der Pressegrundtenor ist also derzeit: Karriere und Familie – an einer Stelle muss man(n)/frau wohl Abstriche machen.

Aber auch: stürzt man sich in die Arbeit ist man eine Rabenmutter, legt man den Schwerpunkt auf Familie ist man eine gluckende Hausfrau.

Meine Erfahrungen aus diversen Gesprächen bei Treffen und mit Freundinnen ist, FRAU will für ihre Kinder da sein, aber sich auch selbstwirksam und wertgeschätzt fühlen. Nebenbei muss meistens noch die Haushaltskasse im Auge behalten werden. Die jeweilige Traumvariante ist oft nicht möglich.

Das ist bei mir nicht anders. Der Druck vom persönlichen Umfeld ist hin und wieder gefühlt hoch: „Wann fängst Du endlich mit Arbeiten an?“ „Wie lange willst Du noch weiter auf Studentenniveau leben?!“ „Du willst in Teilzeit arbeiten? Wir haben es auch mit Kindern in Vollzeitarbeit geschafft“ „Was?! Facharzt ist erst in 10 Jahren Dein Ziel?“ *bla-blub-bla*

Karriere und Familie

Also wie schafft man den Balanceakt oder auch Spagat zwischen Familie und Karriere?

Wie managt Ihr Familie und Arbeitswelt? Habt Ihr einen Masterplan?
… oder verlegt Ihr den Karrierestart gleich bei einem positiven Schwangerschaftstest nach den 50. Geburtstag?!

EDIT: Hier kommt noch eine kleine Definition, was ich unter Karriere verstehe. Für mich bedeutet Karriere selbstbestimmt einen erfüllenden Job nachzugehen, der hoffentlich angemessen bezahlt wird.

Lies auch hier: Badinter: „Der Konflikt“ – Karriere und AP als Widerspruch

Badinter: "Der Konflikt" – Karriere und AP als Widerspruch

Ach, ich liebe Bücher, die mich aufwühlen, die mich ärgern, bei denen mir der Mund offensteht, die mich zum Nachdenken anregen – und das neue Werk der französischen Philosphin Elisabeth Badinter „Der Konflikt. Die Frau und die Mutter“ ist so eines. Ich darf die Zusammenfassung vom Perlentaucher verwenden:

Frauen sollten wieder zurück zu Heim und Herd. Diesmal nicht, um den Mann zu umsorgen, sondern das Kind. Unter dem Banner der Natürlichkeit werden die Ansprüche an die gute Mutter so in die Höhe geschraubt, dass Frauen ihre Freiheiten wieder zu verlieren drohen, fürchtet Elisabeth Badinter.

Ein Interview im Spiegel hier, Artikel der taz sieht uns am „Zügel von Mutter Natur“, die FR schreibt, Badinter wolle Frankreichs Frauen vor der Öko- und Stilllobby schützen.

Soweit, so gut. Badinter wendet sich im Prinzip gegen das Attachment Parenting – das in diesem Blog ja das Thema ist – und verurteilt es als Versuch, den Frauen die Segnungen des Feminismus zu entreißen und sie mit Hilfe der Babies wieder aus den Büros zu holen und zu Hause anzuketten.

Seit fast drei Jahren recherchiere ich nach Gegenargumenten gegen die Ideen des AP und bin bisher kaum fündig geworden. Endlich weiß ich, warum: Weil es offenbar wissenschaftlich gesehen (außer beim Co-Sleeping und der SIDS-Debatte) kaum Gegenargumente gibt. Die schärfsten Kritiker des AP kommen von der ideologischen Seite und hier vor allem vom Feminismus. Ich war zunächst sehr überrascht darüber, denn auch ich habe während meine Politikwissenschaftsstudiums natürlich feministische Schriften gelesen und bearbeitet und hatte eher das Gefühl, dass AP dessen Ziele gerade unterstützt. Ich fühlte mich mit einem getragenen, gestillten, windelfreien Baby viel freier, unabhängiger, weiblicher, gleichwertiger als ich es mit einem „Mainstream-Baby“ gewesen wäre, das mein Nomaden-Ich u.a. ja gezwungen hätte, mit 60 Kilo Reisegepäck umherzuziehen und immer in der Nähe eines Fläschchensterilisators zu bleiben.

Was ich dabei völlig übersehen habe: Feminismus kann auch bedeuten, dass es wichtig für die Frau ist, das Kind möglichst schnell abzugeben. Möglichst schnell abstillen, weggeben und dann wieder kindfrei ins Büro/ins Kino/ins Fitnessstudio können. Und dann ist AP natürlich ein Schuldgefühl-Katalsysator par excellence.

Und genau so liest sich auch die Literatur derer, die dagegen anschreiben. Ob es „Perfect Madness“ ist oder jetzt „Der Konflikt“ – mir fällt vor allem immer wieder auf, dass es in diesen Büchern an wissenschaftlichen Argumenten volkommen fehlt. Badinter wendet sich vehement gegen das Stillen, muss aber doch selbst schreiben: „Die physischen und psychischen Vorteiles für das Baby sind seit Langem bekannt“ (S. 84, deutsche Ausgabe). Sie singt ein Loblied auf die PDA unter der Geburt, weil sie „den extremen Schmerzen während der Geburt ein Ende setzte“ und verhöhnt alle, die sich dagegen wenden – aber sie lässt galant unter den Tisch fallen, welche rein medizinischen Nachteile dieser Eingriff in die Geburt hat. Während sie sonst gerne mit Statistiken und Studien um sich wirft, bleibt sie hier still.

Es geht offenbar nicht um die Frage, was gut ist für die Babys. Diese Frage stellt Badinter kein einziges Mal. Im Gegenteil. Im Kapitel „Die Herrschaft des Babys“ schreibt sie: „Das unschuldige Baby wurde – wenngleich nicht willentlich – zum stärksten Alliierten der männlichen Herrschaft“. Und deshalb müssen wir ihm leider die Dinge entziehen, die es braucht, denn wir dürfen uns als Frauen dieser Herrschaft auf keinen Fall beugen.

Was mich wundert, ist, dass dies eine Argumentation ist, der man genauso unterstellen könnte, dass sie die Frau ebenfalls nur wieder in die Prinzipien der männlichen Welt einpresst, ohne nach ihren Bedürfnissen zu fragen. Stillen ist schlimm, weil es der Karriere schadet – wenn aber Karriere gar nicht das vorrangige Ziel der Frau ist? Co-Sleeping ist schlecht, weil die Frau dann weniger Lust auf Sex hat – was aber, wenn das a) gar nicht unbedingt der Fall ist (sie zitiert keinerlei wissenschaftliche Belege und rein praktisch weiß jeder, dass es neben Betten ja auch Sofas und andere Orte in der Wohnung gibt…) und b) ist das doch wieder die Argumentation, dass die Frau als Ehefrau bitteschön recht bald wieder zur Verfügung zu stehen habe.

„Die Zerbrechlichkeit von Beziehungen und die heutige Bedeutung der Sexualität als Beziehugnsktt werden schweigend übergangen.“ (S. 120). Hier lese ich heraus: Wir sollen die Babys – obwohl es für die Babys eindeutig von Nachteil ist! – frühzeitig abstillen und von ihnen getrennt schlafen (also nachts drei Mal aufstehen, um ein weinendes Baby zu beruhigen!), damit wir bald wieder Lust auf Sex haben und damit sicherstellen, dass uns der Mann nicht abhaut? Ist das Emanzipation?

Mir ist überhaupt nicht klar, was das mit Feminismus und Emanzipation zu tun hat. Könnte mich bitte jemand aufklären?

Auf Seite 122 hingegen schreibt sie selbst, was diese Art von Emanzipation möglicherweise mit den Kindern der vorigen Generation gemacht hat: „Vielleicht muss man darin (in der Kritik der Töchter an den emanzipierten Müttern, Anm. d. Verf.) folgenden Vorwurf hören: Du hast alles für deine Unabhängigkeit geopfert, auch mich. Du hast mir nicht genug Liebe geschenkt, nicht genug Fürsorge und nicht genug Zeit.“ Badinter will damit erklären, wie es überhaupt zu den „Rückschritten“ der aktuellen Entwicklung zurück zu Stillen, Tragen, Familienbett und im ersten oder sogar zweiten Jahr zu Hause bleibenden Müttern kommen konnte: Die Töchter wollen es anders machen. Weil sie – so Badinter selbst! – unter der Emanzipation ihrer Karrieremütter gelitten haben.

Was mich wundert bei der ganzen Debatte: Es geht nie darum, wie man den Konflikt lösen könnte. Es geht nirgends darum, dass bestimmt mehr Mütter ihre Kinder gerne auch früher betreuen lassen würde, wenn es vernünftige Betreuung gäbe. Was ich unter „vernünftig“ verstehe, steht in der nächsten „Unerzogen„. Es bedeutet auf jeden Fall, dass wir nicht einfach nur mehr Krippen- und Kitaplätze brauchen, sondern auch besser ausgebildetes und bezahltes Personal, bessere Betreuungsschlüssel, bessere Konzepte.

Stattdessen schreiben die einen: Die Mutter muss alles aufgeben für ihre Kind. Und die anderen kontern: Die Babys müssen damit klarkommen, dass ihre Mütter lieber Karriere machen. Wo, liebe Welt, ist der Mittelweg? Wo ist unser Konzept für artgerechte Haltung – für Mütter UND Babys?