Wie schon im Posting „Attachment Parenting funktioniert nicht“ erzählt, haben wir ein Zahnputzproblem gehabt. Lange. Immer wieder. Das Problem bestand schlicht darin, dass ICH zwei Mal am Tag die Kinderzähne putzen wollte, DAS KIND das aber überhaupt nicht einsah. Wie ich in Foren lese, haben das Problem viele: Kleinkind will keine Zähne putzen. Was tun? Ich habe keine Tipps, keine Liste. Aber eine Geschichte, wie wir das gelöst haben.
Wir hatten nämlich schon alles probiert, was man so in den Foren liest.
Wir haben gesungen.
Wir haben Spass gemacht.
Wir haben einen Wettbewerb draus gemacht.
Wir haben es gemeinsam gemacht.
Wir haben eine elektrische Zahnbürste gekauft.
Wir haben getanzt.
Wir haben erklärt.
Wir haben einschlägige Literatur gekauft.
Wir haben „Karius und Baktus“ angehört (GRAUENHAFT!! Beim zehnten Mal kommt mir das… und ich will selbst nicht mehr Zähne putzen und nicht mehr Eltern sein…)
Wir haben…
Ich weiß schon nicht mehr, was wir alles gemacht haben. Es half zwar immer kurzfristig, aber es nutzte sich auch ab. Immer wieder mussten neue Ideen her. Gute Freunde erklärten mir, dass sie ihren Kindern schlicht die Wahl lassen: „Mit Dir oder gegen Dich“. Sprich: Mit Festhalten und „einfach putzen“, ein Euphemismus für „mit Gewalt putzen“. Ich habe das probiert. Mehrmals. Es waren die schlimmste Momente meiner Elternzeit. Nie wieder.
Aber was dann? Wir waren auf Mallorca und er wollte mal wieder nicht putzen. Beziehungsweise ließ er sich eine Stunde lang jeden Abend bitten/überreden/überzeugen. Ich hatte keine Lust mehr. Welche Affenmutter hat soviel Zeit? Ich fühlte mich nicht artgerecht gehalten. Ich war genervt. Aber Zähneputzen ist auch nicht artgerecht, ich weiß.
Da kam der Mann auf eine geniale Idee: Artgerechte Selbstregulation. Aber Selbstregulation nicht im Sinne von „soll er halt selbst entscheiden“, denn das kann er unserer Meinung nach nicht überblicken und dazu sind mir die Zähne zu wichtig. Wenn er draußen nass wird z.B. ist Selbstregulation ne prima Sache, er zieht seine Jacke mittlerweile meist klaglos an, nachdem er auf dem Balkon war und gemekrt hat, dass es regnet. Aber die Zähne? Kam nicht in Frage.
Also haben wir Selbstregulation mit Logik kombiniert. Das geht so:
Wir haben (der Mann hat) ihm erklärt: Du musst keine Zähne putzen. Wir putzen nur Zähne – anders als z.B. die Affen – weil wir soviele Kohlenhydrate und Zucker essen. Wenn Du das nicht isst, musst Du nicht putzen. In Kindersprache übersetzt hieß das: „Wenn Du morgen ein Honigbrot zum Frühstück willst, müssen wir heute die Zähne putzen. Wenn nicht, dann nicht.“ „Dann darf ich nur Salat essen?“ war die Antwort. „Naja, nur Dinge, die die Zähne nicht kaputt machen, Salat, Gurke und so“. Das verstand er. Ich gestehe, dass wir Nudeln und Brot aus der Liste genommen haben, damit uns das Kind nicht verhungert. Es ging also um Honigbrot, Eis, unsere persönliche Zahnkillerliste.
Er hat drei Tage lang tapfer, ohne zu murren und ganz deutlich erklärt, er wolle kein Honigbrot und auch nicht putzen. Wir ließen ihn. Nach dem Frühstück gab es eine zweite Option: Willst Du nachher am Strand ein Eis? Dann müssen wir jetzt Zähne sauber machen. „Nein, ich will kein Eis.“ Okay. Und am Strand verlangte er dann ganz cool ein Stück Gurke, während alle anderen ein Eis aßen. Kein Getobe, nichts. Er wusste ja, warum, so schien es mir.
Am vierten Tag beschloß er: „Ich will ein EIS! Ich will Zähne putzen!“ Und er putzte. Seitdem putzt er an 9 von 10 Tagen. Und wir diskutieren abends nicht mehr, sondern fragen nur noch: „Wie siehts heute aus? Willst Du putzen?“ Und dann entscheidet er.
Noch etwas hat geholfen: Der Mann hat das putzen übernommen, das vorher 100% mein Job war und sich auch schon ziemlich zwischen mir und dem Großen festgefahren hatte. Und er darf jetzt immer ERST selbst putzen und DANN putzt einer nach.
Ich weiß nicht, ob das noch „unerzogen“ ist. Ob das eine fiese andere Manipulation ist. Wie seht ihr das? Wir fühlen uns wohl damit – vor allem, weil wir die „Konsequenz“ nicht durchsetzen müssen, sondern sie offenbar so logisch ist, dass er das ganz leicht nimmt und von selbst erklärt: „Nee, heute will ich gar keinen Honig ins Müsli, ich will nur nicht putzen.“ Hmmm…egal. Es funktioniert. Ich bin nicht mehr jeden Abend genervt. Und wir machen es nicht mit Gewalt. Das ist auf jeden Fall richtig für uns!
Wie habt ihr das gelöst – wenn ihr das Problem hattet?