Jede Familie hat ihre Windelfrei-Version!

Julia schrieb mir: „Ich war lange Zeit insgeheim enttäuscht, dass es bei uns nicht so richtig geklappt hatte mit dem windelfrei. Aber mittlerweile bin ich ganz froh über unsere Version. Als ich gelesen habe, dass es euer Anliegen ist, zu zeigen wie unterschiedlich wir alle Windelfrei handhaben, hat mich das motiviert diesen Bericht zu schreiben und beizutragen.

Und hier kommt ihr Windelfrei-Erfahrungsbericht für unsere Serie:

Wie bist Du zu Windelfrei gekommen?
Eine Freundin hatte mir davon erzählt. Damals fand ich das ein bisschen merkwürdig… Als ich schwanger wurde, erinnerte ich mich daran und las Ingrid Bauers „Es geht auch ohne Windeln!“. Ich war nach den ersten Seiten hellauf begeistert und nahm mir fest vor, es mit meinem Baby auszuprobieren.

Wie alt war dein Kind, als Du mit Windelfrei angefangen hast?
Ca. 2 Wochen alt. Vorher hatte ich immer den Schlüssellaut gemacht, wenn ich merkte, dass gerade etwas Größeres in die Windel ging. Als mein Sohn etwa 14 Tage alt war, habe ich begonnen ihn immer beim Wickeln (nach dem Stillen) über eine kleine Plastikschüssel zu halten und machte dabei den Signallaut. Das war auf Anhieb erfolgreich. Pipi ging weiterhin in die Windel, das habe ich zunächst nicht versucht abzuhalten, denn es war Winter und mein Neugeborenes war gepuckt ? da wollte ich ihn nicht ständig an- und ausziehen. Im dritten Monat habe ich ihn dann öfters nackig auf eine Decke gelegt und beobachtet. Ansonsten habe ich in dieser Phase Stoffwindeln ohne Überhose oder MokoMini verwendet. Ich konnte jedoch nach drei Wochen des Übens immer noch keine eindeutigen Signale fürs Pipi erkennen. Das hat mich frustriert. Als ich darüberhinaus noch merkte, dass es mich zunehmend nervte und störte, alle paar Minuten meine Tätigkeit zu unterbrechen, um zu probieren, ob er muss oder ihn umzuziehen, habe ich Windelfrei erst mal sein gelassen. Das Abhalten des großen Geschäftchens habe ich jedoch beibehalten – bis heute. Ich merke es entweder an seinem Signal (er pupst) oder ich weiß es einfach von seinem Rhythmus her (der ändert sich allerdings interessanterweise mit jedem Entwicklungsschub). Ich lasse ihn täglich für mindestens 20 Minuten ohne Windel spielen und krabbeln; eventuelle Pfützen werden aufgewischt. Für uns ist das eine gute Lösung so. Wir praktizieren zwar nicht das klassische Windelfrei? (Gibt es das überhaupt?) Mein Sohn trägt die meiste Zeit des Tages und nachts Wegwerfwindeln. Aber er muss zumindest nicht in seinen Exkrementen liegen und ich muss ihn nicht daraus befreien.

Wie viele Windeln hast Du vorher pro Tag verbraucht (Durchschnitt)?
Das weiß ich nicht mehr genau. Schätzungsweise 5-8 Stoffwindeln.

Wie viele Windeln verbrauchst Du derzeit und wie alt ist Dein Kind mittlerweile?
5-6 Wegwerfwindeln; 7 Monate alt

Nutzt Du auch andere Backups?
Nein.

Hattet/habt ihr Probleme mit Wundsein?
Nein.

Welche Standardsituationen probierst Du aus?
Für das große Geschäft immer vormittags und meistens nach den Mahlzeiten. Sein Rhythmus ist nicht immer gleich. Meistens weiß ich es einfach durch den zeitlichen Abstand zum letzten Abhalten oder durch sein Signal oder weil ich den Eindruck habe, es könnte mal soweit sein. Es ist aber auch mindestens ein Abhalten am Tag dabei, wo ich mich getäuscht habe und wir beide feststellen, dass er nicht muss. Das gehört auch dazu.

Wann klappt es am besten?
Vormittags und nach den Mahlzeiten.

Wie viele Minuten (circa) hast du Zeit, um dein Kind abzuhalten (wenn es z.B. gerade aufgewacht ist oder wenn es Zeichen gibt)?
5 Minuten mindestens (beim großen Geschäft).

Was benutzt ihr als Töpfchen, wenn ihr eines benutzt?
Anfangs hielt ich ihn über einer kleinen Plastikschüssel über den Wickeltisch ab. Seit etwa dem 6. Monat macht er in die Toilette (wir setzen uns gemeinsam in verkehrter Richtung drauf).

Wie schätzt Du die Arbeitsbelastung ein?
Definitiv weniger Arbeit! Ich muss nicht mit mehreren Feuchttücher am Popo herumwischen, bis alles entfernt ist. Auch entfällt (nicht zu unterschätzen!) der Gestank beim Wickeln oder aus dem Mülleimer.

Hat sich in deiner Kindes-Wahrnehmung etwas verändert, seit ihr Windelfrei macht und was?
Ja, die Kleinen sind in Bezug auf ihre Ausscheidungsbedürfnisse viel bewusster, als ich vorher gedacht hatte und gar nicht so hilflos. Mit ein bisschen Unterstützung kann mein Kind ganz gut für sich sorgen und muss nicht einmal für kurze Zeit in einer vollen miefigen Windel liegen. Ich habe das Gefühl, dass mein Sohn dadurch irgendwie würdevoller Baby sein kann.

Es fiel mir in den ersten Wochen nach der Geburt zunächst schwer, den intuitiv-fühlenden, mütterlichen Teil in mir zu finden und ihm Raum zu geben. Windelfrei zu probieren hat mir dabei wesentlich geholfen. Das Achtgeben auf subtile Signale, die mein Kind aussendet… diese andere Art von Kommunikation… und dieses schöne Gefühl, wenn es mit dem Abhalten wieder einmal geklappt hat. Freude über unsere Verbundenheit.

Hast Du einen heißen Tipp für Windelfrei-Mütter in der gleichen Situation?
Wie man an meinem Beispiel doch ganz gut sehen kann: Der Weg ist das Ziel. Klar hatte ich mir das in der Schwangerschaft alles ganz einfach vorgestellt: Wenn ich einmal die Signale kenne, dann halte ich mein Kind einfach immer ab und es braucht keine Windeln. Dann habe ich mich auf den Weg gemacht und es war doch nicht so unkompliziert für mich, wie ich es mir gewünscht habe. Aber auf dem Weg hat sich eine für uns passende Version entwickelt und vor allem habe ich ganz viel über mich selbst und mein Kind gelernt. Es gibt kein Ganz oder Garnicht! Mit Windelfrei lassen sich ganz individuelle Wege finden. Ein Versuch ist es auf jeden Fall wert!

Vielen herzlichen Dank!

Ein Gedanke zu „Jede Familie hat ihre Windelfrei-Version!

  1. Hallo, danke für deinen Beitrag.. du sprichst mir aus der Seele, mir gehts genau so.. wir machen auch meistens nur stinker ins Töpfchen.. und mir gehts besser, seit ich meinen persönlichen Ehrgeiz überwunden habe.. bin froh, das es anderen auch so geht 🙂

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