Zuerst: Liebe Nicola! Vielen lieben Dank für die liebe Vorstellung meiner Person und das Vertrauen in mich als Co-Autorin! 🙂
Als begeisterte ehemalige und immer noch Tragemama – ja, meine 3 1/2 Jahre alte Tochter mag müde nach dem Kindergarten gerne huckepack heimgetragen werden – stieß ich vergangene Woche auf einen doch recht interessanten Artikel: Baby bei Minusgraden am Körper tragen. Mein Trageherz schlug sofort vor Freude schneller…
Ursprung dieser Aussage ist Prof. Dr. med. Joachim Gardemann, der seine Empfehlung für die DRK-Wintertipps für Eltern abgab.
Neugierig schrieb ich Herrn Gardemann eine Mail, um den Hintergrund seiner Trageempfehlung zu erfahren:
Lieber Herr Gardemann,
derzeit geht Ihre Empfehlung „Babys immer am Körper tragen!“ über die DRK-Wintertipps für Eltern herum.
Ich möchte Sie gerne fragen, wie Sie zu dieser Aussage kamen. War es rein aus praktischer Sicht, wie man Kinder bei der winterlichen Witterung warmhalten kann? Oder steckt noch mehr dahinter? Denn eine gängige Empfehlung von Kinderärzten ist sie meines Erachtens nicht.
Ich interessiere mich sehr für das Thema Eltern-Kind-Bindung, speziell dem Bonding im ersten Lebensjahr. Dabei, denke ich, kann das Tragen eine sehr wichtige Rolle einnehmen, um eine bindungs- und bedürfnisorientierte Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind zu stärken. Somit freue ich mich über jede subtile Empfehlung zum Tragen.
Ich würde mich sehr über Ihre Gedanken und persönliche Meinungen dazu von Ihnen freuen!
Mit freundlichen Grüßen
C. Baris
Sehr erfreut bekam ich schnell eine Antwort von ihm:
Sehr geehrte Frau Baris,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage, seit 17 Jahren bin ich als Pädiater oftmals in Auslandseinsätzen des Roten Kreuzes gewesen. Überall tragen Mütter ihre Babys am Körper, das hat viele Vorteile, natürlich auch die Ausbildung einer engen Bindung, aber auch ganz banal die Körperwärme. Ich erinnere mich noch an den Kosovo-Krieg 1999, wo junge Mütter bei eisigen Temperaturen an der Grenze zu Mazedonien auf dem nackten Erdboden schlafen mussten, damals haben wir auch empfohlen, die Babys am Körper zu tragen.
Für uns vom IKRK-Feldkrankenhaus gibt es auch einen Leitsatz:
„The only Incubator used in a field hospital is the mother.“
[Übersetzung: Der einzige Inkubator, der in einem Feldlazarett verwendet wird, ist die Mutter.]
Sehr interessant ist, dass nahezu alle Mütter auf der Welt das wissen, nur die Mütter aus reichen Industrieländern nicht, so hatten wir 2005 im November einen mehrtägigen Stromausfall in Gemeinden des Münsterlandes, bei dem Mütter ihre Babys in Tragetaschen und Kindersitzen transportierten, anstatt sie am eigenen warmen Körper zu halten. Ich erinnere mich gut an eine Szene in Horstmar, wo ich als Rotkreuzarzt tätig war und eine verzweifelte Mutter vor laufenden Fernsehkameras mit der Babytragetasche in der Hand lamentierte, anstatt ihr Kind an ihren Körper zu nehmen.Die reichen Menschen verlieren die selbstverständlichsten Alltagskompetenzen, daher dachte ich, es sei wichtig, einmal an das Selbstverständliche zu erinnern.
Ihr J. Gardemann
Mir persönlich zeigte seine Antwort mal einen ganz anderen Blickwinkel des Tragens auf. An das Naheliegende wie das Tragen in den ärmsten und unterentwickelten Regionen bzw. Kriegsgebieten in Europa hatte ich noch gar nicht gedacht. Meine Assoziationen mit dem Tragen gingen bisher eher in die Richtung Naturvölker sowie dem Leben in Afrika und Asien.
Sehr schön fand ich auch seine Erinnerung an die Rückbesinnung auf die doch ehemals selbstverständlichen Alltagskompetenzen im Umgang mit unseren Säuglingen/Kindern.
herzlich willkommen! vielen dank für diesen einblick. nun habe ich eine quelle mehr, die bestätigt wie sinnvoll das tragen ist. scheinbar schalten die meisten menschen der industrienationen ihre intuition komplett aus. ich liebe es wenn mein sohn 1,5 jahre sich an mich kuschelt,wenn es draußen eisig ist. und er hat allenfalls mal kalte füße. man kann diese aussage auch auf die nachtruhe erweitern. wir wärmen uns nachts im familienbett gegenseitig.
Hallo Christina, wirklich herzerwärmend! Danke dafür! 🙂
LG
Dana
Hallo Christina, wirklich herzerwärmend! Danke dafür! 🙂
LG
Dana
wie schade, dass diese tatsache immer noch nicht angekommen ist. reihenweise sind freundinnen und bekannte schwanger und leider hat immer noch der kauf irgendeines tollen kinderwagens priorität statt in tücher und manduca zu investieren…
ich hoffe, dass mehr artikel solcher art von irgendwelchen prof. dr.´s in stern und ähnlichen mainstream – zeitschriften erscheinen um vielleicht irgendwann doch noch ganz ganz viele zu sensibilisieren fürs natürliche eltern-baby-leben.
danke für diese recherche
aaaaaaaaaaaah und jetzt fühl ich mich wieder doppelt+dreifach schlecht, weil sohnemann mit seinen 13 monaten inzwischen buggyfahrer geworden ist. ;(
trotzdem herzlich willkommen!
Ich habe jetzt mein zweites Kind prima ohne Kinderwagen und Buggy ins zweite Lebensjahr bekommen. Und nach wie vor haben wir nicht das Gefühl, dass uns da irgendetwas fehlt. Ganz im Gegenteil. Wir praktizieren auch das Familienbett und kuscheln in der Nacht gleich weiter. Ich käme gar nicht auf die Idee, dass ich meine Kinder allein irgendwo ablegen müßte. Leider bin ich immer überall die Exotin, wenn ich mit Kind auf dem Rücken umherlaufe. Für die Menschen hier in den reichen Industrieländern ist es schwer vorstellbar, dass man ganz prima ohne Kinderwagen und Gitterbett auskommen kann. Ich persönlich wüßte nicht, was ich damit anfangen sollte 🙂
meine kinder sind kleine öfchen und sie halten mich bei minusgraden schön warm 🙂
(komisch, ich werde immer wieder gefragt, ob diese tragejacken denn nicht teuer seien… ich sollte mal zurückfragen, was der kinderwagen gekostet hat :))
lg, jule