Ich höre und lese immer wieder, dass AP-Kinder ja soooo selbstständig und sozial kompetent seien. Ist das so?, frage ich mich oft.
Wenn mein Großer (fast 6) seinem besten Freund mit Wucht ein Plastikschwert über den Kopf zieht oder die Kleine (fast 3) ihre beste Freundin begrüßt mit „ich mag dich nicht! du sollst weggehen!!!“ um dann 5 Sekunden später bitterlich zu klagen, dass eben jene Freundin nicht da sei, denke ich oft:
AP hin oder her, WIR jedenfalls sind noch im Schimpansenstadium. Wir können zwar kooperieren, aber wenn die Ressourcen knapp sind, wird gefaucht und gebissen.
Als Antwort auf diese meiner unfreundlichen Primatenthesen habe ich von meiner Tochter am vorigen Wochenende eine Lektion in Sachen „kompetente AP-Kinder“ erhalten.
Mutter steht im Kinderzimmer und baut am Schrank herum. Es war mir nicht bewusst, aber ich muss ziemlich rumgejammert haben, Tenor: „Welcher Mensch hat nur die Schlitzschraube erfunden? Wieso sitzt ausgerechnet diese hier so fest? Verflixt nochmal! Autsch!“
Ich war die personifizierte Opferhaltung der Haushandwerkerin. Könnte ich an meiner miserablen Lage etwas ändern? Keine Ahnung! Ich konnte darüber nicht einmal nachdenken. Ich ärgerte mich zu sehr über die Schrauben der Einlegeböden, die sich nicht lösen ließen, ich identifizierte mich mit diesen festsitzenden Schrauben, ich WAR die bockige Schraube.
Meine Tochter spielte friedlich zu meinen Füßen mit Duplosteinen und hörte mir offensichtlich aufmerksam zu. Plötzlich sagte sie mit ihrer hellen Stimme ruhig, bestimmt und wie nebenbei:
„Mama, Du brauchst einen Akkuschrauber.“
WIE BITTE?
Das Kind ist noch keine Drei.
Ich stammelte: „Äh, ja gute Idee, aber ich wir haben keinen und ich weiß nicht, ob unsere Nachbarn da sind und eigentlich MUSS das doch auch mit dem Schraubenzieher gehen!“ #opfer #bastlerstolz
Meine Tochter hörte mir noch etwa 2 Minuten bei meiner nächsten Hasstirade gegen den Schraubenfabrikanten zu und erklärte dann:
„Ich schau mal, ob A. (unsere Nachbarin) da ist. Du brauchst einen Akkuschrauber.“
Und da stapfte sie auch schon los, verließ die Wohnung, ging durchs Treppenhaus, klopfte bei unserer Nachbarin und ich hörte sie deutlich sagen:
„Mama braucht einen Akkuschrauber. Kann ich bitte euren ausleihen?“
Sie bekam ihn. Als sie zurückkam, trug sie den schwarzen Akkuschrauberkoffer und lächelte mich freundlich und ohne eine Spur Besserwisserei einfach nur an. Sie hatte – im Gegensatz zu mir – die Situation erkannt, eine Lösung gefunden und diese trotz meiner bockigen Weigerung mal eben so umgesetzt. Als ich mich erholt hatte, packten wir den Schrauber gemeinsam aus, ich hob sie in den Schrank und so war die Arbeit gemeinsam in fünf Minuten erledigt – und machte sogar Spass!
Nachdem ich alles wieder eingepackt hatte, schnappte sie sich wortlos den Koffer, stapfte zurück, sagte „Vielen Dank, wir sind fertig“ und erklärte beim Wiedereintritt in unsere Wohnung: „So, Mama und JETZT spielen wir!“.
Ja, mein Schatz, selbstverständlich, jetzt spielen wir.
Sind AP-Kinder nun selbstständiger oder sozial kompetenter? Ich habe immer noch keine Ahnung. Aber seit Samstag habe ich ein Gefühl dafür, was das heißen könnte.
Süüüüß. 😀
„Mama, Du brauchst einen Akkuschrauber.“ – Genial lol lol lol 😀
schöne geschichte. welcher nachbar kann da schon nein sagen!? (^__^)
Hi,
was akkuschrauber angeht bin ich mit bosch sehr zufrieden 😉 lustige story….kann man als nachbar nur schwer nein sagen 🙂