Kleines eMail-Interview mit "schick gewickelt"

Donnerstagsserie – Irgendwo zwischen Windelfrei und Wegwerfwindel

Ich habe ehrlich gesagt, habe ich noch nie wirklich Stoffwindeln – außer die Mullwindeln – in der Hand gehabt. Somit stehe ich hilflos vor dieser mittlerweile gefühlt riesigen Auswahl Stoffwindeln und Stoffwindelnsystemen. Doch zum Glück gibt es im WorldWideWeb inzwischen Stoffwindel-begeisterte Eltern, die darüber bloggen. Zwei von ihnen sind Thu und ihr Mann von schick gewickelt. Thu stand mir per eMail Frage und Antwort:

schick gewickelt

Ihr habt, wie man in Eurem Blog lesen kann, schon viele Stoffwindelsyteme bei Eurem Kind ausprobiert. Wie war denn Euer Weg zu den Stoffwindeln?
Ich habe mich während der Schwangerschaft mit dem Thema beschäftigt, als ich in einem Ratgeber zur Erstausstattung gelesen hatte, welche Windeln man bräuchte. Da wurde mitunter aufgezählt, was alles zum Stoffwickeln benötigt würde. Das fand ich sehr interessant. Ach so? Stoffwickeln geht ja auch! Ich informierte mich also im Internet, fand heraus, dass es ja auch ganz moderne Windeln gibt, die man einfach so bedient wie Wegwerfwindeln. Diese zeigte ich meinem Mann, und er fand genauso wie ich, dass wir das mal probieren könnten. Wir haben uns vorgestellt, dass die Windeln einfach zu bedienen und nicht zu viel Wäsche verursachen sollten. Deswegen haben wir uns für ein AI2-System entschieden. Nach den ersten vier Wochen (unsere Kleine kam recht früh zu Welt und erschien uns dann doch etwas zu zart für die mitwachsenden Windeln) begannen wir also damit, und dies lief im ersten halben Jahr total prima. Wir waren so begeistert! Dann fing sie an, Ansprüche zu stellen 😉 Für nachts wurde ein saugstärkeres Modell notwendig. Ich schaute mich noch mal um, bestellte neue Windeln – wir hatten jetzt auch nicht mehr so einen Respekt vor anderen Systemen wie am Anfang – und schon ging es los mit der Windelvielfalt. Ich hatte dann die Idee, darüber zu schreiben, weil ich es selbst sehr hilfreich fand, mich über diese ganzen Systeme im Internet informieren zu können. Leider sind viele Seiten nur auf Englisch. Die treibende Kraft beim Stoffwickeln und Bloggen bin ich. Mein Mann steht aber voll dahinter und füttert mich mit wertvollen Informationen, da er ja auch sehr viel wickelt.

Was brauche ich als Stoffwindelneueinsteiger, wenn ich mein Kind komplett in Stoff wickeln möchte?
Ganz einfach: genügend Stoffwindeln für 2-3 Tage, einen Behälter zur Aufbewahrung der getragenen Windeln (das kann ein Eimer oder ein Wetbag sein), eine Waschmaschine und ein gutes ökologisches Waschmittel  Natürlich kann man das Ganze noch ergänzen durch Windelvlies, Stoffwaschlappen, zusätzliche Einlagen, kleine Wetbags für Unterwegs, einen Trockner…

Wie finde ich die richtige Stoffwindel für mein Kind?
Ich würde am Anfang vielleicht gar nicht mit dem Anspruch daran gehen, wirklich 100%ig mit Stoff wickeln zu wollen. Das entlastet ungemein bei der Entscheidung für ein (oder mehrere) System(e). Dann würde ich mir ein Testpaket holen oder einzelne Windeln besorgen, die ich gerne testen möchte. Man merkt meistens recht schnell, ob einem das System gefällt oder nicht, ob es dem Kind passt oder nicht. Natürlich kann es immer auch temporär so sein. Das heißt, das Wissen, dass eine Windel nicht ewig die richtige ist, hilft auch dabei, den Frust niedrig zu halten, der sich möglicherweise einstellt.

Kennt Ihr Windelfrei/TopfFit?
Ja, damit habe ich mich auch schon etwas während der Schwangerschaft beschäftigt. Ich komme ursprünglich aus einem Land, wo das weit verbreitet ist, von daher hat mich das interessiert. Wir haben uns dann allerdings doch dagegen entschieden, es von Anfang zu praktizieren, weil wir es als zu stressig empfunden haben. Mit ca. 14 Monaten, also mit der schönen Jahreszeit, haben wir begonnen, sie öfter mal „unten ohne“ rumlaufen zu lassen. Das war anfangs mit sehr viel hinterherlaufen und aufwischen verbunden, aber hält sich mittlerweile in annehmbaren Grenzen. Jetzt, wo es wieder kühler ist, hat sie zu Hause ab und an mal nur ein Höschen und Beinstulpen an. Konsequent sind wir da aber nicht. Ein Töpfchen steht zur Zierde im Bad und wird auch gern als Sitzgelegenheit genutzt, aber wir setzen sie auch nicht unter Druck, da unbedingt reinmachen zu müssen.

Habt Ihr dafür Empfehlungen, welche Stoffwindel sich am besten als Backup eignen könnte?
Als Backup wofür? Unterwegs haben wir meist Pockets oder AIOs mit, weil die nicht „auseinanderfallen“ können. Wenn wir im Urlaub waren, haben wir auch gern mal die Wegwerfeinlagen verwendet, die es für manche Windelsysteme gibt. Die verursachen nicht ganz so viel Müll wie eine Wegwerfwindel. Als Backup zum Topffit würde ich eine Windel nehmen, die sich schnell runterziehen lässt. So weit ist unsere Tochter aber noch nicht, dass sie die Windel wirklich ausziehen will bzw. kann.

Wie komme ich am besten an gute Windelsysteme?
Leider gibt es nicht so viele Geschäfte in Deutschland, in denen man die Windelsysteme wirklich begutachten und anfassen kann. Dementsprechend fehlt auch eine persönliche Beratung. Das finde ich eigentlich sehr wichtig. Viele Online-Shops bieten aber Testpakete an, die man dann wieder zurückschicken kann. Es gibt eine Website (naturwindeln.de), die sich hauptsächlich mit dem Thema Stoffwindeln beschäftigt. Hier erhält man in der Datenbank viele Informationen über nahezu alle Systeme. Im Forum kann man sich auch zusätzlich beraten lassen. Beratung ist natürlich auch bei den Online-Shops großgeschrieben. Da diese ja inhabergeführt sind, ist die Kommunikation sehr persönlich und unterstützend. Nicht zuletzt hilft es, sich gebrauchte Windeln zu besorgen, da dort der Anschaffungspreis nicht so hoch ist. Sie sind vorgewaschen und können sofort eingesetzt werden.

Ich habe schon öfters gehört und gelesen, dass eigentlich Stoffwindel-motivierte Eltern den Stoffwindeln im Laufe der Zeit doch wieder den Rücken zugekehrt haben. Wo denkt Ihr liegt das Hauptproblem beim Umgang mit Stoffwindeln? Kann ich dem irgendwie vorbeugen?
Die Gründe können natürlich vielschichtig sein, angefangen beim falschen System, über falsche Vorstellungen bis hin zu Unverträglichkeiten. Es hilft, wie ich weiter oben schon sagte, sich nicht nur auf ein System festzulegen, ja sogar dogmatisch nur Stoffwindeln nutzen zu müssen. Wenn sich schon früh der Frust einstellt, ist man natürlich auch nicht gewillt, sich weiter damit zu befassen. Der ökologische Aspekt gerät dann auch immer weiter in den Hintergrund. Unterstützung von anderen hilft da natürlich sehr. Wenn aber niemand sonst stoffwickelt, gibt es da auch keine große Motivation. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass es mir Spaß macht, mich mit der Thematik zu befassen. Aber wenn es das nicht tut, na ja, dann ist es halt so. Dann passiert es aber sicherlich auch schneller, dass man sich wieder davon abwendet. Wickeln mit Wegwerfwindeln nimmt nicht so einen hohen Stellenwert bei der Babypflege ein. Damit können viele vielleicht besser leben. Interessanterweise nehmen WWW-wickelnde Eltern die Schwierigkeiten damit selbstverständlicher in Kauf als wenn es Stoffwindeln wären. Denn Auslaufunfälle und Unverträglichkeiten gibt es auch mit Wegwerfwindeln. Vielleicht muss man das den absprungbereiten Stoffwindel-Eltern mal bewusst machen?

Gibt es etwas, was Ihr bei einem nächsten Kind in Hinblick auf die Säuglingspflege anders machen möchtet?
Ja. Wir werden beim nächsten Kind auf jeden Fall eine größere Systemvielfalt von Anfang an haben.  Wir würden auch versuchen, vom ersten Tag an stoffzuwickeln, da wir mittlerweile sicher genug darin sind. Wir haben nicht mehr solche Vorbehalte gegenüber gebrauchten Windeln, also würden wir auch hier und da mal etwas günstig erwerben, um es austesten zu können. Wir haben auch nicht mehr so viel Angst, dass es irgendwo hinmachen könnte, wenn mal keine Windel um ist, und würden es auch viel früher und öfter windelfrei rumliegen und -krabbeln lassen. Und auf jeden Fall würden wir uns ein paar Newborn-Windeln zulegen, um diese im Blog vorstellen zu können.

Vielen lieben Dank für Deine ausgiebigen Antworten, liebe Thu!

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