Warum geht jede Kultur anders mit ihren Babies um? Warum glaubt jeder, er mache es „richtig“? Was sind die biologischen Bedürfnisse von Babies? Gibt es einen „richtigen“ Weg, einen Säugling zu behandeln?
Auf der Suche nach Antworten zu diesen Fragen war ich in Ithaca bei Meredith Small. Sie ist Anthropologin, hat viele Jahre Primaten erforscht und wenn man sie fragt „warum tun Menschen dieses oder jenes“, wartet sie gerne mal mit Erklärungen auf, die ein paar Millionen Jahren Menschheitsgeschichte abdecken.
Sie kennt James McKenna und seine Forschungen gut, sie selbst ist Mutter eines Teenagers und forscht seit einiger Zeit über die unterschiedlichen Kulturen der Welt und ihren Umgang mit Kindern. Das prägt ihre Sichtweise und von ihr kann man wirklich lernen, dass nichts „gut“ oder „schlecht“ sondern alles in erster Linie kulturell geprägt ist.
Im Vorgespräch sah sie mich einmal ganz ruhig an und sagt: „Nicola, vergessen Sie nicht, es ist alles eine Frage des Erziehungzieles. Einige Eltern wollen gar nicht, dass ihre Kinder glücklich sind – und verhalten sich entsprechend.“
Aber Meredith Small ist keine Relativistin. Auch sie argumentiert, dass Babies wissenschaftlich gesehen unreif geboren werden: „Es gibt so etwas wie ein Baby nicht, es gibt nur ein Baby und seinen Betreuer, denn alleine könnte ein Baby gar nicht überleben.“ Daher brauchen Babies in den ersten Monaten eine Pflege, die eigentlich die Weiterführung der Zeit im Bauch ist: Ständigen Körperkontakt, jederzeit Zugang zu Nahrung, kein Alleinelassen.
Das, was Sie als „das westliche Betreuungkonzept“ beschreibt, ist davon oft weit entfernt. Sie legte dar, aus welchen geschichtlichen Hintergründen das kommt und wie es sich entwickelt hat. Meredith Small schreibt und lehrt mit Leidenschaft und entsprechend gut lesen sich ihre Bücher über Paarungsverhalten, Babypflege und Kinderaufzucht und entsprechend toll kann sie ihre Thesen vor der Kamera erklären.
Das Video schneide ich in den nächsten Tagen – das wird spannend!
Lest „Our Babies, Ourselves“, es ist so schön geschrieben, mit vielen Belegen, aber trotzdem wirklich unterhaltsam. Das Kapitel übers Stillen finde ich besonders toll. Da schreibt sie über eine Theorie aus der Evolutionsforschung, die über das Entstehen von Brüsten und Stillen geht (Eine bestimmte Vogelsorte gab ein Sekret auf ihre Eier ab und das hat sich evolutionär als vorteilhaft erwiesen).
Ausserdem ist das Buch toll, weil man jedem, der an Stillen, Tragen, Familienbett etc. zweifelt ganz leicht kontern kann. So nach dem Motto: „Was, alle 1-2 Stunden Stillen findest Du viel? Also bei dem XYZ-Volk aus Botwana, da stillen sie alle 15 Minuten.“