Heute auf dem Kollwitz-Platz im Prenzlauer Berg. Ökomarkt und viele Stände der Grünen Liga, die über Klimaschutz, Stromsparen, Öko-Essen informierten. Mir juckte es gleich in den Fingern, ein Windelfrei-Info-Stand hätte da wunderbar hingepasst – schützt das Klima, spart Strom, total pc.
Ich sah mich also im Geiste in Thaihosen und Strickpulli an meinem Info-Stand stehen, umgeben von Bio-Filz-Mokomidis und ungefärbten Splitpants. Ich würde „Topffit“ und Asia-Töpfchen mit Öko-Siegel anpreisen und alle Handy-Telefonierer im Umkreis von 10 Metern mit Waschnüssen bewerfen „Alarm! Elektrosmog!!“
Und wenn mich einer fragt:
Sachma‘, Du, TragenStillenWindelfrei…warum das Ganze?
Dann grinse ich mein Öko-Lächeln und mir purzelt die Political Correctness nur so aus allen Poren:
Du, voll der Klimaschutz! Du, ganz wichtig: Stromsparen! Du, denk immer dran, Resourcen für morgen sichern!
Ja, so würde ich das tun. Vielleicht. Oder vielleicht würde ich auch einfach die Wahrheit sagen:
Du…ich mach das weil…bin einfach so…faul.
Denn das wäre die Wahrheit. In Wahrheit lümmele ich wohl eher zwischen Bio-Splitpants und Öko-Töpfchen in meinem Minirock und italienischen Stiefeln auf einem Barhocker neben dem Stand und sage – schon aus reiner Faulheit – einfach die Wahrheit: Ich bin eine schrecklich faule Mutter. Seit ich ein Kind habe, mache ich sowieso ständig Kompromisse. Ginge es nach mir, wäre es alles nochmal ganz anders. Aber wenn, dann sollen es wenigstens Kompromisse sein, die die Sache einfacher machen.
Ich hab wirklich von Herzen und mit viel Geduld versucht, ihm den Schnuller anzugewöhnen – allein sieben Modelle habe ich probiert. Aber ich habe es dann auch wieder aufgegeben, weil er es einfach nicht wollte. Hätte er ihn sofort genommen, hätte ich ihn ihm sicher nicht vorenthalten. Aber erst aufwendig angewöhnen und dann aufwendig wieder abgewöhnen? Seufz.
Ich hab ein halbes Dutzend Mal artig Milch abgepumpt und in Flaschen gefüllt und diese dem Kind angeboten und hätte das auch brav weitergemacht, wenn es 1. irgendwelche Begeisterung seitens des Kindes gegeben hätte und 2. die ganze Abpump-, Aufheb-, Abfüll-, Aufwärm-Aktion nicht jedes Mal so ein nerviger Aufwand gewesen wäre.
Ich würde ihn im Kinderwagen umherschieben, wenn sich das für mich nicht als total unpraktisch erwiesen hätte (was ich ausgiebig erforscht und dokumentiert habe) und außerdem sagen Forscher, dass sich das Kind im Tuch einfach schneller und besser entwickelt („Tragen als natürliche Art der Frühförderung“ der Forschungsgruppe FVM, Schweiz).
Ich würde ihm auch Brei füttern, wenn es nicht so ein Heckmeck wäre…Brei kaufen/kochen, zum Füttern hinsetzen, dem Kind das „Schlucken beibringen“… Meine Milch ist immer da, immer warm, immer steril, sie ist gut für sein Immunsystem und Stillen ist großartig für meine Figur (nach 8 Monaten wieder Kleidergröße 36). Und er entwickelt sich auch ohne Brei prächtig. Und da man immer wieder hört, dass Kinder eben ganz alleine zu essen anfangen, wenn sie soweit sind, gehe ich einfach wie Kati den Weg des geringsten Widerstands.
Ich hätte ihm auch eine Wiege gekauft – aber jede Nacht drei Mal aufstehen zum Stillen, das Kind wieder ins Bett bringen, Babyfon und SIDS-Angst, Schnuller, Schnuffeltuch und Augenringe? Wozu, wenn ich ihn doch nachts neben mir einfach andocken kann und das auch noch gesünder und sicherer ist?
Ich würde ihn länger schreien lassen – „nur das Kind nicht verziehen! der merkt sich das!“ – wenn neueste Forschung nicht belegen würde, dass Kinder weniger und kürzer weinen, wenn die Mutter innerhalb von 10-30 Sekunden reagiert. Die Kinder sind zufriedener, früher selbsständig, stressresistenter, glücklicher, weniger aggressiv – was will ich mehr?
Ich zieh ihm Windeln an, wenn es irgendwie leichter erscheint, ich mach das! Aber ich mach das nicht ständig, ich mag nicht morgens warten bis das Ding voll und klebrig ist, ich lass ihn das lieber dort erledigen, wo es alle machen – und aus gutem Grund. Und ich mag ihm nicht erst die Windel angewöhnen (was man nicht alles den Kindern angewöhnt: Windeln, Schnuller, Flasche…) und dann wieder kompliziertes Töpfchentraining durchziehen müssen – das erscheint mir so kompliziert, so HintenDurchDieBrustInsAuge.
Und ja – nebenbei kommt auch ein wenig Klimaschutz, Hardcore-Tragetuching und Windelfrei dabei heraus und eigentlich könnte man super damit angeben. Aber wenn ich mal die Wahrheit sage, so unter uns, so auf meinem imaginären Öko-Info-Stand, dann ist es diese:
Ich bin einfach schrecklich, schrecklich faul. Es erscheint mir der einfachste und natürlichste Weg. Simplify…
Hallo Nicola,
ich liege auf dem Boden vor Lachen!!!! Klasse!!!! Das trifft die Sache total!!!!
Gestern ging bei uns wegen dem Zahnen fünfmal was in die Hose und selbst dann! ziehe ich windelfrei meilenweit vor, weil es einfach weniger Aufwand ist – und die Kinder viel früher kompetenter ihre Sachen (in allen Lebensbereichen) selbst in die Hand nehmen.
Danke, daß Du mir so eine gute Antwort für unseren Lebensstil an die Hand gegeben hast, das ist es! Jeder andere Lebensstil ist aufwendiger – so einfach, so klar.
Grüße von Marion aus Brüssel, die übrigens auch Anwältin mit windelfreien Kindern ist ;-))
Hallo Nicola,
ich liege auf dem Boden vor Lachen!!!! Klasse!!!! Das trifft die Sache total!!!!
Gestern ging bei uns wegen dem Zahnen fünfmal was in die Hose und selbst dann! ziehe ich windelfrei meilenweit vor, weil es einfach weniger Aufwand ist – und die Kinder viel früher kompetenter ihre Sachen (in allen Lebensbereichen) selbst in die Hand nehmen.
Danke, daß Du mir so eine gute Antwort für unseren Lebensstil an die Hand gegeben hast, das ist es! Jeder andere Lebensstil ist aufwendiger – so einfach, so klar.
Grüße von Marion aus Brüssel, die übrigens auch Anwältin mit windelfreien Kindern ist ;-))