Die Top 3 der Kommentare, wenn ich mit dem Baby im Tragetuch auftauche:
„Das wäre mir viel zu kompliziert!“
„Ich würde ja gerne, aber das ist so unpraktisch!“
„Also, mein Rücken würde das nicht mitmachen!“
Okay, da könnte etwas dran sein. Nach fünf Monaten Hardcore-Tragetuching habe ich also heute mal unseren unbenutzten Kinderwagen aus dem unbenutzen Kinderzimmer geholt und für eine Fahrt gerüstet.
Der Plan sah so aus:
Ich packe Kind in den Kinderwagen, bin so ja auch viel schneller zum Bioladen gelaufen, kaufe dort gemütlich ein, kann ja alles total praktisch in den Kinderwagen packen und laufe dann wieder zurück.
Kalkulierte Dauer: 1 Stunde.
Kalkulierter Aufwand: Gering.
Kalkulierte Kosten: Keine (bis auf den Einkauf).
Es kam natürlich alles ganz anders.
Zwei Dinge vorweg:
1. Unser Kinderwagen (ab hier: KiWa) ist wundervoll. „Quality made in Germany“ steht auf seinem Aufnäher und er ist wirklich ein Wunder der Ingenieurskunst. Falls hier Designer von Hartan mitlesen, ich würde wahnsinnig gerne mal ihre Entwicklungsabteilung besuchen und Ihnen die goldenen Hände schütteln. Dieser KiWa hat wirklich alles. An allen Ecken und Enden besitzt er Knöpfe, Hebel, Taschen, Reißverschlüsse, Sicherheitsverschlüsse, Druckknöpfe, Verstärkungen und Gimmicks, auf die man erst kommt, wenn man sie plötzlich braucht und sich dann freut, wenn sie da sind!
2. Heute war einer dieser Tage. Einer dieser Tage, an denen man sich – noch nicht Mutter – mit einem Yogi-Tee den ganzen Tag im Schneidersitz auf den Schreibtischstuhl kauert, in seinen Rechner starrt und Webseiten programmiert, die nie jemand sehen will. Als Mutter ist das natürlich nicht länger als ca. 34 sec möglich und daher war es heute ein Guck-mal-ist-das-nicht-ein-tolles-Spielzeug-zum-Selbstbeschäftigen-Tag. Gute Vorraussetzung für die Hoffnung, den KiWa ein klitzekleines Minibisschen als Babysitter mißbrauchen zu können.
Aber wie Babysitter halt so sind…
Situation Nr.1:
Der Fahrstuhl reicht nicht bis zu unserer Wohnung. Wie KiWa UND Kind die Treppen runterkriegen? Lösung: Sich helfen lassen von (unvorsichtigerweise freundlich dreinschauenden) Nachbarn.
Situation. 2:
KiWa ist zu breit für meinen normalen Weg und zu schwer, um ihn alleine die lange Treppe zur Grünanlage hochzutragen. Lösung: Gerade kein freundlich dreinschauender Mensch in Sicht. Also Umweg laufen.
Situation Nr.3:
Sohnemann liegt erst ganz interessiert im Kinderwagen, stellt aber bald fest, dass er ja gar nicht richtig rausgucken kann! Die Sonne scheint, also muss ich das Verdeck oben lassen, sonst hat er sie direkt im Gesicht. (Im Tragetuch dreht er halt den Kopf weg und hat ein Cap auf, aber im KiWa hilft das nicht.) Die Kinderwagen-Kette ist nach ca. 5 Min. total langweilig. Er quengelt.
Lösung: Ich hole ihn heraus und setze ihn in das kleine Hüfttragetuch (immer dabei). Sohnemann freut sich über die neue freie Sicht und dreht und räkelt sich herum. Normalerweise stütze ich ihn problemlos mit den Händen, aber jetzt brauch ich ja mind. 1 Hand für den KiWa. Erste Verspannung kündigt sich an.
Situation Nr.4:
Sohnemann ist hungrig und müde. Ihn wie sonst im Tragetuch stillen geht nicht, muss ja mit einer Hand den KiWa schieben. Ich halte an, hole ihn heraus, Wiegehaltung mit beiden Händen, Einschlafstillen. Kann dabei nicht weiterlaufen, irgendjemand muss ja den KiWa schieben. Halbe Stunde Herumstehen.
Situation Nr. 5:
Kind schläft – endlich den KiWa benutzen! Er lässt sich hineinlegen, schläft weiter und ich sprinte zum Bio-Laden. Eine Wolke schiebt sich vor die Sonne. Mir wird kalt. Ist ihm auch kalt? Im Tragetuch kann ich das mit einem Griff feststellen. Jetzt muss ich anhalten, Decke öffnen, nachschauen.
Situation Nr. 6: Im Bioladen angekommen stellt sich die Frage: Kind draußen weiterschlafen lassen (in der Großstadt? no way), Kind rausholen = wecken und mit reinnehmen (doof, außerdem hab ich kein Schloss für den KiWa dabei)?
Lösung: Ich darf den KiWa mit in den engen Laden nehmen (die drei Stufen hoch hilft mir wieder eine hilfsbereit dreinschauende Dame, denn mit Kind ist der KiWa für meinen Rücken definitiv unhebbar) und bei der Kasse abstellen (drinnen ists zu eng, um ihn umherzuschieben). Hektisches Einkaufen. Kind wacht beim Bezahlen auf, will wachgekuschelt werden und kommt wieder in den Hüftsitz.
Situation Nr. 7:
Wie den vollgepackten KiWa die drei Stufen wieder runterkriegen mit Kind auf der Hüfte? Ich brauch beide Hände, um den mit Einkauf schwer bepackten KiWa hinunterzumanövrieren. Mag das Kind nicht einfach beim Rausfahren hineinlegen, die Stufen sind zu steil. Lösung: Wieder einen freundlichen Menschen suchen usw.
Situation Nr. 8:
Heimweg. Es braucht Übung, den mit dem Einkauf schwer bepackten KiWa die hohen Berliner Bordsteine hoch und runter zu manövrieren. Kind wieder in den KiWa, der kriegt jetzt Tuch gegen Sonne vorgehängt. Sohnemann sieht nun überhaupt gar nix mehr. Langweilt sich. Ich sprinte unentspannt gen Heimat. Kind will raus. Kind kommt auf den Arm. ABER IRGENDJEMAND MUSS JA DEN KIWA SCHIEBEN. Grmpf. Vollgepackten KiWa mit einer Hand schieben ist erst richtig anstrengend.
Dauer: 2 Stunden.
Aufwand: ständig Hilfe suchen.
Kosten: bin total genervt, reichlich verschwitzt, hab total verspannte rechte Schulter.
Ergebnis: Man kann im KiWa super Einkäufe parken und ein schlafendes Kind herumschieben. Nach dem Abhalten kann man das Kind hinlegen und bequem wieder anziehen.
Aber davon abgesehen ist er einfach nur lästig. Während ich mit Tragetuch und Rucksack überallhin laufen, Treppen steigen und meine Hände benutzen kann, bin ich mit KiWa wie ein Rollstuhlfahrer auf barrierefreie Wege angewiesen, muss Umwege nehmen, Hilfe suchen. Fühle mich total immobil. Meine Schulter tut vom einarmig tragen und KiWa schieben mehr weh als der Rücken nach Stunden mit Rucksack und Kind im Tragetuch.
Das Gefühl ist auch ganz anders: Ich hab das Kind abgelegt, er ist weiter weg von mir. Als ich total genervt war, habe ich beim Quengeln den Impuls verspürt, den Kinderwagengriff auf und ab zu rütteln, damit er wieder still ist. Komisches Gefühl.
Schmidts Warentesturteil: Kinderwagen ist super! Wenn man ein Kind in der Tiefschlafphase hat. Oder eine zweite Person, die ihn für einen schiebt, während man sein glückliches Kind im Tragetuch schaukelt ;). Ansonsten ab jetzt meine drei Kommentare zum Thema KiWa:
„Das ist mir viel zu kompliziert!“
„Ich würde ja gerne, aber das ist so unpraktisch!“
„Sorry, aber mein Rücken macht das einfach nicht mit!“
hey… aber es gibt doch die praktischen Shopper Kinderwagen… superleicht und schnell zusammengeklappt!!!
Hier ist ein Ratgeber der die verschiedenen Arten erklärt… damit auch die Papas bescheid wissen!!!
http://www.kinderwagen.com
Das ist lieb, aber mein Sohn war zu dem Zeitpunkt fünf Monate alt, also viel zu jung für einen Shopper. Außerdem muss ich den Shopper ja auch schieben, tragen, heben, vollgepackt ist er für Treppen genauso unpraktisch wie der große.
Wir sind dann auf eine Manduca http://www.manduca.de umgestiegen, das ist mit Hüftgurt besser als das Tuch, wenn man ohnehin hinten schon schwer bepackt ist. Funktioniert perfekt und macht eine großartige Taille :).
Tut mir leid, aber ich mußte bei Urbia mal ein bisschen „wErbung“ machen: http://www.urbia.de/topics/article/feedback?aid=9647&fid=29630&page=
lg
Michi N. aus DD
YES… thats it! abgesehen davon, dass man spontan noch was anderes machen kann,wenn man denn will… mit Kinderwagen musste ich erstmal den HVV Plan auswendig lernen: wo kann man MIT Buggy (wir hatten gar keinen normalen Kinderwagen, erst ab Sitzalter haben wir uns einen Buggy anschnacken lassen) die Bahnen nutzen und steht nicht alleine im Nirgendwo vor 100 Treppenstufen..
abgesehen davon: der Rücken zum Tragen wächst mit seinen Aufgaben.. zur Zeit: 17,7 kg wenn wir abends nochmal weggehen wollen und das Kind egoistischer weise mitnehmen
Hallo!
Klasse 😉 das kenn ich auch!
Kommt aber auch auf das Kind an. Mein Großer war zu Hause und zum Spazieren im Tragetuch, hat aber auch oft im Kinderwagen den Nachmittag verbracht. Der Kleine hat den Kinderwagen nur zwei Mal von Innen gesehen und da haben wir beide Male nach einer halben Stunde umdisponiert – den Kleinen in die Manduca und den Großen in den KiWa ;-)).
Aber meine persönliche Lieblingsfrage: „Bekommt das Kleine da drinnen überhaupt Luft?“
Neee ;-))))
Ja das Schieben mit einer Hand kommt mir auch sehr bekannt vor!
Als mein Neffe noch sehr klein war ca.2 Monate, war ich noch begeistert von der Idee mit dem Kind im KiWa lange Spaziergänge zu machen! Soweit war die Idee auch sehr gut, mein Neffe schlief auch ca. eine Dreiviertelstunde. Doch nach dem Aufwachen hatte er partu keine Lust mehr auf Wagen, also Kind raus, da Baby noch so klein nicht mit einem Arm auf der Hüfte haltbar, Baby hängt halbwegs gestützt vor dem Körper! So habe ich versucht den letzten Kilometer so schnell wie möglich hinter mich zu bringen, völlig verschwitzt und genervt übergab ich zuhause der Mutter das Kind und freute mich auf die Dusche!
Was hätte ich für eine Trage getan!
Seit dem nehm ich den KiWa nicht mehr oder wenn ist die Trage immer unten drin! 😉
Ich versteh immer nicht was dieses Verteufeln des Kinderwagens soll. Was bringt euch das? Klar ist Tragen praktisch aber dieser Missionierungseifer wirkt schon abschreckend. Und wer dutzende Tücher im Schrank hat sollte mal überlegen ob es sinnig ist über den Luxuskiwa zu lästern. Worüber keiner spricht, wenn man beim Tragen hinfällt ist das Verletzungsrisiko für beide extrem hoch. Ich habe seit 12 Wochen mit einem schweren Ellenbogenbruch zu tun, weil ich ausgerutscht und auf den ausgestreckten Arm gefallen bin.
die wahrscheinlichkeit das man hinfällt als erwachsener ist bestimmt genauso niedrig wie die wahrscheinlichkeit, dass der KiWa umfällt oder von Auto/Rad umgefahren wird (zbsp bei straße überqueren, der fährt ja als 1 auf die straße).