Die Windelfrei-Erfahrungsberichte-Serie…
Claudia erzählt uns von ihrem späten Windelfrei-Einstieg:
Wie bist Du zu Windelfrei gekommen?
In der Schwangerschaft hatte ich schon etwas von dieser Möglichkeit gehört, war aber zu unsicher, um meine Skepsis abzulegen und es einfach auszuprobieren; In meinem Freundeskreis gab es auch niemanden, der das so praktizierte. Wir haben uns dann für das Wickeln mit Strickwindeln entschieden, unterwegs auf Reisen haben wir WWWs benutzt. Mit der Zeit und der zunehmenden Beweglichkeit unserer Tochter stieg dann alsbald bei ihr der Unwille, auf dem Rücken still zu liegen und damit auf beiden Seiten der Frust beim Wickeln. Da habe ich mir gedacht, dass das doch auch anders gehen müsste. Habe dann angefangen, mich im Netz zu informieren und bin auf den Windelfrei-Blog gestoßen und auf das Buch von Ingrid Bauer (Es geht auch ohne Windeln) Beides hat mir den entscheidenden Schub gegeben, die Windelfreiheit auszuprobieren, was mich umgehend vom Mehrwert der Einstellung, die dahinter steckt, überzeugt hat! Ich war richtig froh über meine Entdeckung, die sich mir da auftat und unsere Tochter hat es ganz neugierig angenommen und sich alsbald begeistert mit aufs Klo setzen lassen.
Wie alt war dein Kind, als Du mit Windelfrei angefangen hast?
Unsere Tochter war etwa 11 Monate alt. Wir haben ihr davor auch schon immer wieder gezeigt und gesagt, wann wir aufs Klo gehen und was wir da machen. Wir haben sie oft dahin mitgenommen oder die Tür aufgelassen, dass sie es mitbekommen konnte. Sie hat dadurch vermutlich doch recht schnell verstanden, wie das so zusammen hängt mit dem Auf-dem-Klo-sitzen und den Ausscheidungen. Mit dem Kaka-Ansagen ging es recht bald sehr zuverlässig, das Pipi-Ansagen schwankt sehr, oft sagt sie es erst an, wenn es gerade passiert oder das Werk schon vollbracht ist. Sie hat es auch recht bald verstanden, das Pipi eine Weile anzuhalten. Das Abhalten lief Nachts eine Weile ganz gut, irgendwann hat sie sich aber durchgebogen, weil sie das kurze Aufwachen aus dem Schlaf nicht mehr haben mochte. Seitdem lasse ich sie mit Backup schlafen und wechsle die Einlage, sobald sie nass geworden ist, was meist kurz nach dem Stillen passiert. In Phasen der Neuerungen (wie das Laufen oder das Zahnen), die ihre Aufmerksamkeit, Konzentration und Nerven stark beanspruchen, steht das Zeichen geben dann klar hintenan und setzt auch gerne mal ganz aus oder sämtliche Erfahrungswerte werden auf den Kopf gestellt, was die zeitlichen Rhythmen angeht. Wenn sie krank ist, verhält es sich meist ähnlich.
Wie viele Windeln hast Du vorher pro Tag verbraucht (Durchschnitt)?
Zwischen 7 und 9
Wie viele Windeln verbrauchst Du derzeit und wie alt ist Dein Kind mittlerweile?
18 Monate An guten Tagen sind es max. zwei Windeln, ansonsten bis zu 6. Zuhause wickeln wir nicht mehr, wir lassen unsere Tochter oft unten ohne laufen oder legen eine Mullwindel zusammengefaltet wie eine Einlage in die Wollüberhose, neuerdings nutzen wir auch sehr gern kalifornische WIndeleinlagen, da sie sich so einfach handhaben lassen.
Nutzt Du auch andere Backups?
Eine Wollüberhose mit Einlage, an sehr kalten Tagen oder wenn sie krank oder angeschlagen ist.
Hattet/habt ihr Probleme mit Wundsein?
Nein, nur wenn über das Stillen ihre Ausscheidungen eine aggressive Note bekommen und das Kacka doch mal ins Backup geht und dadurch Hautkontakt einsteht. Als wir noch gewickelt haben, gab es zuweilen Rötungen vor allem bei den WWWs, da wurde sie schneller auch mal schwitzig.
Welche Standardsituationen probierst Du aus?
nach dem Aufwachen – Ja, fast ausnahmslos
beim Stillen – Nein, das passiert nur nachts, dass während des Stillens zuweilen ein Pipi kommt (hier passierts zumeist kurz darauf).
nach dem Stillen – Je nach dem.
nach dem Spielen – Je nach dem.
andere: Wenn ich das Gefühl habe, sie müsste mal wieder, was etwa alle volle Stunde vorkommt, wenn sie nicht inmitten einer Beschäftigung steckt und mein Vorschlag bejaht wird. Manchmal sage ich auch an, wann ich aufs Klo muss und frage sie, ob sie auch mal muss. Für gewöhnlich auch, wenn wir nach Hause kommen und ich sie aus dem Ergo Carrier herausnehme. Vor dem Zu-Bett-gehen gehört seit kurzem auch zu unseren Ritualen.
Wann klappt es am besten?
Nach dem Aufstehen, hier am besten morgens, ist zu einem unserer liebsten Rituale geworden, bei dem wir gemütlich Bilderbuch schauen oder den Inhalt der Schublade des Badcontainers erkunden, herausnehmen und wieder einsortieren.
Wie viele Minuten (circa) hast du Zeit, um dein Kind abzuhalten (wenn es z.B. gerade aufgewacht ist oder wenn es Zeichen gibt)?
5 bis 10 Minuten, kommt auf die Länge der vorangegangenen Schlaf- bzw. Trockenphase an.
Was benutzt ihr als Töpfchen, wenn ihr eines benutzt?
Im Bad haben wir ein einfaches Plastetöpfchen herumstehen, dass sie sich langsam aneignet (sie übt seit längerem das Draufsetzen und Aufstehen). Ansonsten sitzen wir gemeinsam auf dem Klo (ich hinter ihr, quasi als lebender Sitzverkleinerer, da meine Beine ihr Halt geben und wir so zusammen Bilder-Bücher schauen können)
Wie schätzt Du die Arbeitsbelastung ein?
An guten Tagen weit weniger Arbeit. An Tagen, wo sie keine Zeichen gibt/streikt und/oder ich unaufmerksam oder schnell abgelenkt bin wegen blöder Stimmung oder irgendeinem Stress, kann es mal etwas mehr Arbeit sein, die dem Aufwand beim Wickeln gleich kommt. Abgesehen von dieser zuweilen höheren Quantität hat diese „Arbeit“ aber immer eine ganz andere Qualität, die ich nicht als die Belastung empfinde, die mir und uns das Wickeln war.
Hat sich in deiner Kindes-Wahrnehmung etwas verändert, seit ihr Windelfrei macht und was?
Ja, einiges! Ihre Bedürfnisse so umfassend zu erfahren und immer besser einschätzen zu können, ist neben dem Stillen und Tragen zu einer essentiellen Erfahrung geworden, die uns beide sehr verbindet und mir so ein emphatisches Verhalten in einer Beiläufigkeit lehrt, ohne dass ich mir diese Einstellung intellektuell „auf den Schirm holen“ müsste. Es ist eine große Bereicherung, die ich rückblickend gern schon viel früher gemacht hätte, also am liebsten vom ersten Tag an. In Kombination mit dem Tragen und Stillen macht mich die WIndelfreiheit wissender, gelassener, geduldiger und verständnisvoller im Umgang mit meiner Tochter, ihren Bedürfnissen, deren Zusammenspiel und all den damit einherkommenden Veränderlichkeiten.
Hast Du einen heißen Tipp für Windelfrei-Mütter in der gleichen Situation?
Gelassen bleiben und weitermachen, wenn’s manchmal wie verhext scheint und wochenlang nichts mehr so klappt, wie es in anderen Momenten schon mal war. Aufmerksam sein und neue Wege finden.
Generell möchte ich allen Mut machen, die erst wie ich recht spät auf die Windelfreiheit stossen, es auszuprobieren, egal wie lange das Kind nun schon an Windeln gewöhnt war. Ich war überrascht, wie unsere Tochter es angenommen hat. Einer Freundin ging es nicht so, die etwa zeitgleich die Windelfreiheit mit ihrer gleichaltrigen Tochter ausprobiert hatte: Die Kleine hatte lange Angst, auf dem Klo zu sitzen und hat das Abhalten voll abgelehnt, hat aber von sich aus recht bald einen Signallaut kultiviert, den sie von sich gibt, wenn sie Pipi macht. Und freundet sich mittlerweile langsam mit dem Töpfchen an.
Jedes Kind geht also seinen ureigenen Weg. Und ein Ausprobieren und Anbieten ist es wert!
Vielen lieben Dank Claudia!