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Thanksgiving – wofür dankbar sein?

Es ist Thanksgiving, meine Inbox verkündet es mit jedem Newsletter, der aus Übersee kommt. Alle sind dankbar – und zwar nicht so wie wir im Oktober beim Erntedank für die Ernte, sondern für alles mögliche!

Barb von der Rethinking Everything Konferenz ist dankbar, dass wir unsere Kinder in Freiheit großziehen und lernen und wachsen wollen, Attachment Parenting International ist dankbar für alles, war ich tue, um Bindung in der Familie zu fördern.

Zum ersten Mal in meinem Leben stelle ich fest, dass ich das eine schöne Tradition finde. Ich will mitspielen!

Also los! Und nicht kitschig werden ;). Okay, ich versuchs mal:

Ich bin dankbar – für meine Familie, denn ohne diesen wilden, großen Clan wäre ich nichts.

Vor allem natürlich für diese beiden heißgeliebten Kinder (hier beim gemeinsamen Waschmaschinen-Fernsehen), ohne die ihr mich hier nicht finden würdet. 🙂

kidsII

Ich bin unendlich dankbar vor allem für all die einfachen Dinge in meinem Leben: Für diese großartigen, gurgelnden, glänzenden Heizkörper in unserer Wohnung, die es meinem Baby ermöglichen, windelfrei auf dem Laminat zu hocken. Für diesen immer freundlich leuchtenden, sojamilch- und sahne-schwangeren Kühlschrank. Für jeden Tag, an dem keiner hustet oder schnieft. Für diesen trotz allem irgendwie demokratischen Rechtsstaat (ja, isser, schaut euch um…) und natürlich für meine besondere Freundin, die Pressefreiheit.

Ich bin dankbar für euch, liebe Leser, die ihr diesem Blog treu bleibt, während ich mit Bronchitis daniederliege und das arme Ding ganz blutleer vor sich hindümpelt!

Ich bin gerade sehr, sehr dankbar für all die Menschen, die mir helfen, das Artgerecht-Projekt voranzutreiben, die das Logo begutachten, am Website-Design mit mir arbeiten, Ideen mit mir austauschen, mich anfeuern, bei mir sind – allen voran Caro, die Großartige, und Julia.

Ich bin sehr dankbar, dass mein Mann an so manchem Morgen nach einer durchgestillten Nacht meine schlechte ich-brauch-SOFORT-was-zu-Essen!!!!-Laune erträgt, die ich kaum verbergen kann bis ich endlich was zwischen den Zähnen habe *knirsch*…

Ich bin dankbar, dass es diesen Planeten gibt (es ist der EINZIGE mit Schokolade!!!) und komme immer mehr dahin, dass meine Kinder mich eines Tages fragen werden, was ich zu seine Rettung getan habe – und dass ich was tun will.

So. Jetzt ihr! Wofür seid ihr dankbar? Ist das überhaupt noch ein „modernes Konzept“ oder findet ihr das doof? Ich finds grad total toll. Dankbar sein fühlt sich schön an – da merk ich endlich wie sehr ich meinen Kühlschrank eigentlich vergöttere ;).

Erstgeborene…einfach umarmen

Unser Erstgeborener hat zwischendurch auch mal Stress damit, dass er jetzt nicht mehr alleine ist. Er äußert sich nicht in Aktionen gegen seine Schwester, keine Eifersucht in dem Sinne. Eher in Empfindlichkeit, Weinanfällen, Verzweiflung, Habgier, generell einer abgesenkten Frustrationsgrenze. Jetzt endlich habe ich etwas, das zu helfen scheint: Umarmen. Einfach umarmen. Nicht im Wutanfall selbst, das funktioniert bei meinem Kind nicht. Aber hinterher. Spielerisch.

„Hmmmm, ich glaube, es ist mal wieder Zeit, dich abzukitzeln, oder?“ „Jaaaaaa!!!“ oder
„Okay, wir rennen jetzt und wer zuerst an dem Baum da ist, darf den anderen abknuddeln!“ „Super!!!! *sprint*“ oder
„Was? Der Wutanfall ist schon vorbei? Darf ich jetzt…*fang* *sprint*“
„Neeeein!!! *lach* *rennweg* *schauerwartungsvoll* *losmamaknuddelmichjetzt!!!*“

Es ist so einfach. Aber ich hab offenbar oft vergessen, dass er noch so viel mehr an Körperkontakt braucht. Oft will er das auch gar nicht. Er hasst alles, was „komm doch mal in meine Arme“ ist. Er mag es nicht. Aber wenn ich es richtig verpacke, ist das Kind wie ausgewechselt. Keine Wutanfälle, kein Weinen, kein Unkooperativ-Sein, kein Stress. Bei uns hilft Strenge überhaupt nicht. Bei uns hilft Kuscheln. Ist das schön!!

Danke Jirina Prekop. Danke für das Buch „Erstgeborene„, das mir hilfreiche, interessante Einblicke gewährt hat.

Artgerecht – essen, bewegen, leben wie in der Steinzeit?

„Artgerecht“ – dieses Wort fasst für mich am besten zusammen, was „bindungsorientierte Elternschaft“ ist. Artgerecht scheint mir für uns Menschen, als Babies ständig getragen zu werden, tags und nachts körperlich nah bei den Bezugspersonen zu sein, nach Bedarf gestillt zu werden und nicht in eine Windel machen zu müssen. Mir geht es da wie vielen anderen: Ich lese über indigene Völker und denke, ja, klar, das ergibt Sinn. Über die Details streiten sich natürlich auch hier die Geister, aber die generelle Linie erscheint mir immer so simpel und einleuchtend: Man kann ein Baby in Wald/Busch/Steppe eben nicht einfach mal ablegen und stundenlang liegenlassen. Welche Mutter würde das selbst heute in einem Wald oder sogar Park tun? Wer würde sein Baby auf dem Zeltplatz nachts im Zelt nebenan alleine lassen?

Und nicht nur hier, auch in anderen Bereichen fragen sich die Leute, was wohl für uns Menschen „artgerecht“ ist. Gerade habe ich auf meinen Streifzügen eine Seite gefunden von Mark aus Hattingen, der sich der „artgerechten“ Bewegung verschrieben hat: Primalmoves.de. Er folgt nach eigenen Worten Georges Hébert und seiner „Methode naturelle“. Es geht darum, sich in der Natur zu bewegen und den Körper dort zu schulen, natürliche Hindernisse zu überwinden und – im Falle von Mark – auch barfuß zu laufen.


Auf seiner Seite las ich von der „Paleo-Diät“, die man im Prinzip als „Neandertaler-Diät“ bezeichnen könnte. Es gibt natürlich bereits ein Buch dazu. Und sicher viele, viele Diskussionen, was davon nun richtig ist, wo es fanatisch wird, wie sich der Mensch doch an die Ernährung der Seßhaftigkeit in den letzten 10.000 Jahren angepasst haben mag. Milch z.B. tolerieren mittlerweile 70% der Nordeuropäer, viele Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass dieses Merkmal erst mit der Seßhaftigkeit aufgetreten ist und sich sehr schnell durchgesetzt hat – wir haben uns also an die „moderne“ Ernährung angepasst.

Für mich ist das mal wieder eine Idee, die nicht sagt „ab, zurück in die Höhlen!“, denn auch Mark rennt im Winter mit Schuhen durch seinen Wald. Sondern eine Idee, die – genau wie das Windelfrei-Blog – fragt: Woran sind wir Menschen eigentlich angepasst? Und was davon können wir uns bewahren, wenn uns das guttut? Für unser Steinzeitbaby kann ich jedenfalls bestätigen: Es macht die Sache viel, viel einfacher und artgerechter für alle :).