Ich will perfekt sein. Viele Eltern um mich herum wollen perfekt sein. Oder haben Angst, dass die Kinder kaputt gehen, wenn wir auch nur den geringsten Fehler machen. Ich kenne das. Als meine Kinder noch Babys waren, wurde ich wahnsinnig bei dem Gedanken, irgendetwas könnte nicht so sein, wie sie es für ihre wichtige, zarte, noch so empfindliche Entwicklung brauchten.
Sie waren so rein, so unschuldig, so zerbrechlich – ich wollte alles, alles von ihnen fernhalten, was falsch hätte sein können.
Im Laufe der Zeit musste ich einsehen: Perfekt geht nicht. Das war hart. Aber dann erkannte ic
h: Perfekt muss nicht sein! Ganz und gar nicht! Und je älter Kinder werden, desto robuster werden sie! Wenn mein Baby keine 30 Sekunden warten konnte, wenn es Hunger hatte (und nicht musste), kann mein Kleinkind schonmal eine Weile aushalten und mein Schulkind sagt sogar nonchalant: „Ach Mama, ja, ich hab Hunger, aber es ist jetzt auch nicht sooooo dringend.“
Cool.
Letztens hatte ich eine besorgte Mama in der Beratung, die sich beim zweiten Kind große Sorgen machte, weil sie für das Baby einfach nicht so kompromisslos da sein konnte wie für das erste. Irgendwann kamen wir darauf, dass es wohl immer so gewesen ist und vielleicht auch Herausforderungen mit sich bringt, an denen alle wachsen können. „Ausreichend ist genug“, war unser Fazit, „sozusagen 4+ – das ist prima als Mutter und als Mensch.“ Wir tun, was wir können, und wir sollten ausreichend für die Kinder da sein, aber wenn es nicht perfekt ist – das macht nichts. Sie können sich trotzdem gesund entwickeln.
Ich bin nicht immer da. Ich bin nicht immer die Geduld in Person. Ich bin nicht immer pünktlich, aufmerksam, achtsam und klug. Aber ich bin es offenbar ausreichend oft. Denn die Kinder entwickeln sich prima. Und ich stelle fest: ausreichend reicht.
Und es ist vielleicht sogar für alle besser: Wenn ich mich nämlich ständig mit Perfektionismus, Ich-muss-noch-besser-sein und Schuldgefühlen stresse, bis ich erst recht keine gute Mutter mehr und kein gutes Vorbild. Meine Kinder sollen lernen, dass man auch Fehler machen und un-perfekt sein darf. Dass man an sich arbeitet, strauchelt, fällt, wieder aufsteht, nachsichtig mit sich ist, weitermacht.
Das heißt für mich nicht, dass ich mich darauf ausruhe: „Ich meckere nunmal jeden Morgen, da müsst ihr durch!“ „Ich sehe nunmal nicht, wann das Baby muss, dann hat es halt einen wunden Po!“ . Das passt für mich nicht. Ich sehe das eher so: Ich mache Fehler. Ich sehe sie. Ich arbeite an ihnen. Ich versuche jeden Tag, es ein bisschen besser zu machen. Und wenn es heute nicht klappt, wenn ich schon wieder 25 Pipis verpasst, den mittleren zu spät ins Bett gebracht und beim Großen ungeduldig bei den Hausaufgaben gewesen bin – nun denn, dann sage ich – vor allem zu meinem großen Kind – „Tut mir leid“ und versuche ich es morgen einfach noch einmal.
<3