Wir waren gestern beim Schwimmkurs (jaja, ich weiß, aber als alte Seglerin hat Schwimmen können bei uns oberste Priorität, schließlich will ich noch einmal rundrum).
Als es ans Duschen ging, standen meine beiden Kinder unter den Duschen, während ich mir – barfuß, sonst aber voll bekleidet – ein lustiges Spiel draus machte, ihnen mit Handtuch, Augentrocknen und Haarseife behilflich zu sein, ohne selbst komplett nass zu werden.
Neben uns stand ein Mädchen unter der Dusche, sie war vielleicht vier oder fünf Jahre alt. Ihre Mutter war in der gleichen Situation wie ich. Nur…ganz anders.
<rant start>
„Jetzt stell dich nicht so an!! Los, umdrehen! Haare nass! NASS!!! Hörst du nicht?“ Sie schubst das Kind unter den Wasserstrahl. „Los, nassmachen! Herrgottnochmal, du begreifst aber auch gar nichts….“ Ihr könnt euch denken, wie es weiter geht: Das Kind will sich nicht die Haare waschen, die Mutter schimpft immer weiter auf sie ein, schiebt sie unter den Wasserstrahl, rubbelt unsanft in den Haaren herum. Die Kleine kriegt erst Wasser, dann Shampoo in die Augen, sie weint, die Mutter flucht. Es endet damit, dass das Kind verstört und verängstigt ist und die Mutter nass.
Meine Kinder waschen sich in der Zeit die Haare, wir trocknen uns ab und gehen raus. Und innerlich – sterbe ich.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn ich sowas höre oder sehe, bin ich so traurig, dass ich wütend werde. Das geht nicht. So darf man mit Menschen nicht umgehen. Da fängt für mich Gewalt an. Wie oft habe ich schon gehört: „Haarwaschen? Geht bei uns nur mit Festhalten. Sonst macht sie ja nicht mit.“
Ich kann mich nicht erinnern, meine Kinder schonmal zum Waschen festgehalten zu haben. Für mich ist das übergriffig. Für mich ist das Gewalt. Wenn ein Kind sich nicht die Haare waschen will, dann ist das ein Benutzerfehler! Dann haben wir die Wassergewöhnung verbockt, waren zu schnell, zu spät, zu unbedacht, zu hektisch, was auch immer. EDIT: Oder das Kind ist einfach so – jedes Kind ist anders – macht eine Phase durch, was immer /EDIT, danke Franzi.
Aber es ist NIE NIE NIE die Schuld des Kindes. Und Eltern haben kein Recht, Kinder zu zwingen, auch nicht zum Haarewaschen.
</rant Ende>
„Ja, aber was sollen wir denn tun?“ fragen jetzt die, deren Kinder sich nicht die Haare waschen lassen.
Präventiv: Beim nächsten Kind fangt im Säuglingsalter mit der Wassergewöhnung an (in der Wanne zu Hause oder zum Beispiel hier), dann entstehen solche Probleme im Idealfall gar nicht: Mit Wasser spielen, Wasser über den Kopf laufen lassen, erst hinten, dann langsam auch über das Gesicht, so dass sich schon der Säugling sanft daran gewöhnt, Wasser auf dem Gesicht zu tolerieren. Das kostet Zeit – aber es gilt wie immer der Schmidt’sche Energie-Erhaltungssatz: Investierte diese Zeit lieber jetzt, später kostet es euch noch viel mehr Zeit.
Wenn es schon zu spät ist oder das Kind streikt – dann braucht ihr jetzt vor allem: Zeit. Tretet einen Schritt zurück. MUSS das Kind Haarwaschen? Tut es ein feuchter Waschlappen erstmal auch? Trockenshampoo? Nur hinten? Nur die unteren? Oder einfach mal Ruhe einkehren lassen? Ich würde immer erstmal pausieren. Gras über den Streitpunkt wachsen lassen. Dem Kind seinen Raum geben. Und dann, wenn sich die Wellen geglättet haben, langsam und spielerisch anbieten: Komm, wir machen mal die Spitzen nass. Oder eine Taucherbrille kaufen und dem Kind die Haare eben mit Brille waschen. In jedem Fall: Es so angenehm für das Kind wie möglich machen und langsam, Schritt für Schritt, gemeinsam aus der Angst herauswachsen.
Was immer ihr tut, wie gestresst wir als Eltern auch sind – wir sollten immer versuchen, achtsam zu sein. Gewalt hilft uns nicht weiter. Selbstwertgefühl und Bindung sind so viel wichtiger.