Putzen und Erziehen sind eins. Wieso? Weil in beiden Bereichen meist Schäden bleiben, wenn wir mit zuviel Druck arbeiten (und anstrengend ist es sowieso). Wenn Erziehung anstrengend ist, läuft meistens etwas nicht rund. Und es sind in 99% der Fälle Benutzerfehler!
Gerade habe ich einen Artikel über „Wellness-Putzen“ gelesen. Mir ist eine Passage besonders im Gedächtnis geblieben: Wenn wir Verkrustungen am Herd haben, rücken viele meistens mit einem starken Reiniger und einem Schwamm mit Kratz-Oberseite oder gleich dem Topfkratzer an, richtig? Und dann mit viiiiiel Druck solange geschrubbt, bis uns die Hand weh tut, wir schwitzen und wir feststellen, dass Putzen anstrengend ist und wirklich keinen Spass macht.
Statt das Zeug einfach mal einen halben Tag einzuweichen. Und dann mit einem galanten Schwung sanft abzulösen.
In der Erziehung schon der Kleinsten sehen wir häufig ähnliches Verhalten:
Es gibt ein Problem (Kind schläft schlecht, Baby stillt zuviel, Kleinkind haut, Kleinkind will nicht in der Kita bleiben oder wird nicht trocken etc.). Und Eltern versuchen es kurz mit gutem Zureden und dann sogleich mit viel Druck, scharfen Mitteln und hohem Energieaufwand.
– Es werden Schlafprogramme durchgeführt (scharfes Mittel: Energie-Aufwand bei Eltern, die vor dem Zimmer zittern und Baby, das im Zimmer weint, enorm hoch; bleibende Kratzer in der Eltern-Kind-Beziehung unausweichlich)
– Es wird abgestillt (scharfes Mittel: Baby wird für sein Leben wichtige Immunisierung entzogen, Wahrscheinlichkeit von schlechten Zähnen, schwachem Kiefer, schlechter Aussprache, Übergewicht und Diabetes steigt etc.; bleibende Kratzer je nach Abstillmethode, Alter des Kindes und gesundheitlichen Voraussetzungen der Familie wahrscheinlich)
– Kleinkindern wird mit viel Schimpfen und teilweise sogar körperlichen Strafen versucht, frühzeitig das Hauen abzugewöhnen (leichtes bis scharfes Mittel, aber in jedem Fall unwirksam, teilweise beschämend für das Kind und frustrierend für die meisten Eltern)
– Kleinkind wird weinend in der Kita gelassen „der hört schon gleich auf“ (scharfes Mittel, Kind hat Bindungsstress, der in schlechtesten Fall auf ewig in seiner Stress-Reaktions-Kaskade verankert bleibt)
– Kind wird nicht trocken und Eltern greifen erst zu Lob, dann zu Belohnungen, dann zu Strafen und letztendlich zu Hilfsmitteln wie Klingelhosen o.ä. (leichtes bis scharfes Mittel, Kratzer vorprogrammiert).
Statt Eltern und Kinder mit diesen Hau-Ruck-Methoden zu drangsalieren, könnten wir uns mal am Wellness-Putzen orientieren: Zeit statt Druck. Abwarten und einweichen. Konkret heißt das: Immer wieder anbieten, üben, versuchen, bei großen Kindern vormachen und erklären und dann abwarten, wie es sich entwickelt.
Abwarten, bis das Baby so groß ist, dass es alleine einschlafen kann – das ist bei jedem Kind ein anderes Alter, aber es kommt!
Abwarten, bis wir abstillen können, ohne Schäden zu hinterlassen – auch das bei jeder Mutter-Kind-Dyade ein anderer Zeitpunkt, aber er kommt!
Abwarten, bis Kinder aus dem Hau-Mich-Alter heraus sind und gegebenenfalls die Umgebung ans Kind anpassen – z.B. mehr mit älteren Kindern spielen lassen statt mit Gleichaltrigen, weil die Großen besser damit umgehen (und es besser lehren als wir Erwachsenen!)
Abwarten bis unser Kind freundlich und willig in der Kita bleibt, weil es eine sichere Bindung zu den Erwachsenen dort aufgebaut hat und das dort bleiben Spass macht
Naja, und übers Trocken werden… da müssen wir nicht reden, schaut in die Spätstarter-Tipps oder fangt einfach gleich mit Abhalten an (in diesem Falle also: lasst möglichst gar keine Verkrustungen am Herd entstehen), dann entfällt die Sauberkeitsproblematik sowieso.
In diesem Sinne: Ich wünsche allen einen schönen Pfingstmontag! Und geh dann mal den Herd einweichen.
Großartig! Danke!
Sehr schön! Und so wahr!
Wenn das mal immer so einfach wär, hach.
Da ist ja oft genug auch Druck von außen auf uns Eltern (ab Januar wieder arbeiten gehen, weil Elterngeld zu Ende…) und dann tragen wir den prompt weiter zu unseren Kindern.
Ich weiche meinen Herd immer ein 😛
Ich hoffe die Gelassenheit überträgt sich auch auf mein Kind. 🙂