Wir haben Kinder. Wir werden dick. Oder ausgezehrt. Wir sind gestresst. Oder völlig erledigt. Wir werden faltig. Keine Zeit fürs Fitness-Studio, für Massagen, Eincremen, Sex. Die Frisur eine Katastrophe (oder eben: wild), Make up? Nur zu besonderen Anlässen. Schönheitsschlaf? Soll das ein Witz sein??
Eine gute Freundin klagte kürzlich darüber, dass sie nach zwei Geburten dann doch nicht mehr aussieht, wie mit zwanzig. Tjahhaaa – das ist wohl Mama-Schicksal (falls man nicht eine Heidi-Klum-Maschine oder eine Victoria-Beckham-Maschine ist) . Mit zwanzig war ich durchtrainiert, ausgeruht und voller Flausen im Kopf.
Und jetzt? Falten statt Flausen, viel zu oft viel zu müde, chronisch untertrainiert. „Mütter altern einfach schneller“, sagte jene Freundin, und das stimmt.
Warum erzähle ich das in diesem Blog? Weil Attachment Parenting oder „artgerechtes Kinderleben“ m.E. eine besonders körpernutzungsintensive Angelegenheit ist. Und ich erzähle es, weil es mich überhaupt nicht kratzt, dass ich nicht mehr aussehe wie mit zwanzig.
Und das hat zwei Gründe:
Grund 1:
Wenn ich sterbe, will ich, dass ich meinen Körper, der mir geschenkt ward, auch benutzt habe – mit allen Konsequenzen. Mich reizt die Vorstellung überhaupt nicht, mit makellosem Äußeren von dannen zu schreiten. Wozu hätte ich dann gelebt? Was für ein Leben wäre es gewesen, das nicht eine einzige Spur auf meiner Haut hinterlassen hätte? Wie könnte ich mit diesem Wunderwerk an Körper gelassen auf einem Totenbett liegen, wenn ich mir sagen müsste, verflixt, ich hätte soooo viel mehr damit machen können? Würde ich mir dann sagen: Super, dass ich immer noch so einen flachen Bauch, so makellose Fingernägel, so schneeweiße Haut habe? Oder werde ich mich daran erinnern, wie ich mit meinen Kindern durch den Wald getollt bin, wie mir beim Segeln die Gischt ins Gesicht flog, wie ich mir beim Wollsachen-Handwaschen die zarten Fingerchen zu Reibeisen ruiniert habe? Ja, als Mama gibt es viele Aktivitäten, bei denen man sich Falten, Schrammen und Narben holt, bei denen man sich die Fingernägel und gerne auch mal die Haare ruiniert – aber wen sorgt das? Wächst alles nach.
Grund 2:
Ich glaube, daran, dass ein benutzter Körper auch ein schöner Körper ist. Vor allem, wenn wir ihn „artgerecht“ benutzen. Wenn wir ihn bewegen, wenn wir mit ihm Kinder gebären, wenn wir ihn pflegen, indem wir ihn artgerecht benutzen für die Dinge, für die er gebaut ist. Wenn wir viel draußen sind, viel an der frischen Luft, wenn wir zu Fuß gehen, wenn wir im Wald Beeren pflücken, Kinder tragen, tanzen und singen. Davon kriegt er vielleicht Schrammen, Narben und Falten. Aber davon kriegt er auch Spannkraft, dieses innere Leuchten, diese Musik in den Schritten, die ich bei manchen Menschen sehe, die eindeutig viel draußen sind.
Wir werden gebraucht. Und manchmal verbraucht. Der Schlafmangel, die Belastung, das sieht man. Aber die Freude, das viele Draußensein, die viele Bewegung – ich finde, das sieht man auch!
Deshalb: Nutzt eure Körper!
Wir haben diese großartigen Beine, die uns kilometerweit tragen können – nutzen wir sie! Lauft!
Wir haben diese großartige Lunge, die uns mit Sauerstoff versorgen kann – nutzen wir sie! Atmet und singt!
Wir haben diese starken Arme, die Kinder tragen, schwingen, schützen, wärmen können – nutzen wir sie! Tobt und klettert!
Wir haben diese faszinierenden Hände, die pflücken, graben, kitzeln und streicheln können – nutzen wir sie! Kuschelt und Buddelt!
Wir haben diesen Bauch, der Kinder gebären kann – habt Spass! 😀
Toller post. So weise. Und so wahr. Undirgendwie gefällt mir das „Kuschelt und Buddelt“ besonders gut. Ist schon wahr, ein gutes Leben lässt sich zweifelsohne daran bemessen, ob genug gekuschelt und gebuddelt wurde. Wobei ich Ersteres genau jetzt gleich unter Beweis stellen werde. Juchu!
Ja meinen jungen Aussehen trauere ich auch hinterher. Aber die Zeit vergeht so schnell mit Kindern, ich denke ohne Kinder sähe man jetzt genauso aus, nur dass einem die Zeit bis dahin länger vorkommt…
Man muss ja auch „Platz“ machen für die jungen Mädels, die bewundert und „bemuttert“ werden wollen. Man muss den „Nachrückenden“ ja auch ihren Spaß lassen 😉
Und wie Nicola schon sagte, haben wir jetzt anderen Spaß 🙂
ich glaube, dass wir auch ohne kinder nicht aussehen wie mit zwanzig! und wer sich mit kindern viel bewegt und viel draußen in der natur unterwegs ist, mit seinen kindern lacht, der kann sogar teilweise jünger aussehen als eine zwanzigjährige, die gerade wegen einer party die nacht durchgemacht hat 😉
Geht es darum, dass wir Falten kriegen und altern oder geht es darum, müde und ausgelaugt zu sein? Gegen letzteres kann man doch was tun: Ich glaube, wir Mütter sind müde und kränklich, weil wir unsere Reserven verbraucht haben und die mal ganz dringend auftanken müssten, mit Vitaminen und Mineralstoffen. Schwangerschaft und Stillen ist ein harter Job für unsere armen Körper. Eine meiner Freundinnen ist das blühende Leben, obwohl schon 40 und vor nicht allzulanger Zeit zum vierten Mal Mutter geworden, aber sie achtet auch ziemlich auf nährstoffdichte Ermährung.
Ansonsten hast du natürlich recht – mitten hinein ins Leben!