Was Sie schon immer über Babies wissen wollten…

…was Ihnen aber kaum jemand sagen wird.

Daher also hier: Schnuller, Windeln, Kinderwägen, alles ganz normal. Sind ja alle groß geworden. Oder? Wenn man sich mal umschaut, muss ich feststellen: Ja, aber mit ganz schön heftigen Konsequenzen. Und es geht auch anders.

Ich sehe:

Kinder mit drei oder sogar vier Jahren, die noch einen Schnuller im Mund haben und weinen, wenn man ihn ihnen wegnimmt – und genervte Mütter:

Mein Sohn ist nun 3 1/2 Jahre alt und trägt ständig den Schnuller im Mund.
Am laufenden Band muss man ihn auffordern den Schnuller aus dem Mund zu nehmen,da man ihm beim sprechen kaum versteht,was schon ohne Schnuller manchmal ein Kampf ist.

Kinder mit drei Jahren und älter, denen auf dem Spielplatz aus der Jeans beim Klettern die Windel herausguckt. Und Threads im Internet wie diesen:

Wenns nur ein Tröpfchen im Schlüppi wär, was ihr manchmal passiert und wo sie dann schnell für den Rest zum Topf rennt, würd ich ja nix sagen, aber sowas ist doch kein zufälliger Unfall mehr…
WARUM MACHT SIE SOWAS????
(…)
Wie gesagt, seit letztem Jahr FEBRUAR sind wir da dran!!!! Ich versuch die ganze zeit ruhig zu bleiben, aber es gelingt mir immer weniger. Momentan macht es mich einfach nur WÜTEND. Ich schimpf sie dann immer ganz doll, ich kann einfach nicht anders. Ich versuch erstmal durchzuatmen, aber es geht nicht. Hab sie dann einfach halb 12 schon ins Bett getan ohne Ente… Sie hat geheult, aber es hilft nicht. Nur, WAS hilft????

oder den: Das-leidige-Thema-Wie-bekommt-man-ein-Kleinkind-am-besten-sauber oder hier: das kind meiner schwägerin ist fast 4 und trägt immer noch windeln oder Mein-Sohn-will-einfach-nicht-sauber-werden – die Liste ist endlos (ganz zu schweigen von den Geschichten über wunde Popos).

Eltern, die Augenringe haben, weil es einfach anstrengend ist, einem neun Monate alten Baby nachts 3 Mal eine Milchflasche machen zu müssen, weil man a) nach den „üblichen“ sechs Monaten abgestillt hat, das Baby b) „natürlich“ im eigenen Zimmer schlafen muss, aber c) ganz und gar nicht ans Durchschlafen denkt (seufz, Familienbett rocks).

Mütter, die mir genervt sagen: „Naja, mein Kind ist ein bisschen träge“, während sie – heute erlebt – ihre Tochter gerade mit einem „Jetzt bleib sitzen!“ bedacht und wieder im Kinderwagen festgeschnallt haben.

Wenn man mal mit offenen Augen durch die Welt läuft, fällt einem schon auf, dass das Standardprogramm gar nicht so problemlos ist, wie einem häufig suggeriert wird.

Mütter sind traurig, weil sie unnötige oder von Ihnen im Nachhinein als unnötig empfundene Kaiserschnitte hatten. Mütter erzählen mir, dass ihre „Milch versiegt“ sei und dass sie darüber traurig sind, während ich ihr Kind schon wenige Wochen nach der Geburt eigentlich ständig am Schnuller nuckeln und im Kinderwagen liegen sah. Alle erzählen, dass Kinder „von selbst“ sauber werden und wenn man in den Mütterforen mal danach sucht, liest man stressige Geschichten von Kindern, die ganz und gar nicht daran denken, ihre Windeln herzugeben, nachdem man sie jetzt 24 Monate lang daran gewöhnt (und nicht zuletzt häufig trotz ihrer Gegenwehr gewickelt!) hat.

Das Dumme ist nur: Das sagt mir als Mutter vorher keiner.

Vorher heißt es nur: Schnuller, Kinderwagen, Windeln – so machen es doch alle und sie sind alle groß geworden…

Wieviel Frust, Stress und Verzweiflung das bei allen Beteiligten hervorrufen kann, wird entweder verschwiegen oder als „normal“ dargestellt. Ist es aber nicht. Wir haben kein einziges der oben genannten Probleme . Und auch die befreundeten Eltern, die versuchen, der biologischen Disposition ihrer Kinder gerecht zu werden, haben diese Probleme nicht.

Es geht anders. Let’s make a difference.

8 Gedanken zu „Was Sie schon immer über Babies wissen wollten…

  1. Das sagt ja Gonzales auch, dass die ganze Elternschaft einem total verleidet wird durch dieses ständige Ruhigstellen des Kindes. Wir haben solche Probleme auch nicht. Wenn er mal richtig quengelig ist, weil er krank ist etc., dann fällt einem das auf, weil es nicht normal ist. Normalerweise müssen Babies nicht andauernd schreien.

  2. … aber warum kommen so wenige Eltern nicht auch alleine darauf, dass da etwas in die falsche Richtung geht?

    Ich meine, ich hatte vor der Geburt auch noch ein paar ganz andere Vorstellungen und Einstellungen. Aber ab dem ersten Lebenstag meiner Kleinen passte vieles gar nicht zu meinen Gefühlen. Warum sagte der Bauch etwas anderes als der Kopf bzw. die 1000 Empfehlungen von anderen. Also musste ich umdenken und habe vieles für mich hinterfragt.

    1. Stimmt, ging mir auch so vor der Geburt. Ich hatte dann auch noch ein eher unerquickliches Geburtserlebnis mit drei Tagen Wehen bei Bruthitze in der Klinik, letztlich Kaiserschnitt, dann Kind 10 Tage wg. „Neugeboreneninfektion“ in der Kinderklinik, seufz.

      Aber wenn man dann auf seine Gefühle, Intutition, kurz auf das vertraut, was das Frau-Sein meiner Ansicht nach im Kern ausmacht, muss man einfach da ankommen, wo wir glücklicherweise sind.

      Vielleicht ist vor lauter Gleichberechtigung/“Wir sind die besseren Männer“ diese große weibliche Stärke bei vielen auf der Strecke geblieben ist. Aber jetzt ist die Zeit, dass immer mehr Frauen es zulassen, sich wieder darauf zu besinnen.

  3. Ich stelle fest, dass mit meinem eigenen – seit 10 Monaten gestillten, getragenen, windelfreien, im Familienbett schlafenden, wunderbar zufriedenen, kompetenten und selbstbestimmten – Kind für mich richtige „Vergangenheitsbewältigung“ angefangen hat.

    Natürlich bin ich, Jahrgang 1973,
    – nicht gestillt worden („unappetitlich“, „Macht man nicht“)
    – im Laufstall groß geworden
    – nachts ins tolle „eigene Bett“ im „eigenen Zimmer“ gelegt worden (u.a. mit dem Effekt, dass ich noch zu Gymnasialzeiten jeden morgen ins Ehebett gekrabbelt bin, was ich irgendwann selbst auch nicht mehr angemessen fand – aber das Bedürfnis war einfach noch da)
    – mit der tollen neuen Errungenschaft aus den USA, den Pampers gewickelt worden („was wir da ein Geld für Dich ausgegeben haben!“)
    – zur Ausfahrt im Kinderwagen festgeschnallt worden.
    – jeden morgen Punkt elf Uhr gebadet worden.
    Einen Schnuller hatte ich wenigstens nicht, habe aber bis ins Kindergartenalter am Daumen gelutscht und noch bis in die Studentenzeit an den Fingernägeln gekaut. War auch kein Vergnügen.

    Und was hat man mir über mich erzählt?
    – „Dein Vater mußte abends immer stundenlang singen, bis Du endlich eingschlafen bist“ – kein Wunder, wenn ich in ein einsames Bett fernab meiner Mama verfrachtet werden sollte.
    – „Außerdem wolltest Du auf seiner Brust einschlafen. Das hat erst aufgehört, nachdem er seine Lieder auf Kassette aufgenommen hat und er Dir nicht mehr selber singen mußte“ – Kein Kommentar.
    – „Du wolltest immer wegen dem kleinsten Tröpfchen ausgewickelt werden (meistens war dann aber gar nichts drin)“ – !warum nur! – „und nie wolltest Du dieses „Päckchen“ am Popo – aber das mußte halt sein“.
    – „Im Kinderwagen wolltest Du nie mit uns mitkommen, und Du wolltest Dich immer aus dem Geschirr abschnallen“ … aber das „mußte ja sein“…
    – „Dein Laufstall war eine komplette Fehlinvestition, da wolltest Du nie rein – aber es ging nicht anders“

    Schließlich die abschließende Beurteilung meiner Kleinkindzeit (das macht mich heute noch traurig): „Du warst ganz schön bockig und anstrengend, dabei bist Du doch eigentlich ganz nett und kooperativ. Sei froh, dass Du Dich nicht selbst erziehen mußtest.“

    Mir kommen Tränen, während ich das schreibe. … JA, JA, JA, ich hätte mich gerne selbst erzogen und hätte gerne einiges anders gemacht…

    Danke für dieses Blog, wo ich sowas mal loswerden kann…

    PS:
    meine Mutter, mit der wir zusammenleben, ist übrigens für Stillen-Tragen-Windelfrei-Familienbett sehr aufgeschlossen und findet das nach anfänglichem rituellen Widerstand alles ganz normal und okay. Aber damals „hat man das halt so gemacht“. Insofern mache ich ihr keinen Vorwurf. Wir müßten vielleicht ein bißchen gemeinsam trauern.

    1. Liebe EO,

      danke, dass Du das alles mit uns teilst, Dein Text hat auch mich sehr bewegt. Wie schön, dass Du dich hier im Blog gut fühlst! „Gemeinsam trauern“ klingt sehr weise. Und Dein Kind ist ja auch so etwas wie ein neuer Anfang … „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben“, schreibt Hesse.

      In diesem Sinne ein lieber Gruss,
      nica

    2. wir haben unsere tochter (2monate) auch ab der 2ten woche in ihrem eigenen bettchen in ihrem eigenen zimmer schlafen lassen, seit 3tagen habe ich sie in unser bett geholt!
      denn nach ca.6 wochen allein in ihrem zimmer schlafen hatte ich abends keine lust mehr auf das ewige geweine und habe meinem mann gesagt, dass sie sicherlich soiel weint, weil sie sich allein fühlt nachts … die ersten 2 nächte mit ihr in unserem bett waren etwas anstrengend, aber nun steht ihr bett direkt (ohne gitter) an unseren, so, dass wir ein größeres bett haben und siehe da: sie ist statt 23-24 uhr gestern mit mir zusammen um halb 10 eingeschlafen 🙂 und diese nacht war auch rholsam für mich 🙂
      ich denke unsere elern werden das auch nicht gut finden aber im enddefekt ist es ja nur das beste für sie 🙂

      abends weint sie zwar immernoch, aber ich denke das wird sich legen, wenn sie gemerkt hat, dass die nun nachts nicht mehr allein ist …
      ich fühl mich ehrlich gesagt schon ganz schlecht, wenn ich merke wie sie abends weint und was wir ihr damit quasi angetan haben :S

      deinen beitrag finde ich wirklich klasse!danke 🙂

    1. Hallo Bettina,
      ich hab die Mail an Dich schon seit zwei Tagen angefangen im Entwurf-Ordner 🙂
      Ein Treffen in Mainz oder Wiesbaden sollten wir hinkriegen!
      Liebe Grüße
      EO

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