Weil sich neben Windelfrei-Alltagsberichten und Infos zum Thema Attachment Parenting in diesem Blog manchmal auch Berichte über alternative Projekte wie Hippiedörfer, Geburtszentren oder Eltern-Kind-Büros finden, möchte ich Euch gerne von unserem dreitägigen Besuch beim HomeEducator Summer Festival (HesFes) 2010 berichten, denn dort war es so interessant und anregend, dass wir hinterher dachten: Hey, so sollte es öfter sein, so wäre es schön zu leben!
HesFes findet einmal jährlich in Südengland statt und ist ein sehr grosses internationales Festival für unbeschulte Familien (wobei auch Schulkinder herzlich willkommen sind). Demtsprechend stellte ich mir das Ganze schon eher laut und stressig vor. Stattdessen war es einfach sehr entspannend und erholsam, weil soviel los war, weil wir soviele nette Leute treffen konnten – und das alles ganz ohne Aufwand!
Denn daheim sind unsere Aktivitäten immer mit viel Vorbereitung verbunden, wir müssen reisen, Essen und Kleider mitschleppen, alles oft recht anstrengend mit kleinem Kind. Aber da hier alles herrlich einfach per Fuß zu erreichen war, hatten wir einfach nichts weiter zu tun, als zum zentralen Platz zu gehen und uns ins Getümmel zu stürzen.
Und anders als bei einem wilden Musikfestival, wie es den meisten aus Jugendzeiten bekannt ist, drehte sich hier nicht alles nur um laute Musik, viel Alkohol und die üblichen Schlammschlachten. Konnten wir vorher mit dem Programm nur wenig anfangen („Was soll das denn – Qigong? Häkeln? Gipsabdrücke? „), so entdeckten wir dann vor Ort den Charme der vielen, vielen Workshops, die da hauptsächlich von Freiwilligen für die Festivalteilnehmer angeboten wurden. Wer hätte gedacht, dass es so viel Spass machen würde, einen Weidenkorb zu flechten? Oder mitsamt Baby bei einer Trommelsession teilzunehmen? Oder dass wir uns Gedanken machen würden, wie wir die Circus Skills und den Vortrag im Konferenzzelt vereinbaren könnten?
Das Schöne an den Aktivitäten war, dass jeder überall teilnehmen konnte, dass (männliche) Teenager ebenso an Bauchtanzkursen mitmachten wie unser Baby beim Teppichweben half. Die Atmosphäre war: Lasst uns zusammen als Familie einen schönen Tag verbringen und sehen, was wir noch alles machen können. Und wenn unser Baby mitten in der Trommelsession aus dem Zelt stürmte, um mit den grösseren Kindern Fussball zu spielen, so war das ebenfalls ok.
Das hat mir Lust auf mehr davon gemacht, auf mehr Zeit zusammen als Familie, mit anderen Familien. Schön wäre es also eine Nachbarschaft zu haben, die das bietet, was wir auf dem HesFes als so angenehm empfanden: Nette, aufgeschlossene Leute direkt vor der Haustür, die Zeit, Lust und Energie haben, miteinander etwas unternehmen.
Wie würde eine Zukunft aussehen, wenn die Leute kaum noch ins Büro, Kita oder in die Schule gingen, sondern stattdessen in ihrer Nachbarschaft den Tag verbrächten?
Siedlungen wären tagsüber nicht mehr ausgestorben, Leben nicht fest verplant und Eltern und Kinder weniger gestresst, weil keiner morgens unbedingt irgendwo sein müsste. Vielleicht würden Aktivitäten im Stadtteilzentrum stattfinden, evtl. auch einfach in den Häusern und Gärten der Leute, vieleicht auf der Strasse oder in einem geheizten Zelt auf einer Wiese. Jeder könnte sich einbringen, etwas ausprobieren, lernen, anderen etwas zeigen etc.
Wie utopisch wäre das? In eine Kommune ziehen müssten wir nicht, mit den richtigen Leuten liesse sich vermutlich jedem x-beliebigen deutschen Vorort Leben einhauchen. Das einzige was wir wirklich bräuchten wären, wie gesagt, Leute mit Zeit, Lust und Energie!
Also ich wär sofort dabei, macht noch einer mit?
Ich träume auch… Landleben, viele Kinder und viel „Miteinander“, aber auch viele Freiräume…
… doch mein Mann ist ein Großstadtkind… 🙁