Wieder eine Lektion kompetentes Kind:
Es ist Abend, ich bin der Meinung, jetzt muss er doch mal müde sein, jetzt muss er doch mal ins Bett. Noch ein letztes Abhalten – wildes Gemecker, fast schon verzweifeltes Gemecker, meine Güte, Mama, lass das, merkst Du denn gar nichts? scheint er zu sagen. Ich halte noch einen Moment, na, kommt nicht doch etwas, ich denke Du musst doch sicher, oder? Er meckert noch lauter, okay, okay, dann nicht. Ich lasse ihn also. Aber ich bin mir so sicher, das er…na egal.
Bin aber nach wie vor der Meinung, herrje, der Tag war so lang, das Kind muss doch jetzt mal ins Bett. Und…das letzte Mal ist mindestens eine dreiViertelStunde her… müssen müsste er doch jetzt auch noch mal, oder?
Aber hey – wir waren gerade beim Unerzogen-Treffen. Probieren wir es einfach aus! Ich bringe ihn nie ins Bett, wenn er nicht will, aber meistens gehe ich zumindest mit ihm ins Schlafzimmer. Aber er will nicht. Auf keinen Fall. Abhalten auch auf keinen Fall. Schlafzimmer ist langweilig, Abhalten auch. Also gut. Und jetzt, Kind?
Er spielt. Er spielt noch fast eine ganze Stunde. Und wenn man es mal von außen betrachtet… sieht sein Spielen aus wie ein sehr ausgefeiltes Einschlafritual. Erst noch ein bisschen die Wohnung entdecken, dann noch etwas Lachen und Herumalbern, anschließend einen Eimer ein- und ausräumen und schließlich sehr ruhig und konzentriert eine Kerzenkiste inspizieren (JUBLA von IKEA, super Kiste mit höchst interessantem, ausgestanztem Kreis). Ich teste immer mal wieder verstohlen, ob er sich jetzt naß gemacht hat, aber da ist nichts. Überlege neuerliche Abhalte-Versuche, verwerfe den Gedanken dann aber wieder.
Da wir heute Abend alleine sind, bringt ihn nichts aus der Ruhe. Wenn Papa noch da ist, ist die Versuchung, mit ihm zu spielen, nochmal zu toben, nochmal rumzualbern, nach dem Tee zu greifen, den er gerade noch trinkt etc. einfach zu groß. Jetzt ist alles still. Ich liege neben ihm auf dem Boden, er spielt. Und spielt. Und krabbelt, er erzählt und spielt. Immer ruhiger, immer konzentrierter. Zwischendurch holt er sich einen Schluck Milch. Spielt weiter. Er weint nicht, er wedelt nicht wie sonst wild herum, er reibt sich manchmal die Augen, aber er ist ganz entspannt. Und als er soweit ist, kommt er ganz von selbst, klettert auf meinen Schoß, dockt an – und schläft ein. Griff an die Schlafanzughose – trocken.
In fünf Tagen ist er neun Monate lang auf dieser Welt. Und jeden Tag dieser neun Monate lerne ich etwas Neues.
Das Ganze ist jetzt eine Stunde her, er liegt im Bett und schläft und alles ist gut. Er musste einfach nicht mehr. Was für eine lustige Annahme von mir, ich könne das besser wissen als er.
Wunderbar, dein kleiner kompetenter Sonnenschein! 🙂
… er ist so jung und doch schon so weise … ganz die mama!!! da hilft kein leugnen 😉