Es ist schwer ohne Austausch!

Und noch eine Julia schrieb mir ihren Windelfrei-Erfahrungsbericht für unsere Serie:

Wie bist Du zu Windelfrei gekommen?
Ich habe während meiner Schwangerschaft in einer Eltern-Zeitschrift einen Bericht einer Mutter von einem windelfreien Baby gelesen. Ich fand die Idee interessant und bin dann auf das Buch „Es geht auch ohne Windeln?“ gestoßen. Damals habe ich mich entschieden, es zu versuchen. Dennoch habe ich mir Stoffwindeln besorgt, um mich nicht gleich zu überfordern.
Als dann das Baby da war, habe ich überhaupt keinen Gedanken mehr an Windelfrei verschwendet. Alles war so neu und anstrengend. Allein das Stillen war eine Herausforderung. Das Thema Stoffwindeln war auch bald gegessen, da mir mein Sohn mit dem riesen Windelpaket total leid tat. Ich habe dann Wegwerfwindeln benutzt.
Windelfrei fiel mir erst wieder im Juni ein, als das Wetter sehr warm wurde und mir auffiel, dass mein Baby in der Windel schwitzte.

Wie alt war dein Kind, als Du mit Windelfrei angefangen hast?
Er war damals 2 Monate alt.

Wie viele Windeln hast Du vorher pro Tag verbraucht (Durchschnitt)?
Ich habe wirklich sehr viele Wegwerfwindeln verbraucht. Oft bis zu 10 Stück und mehr in 24 Stunden.

Wie viele Windeln verbrauchst Du derzeit und wie alt ist Dein Kind mittlerweile?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich würde sagen, 4-6 Stück in der Woche. Mein Kind ist nun 5 Monate alt.

Nutzt Du auch andere Backups?
Auf die Idee, eine Windel zu benutzen und trotzdem abzuhalten bin ich eigentlich nie gekommen. Ich habe die WWW meistens benutzt, wenn ich die Nase voll von dem Herumgepinkle hatte und keine sauberen Mulltücher mehr hatte.
Mein Sohn lag meistens auf seinem Lammfell mit einem Mulltuch zwischen den Beinen.
Doch dieses Backup war für die stets steigende Urinmenge bald nicht mehr genug. Das Abhalten funktionierte dann allerdings bald besser, als er mehr bei pro Abhalten dafür aber weniger oft pinkelte.
Nachts liegt er mit dem Unterkörper auf einem Lammfell, auf dem ein Moltontuch liegt. Versäume ich ihn abzuhalten, geht das Wechseln des Tuchs ganz schnell.

Hattet/habt ihr Probleme mit Wundsein?
Er hat immer mal wieder einen roten Po. Den hatte er mit Windel und hat ihn auch jetzt noch. Einmal hatte er kleine Bläschen beim After. Verdammte Schokolade. Da fing ich dann auch an, ihn nachts abzuhalten, damit die Bläschen schneller abheilen.

Welche Standardsituationen probierst Du aus?
nach dem Aufwachen – funktioniert nicht immer. Entweder ich bin zu früh, zu spät oder er muss nach einem kurzen Nickerchen überhaupt nicht.
beim Stillen – machen wir nicht. Wir stillen fast immer im Liegen. Früher habe ich ihm ein Mulltuch zwischen die Beine geklemmt. Das ist aber jetzt zu wenig. Wir liegen auf besagtem Lammfell mit Moltontuch. Bis vor kurzem hat er dabei immer gepinkelt. Ich habe dann kurz unterbrochen, das Tuch gewechselt und weiter gestillt. Nun ist es so, dass ihm das wohl auf die Nerven ging, und er beim Stillen nicht mehr pinkelt. Wahnsinn, oder?
nach dem Stillen – er pinkelt meist 15 Minuten nach dem Stillen 3 Mal im 15-Minuten-Takt. Ist aber tageszeitabhängig.
Wenn ich ihn aus dem Tragetuch nehme, halte ich ihn immer ab.

Wann klappt es am besten?
Mein Baby signalisiert meistens nur sehr subtil bzw. kann das leise Stöhnen auch etwas anderes bedeuten. Ich habe sehr lange nach Signalen gesucht, bis ich auf dieses Stöhnen aufmerksam geworden bin. Wobei ich sagen muss, dass ich sehr auf akustische Signale fixiert bin.
Jedenfalls ist mir aufgefallen, dass es mit der Intuition am besten klappt, wenn wir irgendwo zu Besuch sind, ich neben ihm auf seiner Decke sitze und mich jemanden unterhalte. Ich bin also ganz nah bei ihm, konzentriere mich aber eigentlich auf etwas anderes. Und dann kommt die Eingebung und ich liege meistens richtig, was im Alltag nicht immer der Fall ist.

Wie viele Minuten (circa) hast du Zeit, um dein Kind abzuhalten (wenn es z.B. gerade aufgewacht ist oder wenn es Zeichen gibt)?
Mittlerweile oft 5 Minuten oder länger. Manchmal kann er noch gar nicht richtig, wenn er signalisiert hat.

Was benutzt ihr als Töpfchen, wenn ihr eines benutzt?
Wir haben anfangs eine kleine Plastikwanne benutzt. Ich habe auch Asiatöpfchen gekauft, die ich aber für Buben unpraktisch finde, da man den Penis immer etwas runterdrücken muss, damit das Pipi im Topf landet. Außerdem kommt oft beim Pinkeln auch hinten was mit und dafür ist der Topf zu klein.
Mittlerweile benutze ich die Abwäsche in der Küche. Mein Mann fand das anfangs ekelig, aber unser Badezimmer liegt nicht zentral genug. In der Nacht benutzen wir eine alte Babybadewanne, da sein Pipistrahl sehr weit reicht.
Ich habe nun auch ein herkömmliches Töpfchen gekauft und möchte es bald benutzen, wenn er mit Hilfe halbwegs darauf sitzen kann.

Wie schätzt Du die Arbeitsbelastung ein: eher mehr Arbeit ? eher weniger Arbeit ? genauso viel Arbeit wie beim Wickeln?
Ich denke, es ist genauso viel Arbeit als das Wickeln. Abhalten geht schneller, dafür macht man es öfter. Die Wäscheberge, die ich wasche, sind wahrscheinlich in etwa die gleichen, als wenn ich mit Stoffwindeln wickeln würde.
Wobei meinem Sohn in den ersten Lebensmonaten dauernd die Wegwerfwindeln ausgeronnen ist. Ich musste ihn oft 5 Mal am Tag umziehen, auch nachts passierte das regelmäßig. Dabei war die Windel aber keineswegs überfüllt.

Hat sich in deiner Kindes-Wahrnehmung etwas verändert, seit ihr Windelfrei macht und was?
Ich nehme ihn als selbstständige Persönlichkeit mit starkem Willen war.
Ich hatte anfangs auch das Problem zu erkennen, wann er müde war und in den Schlaf begleitet werden wollte. Meist war er dann schon so müde, dass er sehr schlecht einschlief. Durch das genaue Beobachten und Suchen nach Signalen, habe ich eher wahrgenommen, wann er müde wurde und konnte gleich reagieren. Das hat uns das Leben sehr erleichtert.

Hast Du einen heißen Tipp für Windelfrei-Mütter in der gleichen Situation?
Nicht aufgeben! Es wird besser! Sie pinkeln nicht ihr Leben lang alle 5 Minuten.
Ich glaube, ich habe ihn durch zeitweiliges Windeltragen verwirrt. Unbewusst habe ich das dann als eine Auszeit für mich gesehen und seine Signale ausgeblendet? das hat ihn bestimmt verwirrt. Vielleicht setzt er deshalb seine Signale nicht verlässlich.
Ich habe ihn vielleicht manchmal zu oft abgehalten. Das passiert mich auch jetzt noch, dass ich ihn abhalte und er muss gar nicht.
Mein größtes Problem war und ist noch immer: Ich kenne keine anderen Windelfrei-Mütter! Das Leben ist schwer ohne Austausch.

Vielen lieben Dank!

4 Gedanken zu „Es ist schwer ohne Austausch!

  1. Hallo 🙂

    Ich suche Literatur zu diesem Thema für meine Bachelorarbeit. Vor allem auch über die Geschichte der Windel und wie es in vielen Windelfreien Kulturen gehandhabt wird. Zu dem auch eventuell Studien usw. Freue mich über jeden Tipp!!^^

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