Windelfrei – so gehts nicht II

Nicht, dass hier irgendjemand auf die haltlose Idee kommt, bei uns wäre immer alles total perfekt. Wir können auch anders ;)!

Letztens beim Einkaufen.

Wir wohnen ja fast in unsrer LPG, also Kind windellos mitgenommen. Schlief eh in der Trage. Aber dann…

Baby wacht auf. Ab ins Bad und abhalten. Kommt nix. Hm. Komisch. Egal, wieder raus, sonst räumt der Große draußen das Schokoladenregal leer. Einkaufen gehen. Alles paletti. An der Kasse die Kleine auf der Hüfte und einhändig einräumen. Der Große langweilt sich und surft auf dem Kindereinkaufswagen durch die engen Einkaufsgänge. Großer, das kann schiefgehen, bring den Wagen bitte weg. Ich fingere hektisch mit einer Hand nach dem Portemonnaie und packe gleichzeitig den Einkauf in eine leere Obstkiste. Die Schlange der hinter mir Wartenden wird immer länger. Der Große versucht, den Wagen wegzubringen – surfend. Wo in aller Welt ist mein Portemonnaie? Als ich es endlich finde und die EC-Karte rüberreiche, wird es plötzlich warm und nass an meiner Hüfte.

„Nicht jetzt!“ entfährt es mir, die Kassierin schaut irritiert, ich murmele „komme gleich wieder“ und hoffe, dass die EC-Verbindung langsam ist wie sonst auch, renne ins Bad, halte das Baby ab. Nichts passiert. Naja, wir sind ja auch schon beide nass. Ziehe ihr die nasse Hose aus, wasche uns kurz, hetze zurück. Die Schlange ist laaaang geworden. Die Kassierin hat dankenswerterweise schon den nächsten Kunden abgefertigt und hält mir verständnisvoll lächelnd den EC-Beleg hin. Ich kritzele irgendwas drauf, stopfe den Rest meines Einkaufs in die Kiste und flüchte an die Bistrotische, um meinen Kram vernünftig einzuräumen.

„Ich hab Hunger!!“ jammert der Große. Okay, du kriegst die Erdbeeren. Erdbeeren waschen gehen, „setz Dich zum Essen bitte hin“, Baby ist unruhig. Was hat sie nur? „Mama, sie muss mal“, sagt der Große schließlich. Schon wieder? Sie hat doch gerade… in dem Moment macht sie los. Argh. Flitze ins Bad und halte sie ab. Vergesse, die Tür zu schließen. Wasche die Kleine gerade, als ein großes Babygeschäft geräuschvoll und unerwartet im Waschbecken landet. In genau diesem Moment kommt eine Dame herein – „Oh!“ sagt sie, schaut ins Waschbecken, schüttelt sich und geht rückwärts wieder raus. Mist. Das ist mir peinlich. Der Rest geht dahin, wo er hingehört, es dauert ewig, aber ich bin dankbar, dass diese Ladung immerhin nicht auf meiner Hose gelandet ist.

Als ich zurückkomme, begrüßt mich freudestrahlend der Große: „Mama, ich hab was gemalt!“ Ach ja? Hier? In der LPG? Wo genau? „Daaa!“ – er zeigt auf die Bistrobank, auf die er mit Hilfe einer reifen Erdbeere schöne, runde Linien gemalt hat. Zehntelsekunde Nervenzusammenbruch. Dann Lachen. Mama sein. „Schatz, das ist eine schöne Malerei, aber definitiv an der falschen Stelle. Erdbeere-auf-Bank ist keine gute Idee. Das klebt. Komm, wir machen das weg.“ Gottseidank sind die Dinger mit Plastik bespannt.

Ich knie gerade, eine nasse Serviette in der Hand, neben meinem chaotisch in die Kiste gestopften Einkauf und einem diskutierenden Dreijährigen und mit dem halbnackten Baby auf der nassen Hüfte vor der beschmierten Bank, als mir auffällt, wer da neben uns am Zeitungsständer steht. Die Frau, die gerade rückwärts aus dem Bad gegangen ist. Sie wirft mir einen Blick zu, den ich lieber nicht deute.

Yeah. Windelfrei rocks! 😉

(„Die Moral von der Geschicht‘? Windelfrei-Mutter, hetze nicht!“ Ich hätte einfach beim ersten Mal abhalten länger warten oder es nach 3-5 Minuten noch einmal mit Ruhe anbieten sollen. Dann wäre sie nämlich „leer“ gewesen. Nicht genug Ruhe und Zeit ist bei uns derzeit der häufigste Grund dafür, dass sie nicht macht und mich dann später überrascht.)

8 Gedanken zu „Windelfrei – so gehts nicht II

  1. Danke für diese Geschichte, ich hab Tränen gelacht. Ich kenne solche Stresssituationen zur Genüge, meine Kinder haben den gleichen Altersabstand.
    Ich finde es bewundernswert, dass du von der Kasse weggehst, um dein Kind abzuhalten. Das hätte ich niemals gebracht. Auch sehr cool, dass dein Sohn erkennt, wann das Baby mal muss 😉
    LG’Dana

  2. Mir passieren solche schweisstreibenden Situationen vor allem immer dann, wenn ich auf die Idee komme, mit Kind Ziele tatsächlich in einer bestimmten Zeit erreichen zu wollen. Zum Glück in letzter Zeit immer weniger. Bewunderswert, dass Du überhaupt windelfrei den Einkauf machen kannst, Hut ab! Ach übrigens, diese riesigen Biosupermärkte in Deutschland sind ja wirklich beeindruckend. Sowas ähnlich gibt’s in England nur an ganz wenigen Orten, z.B. in Brighton.

  3. Meine liebe Nic,

    ich bin schockiert, mir fehlen die Worte und ich fühle mich wie die Frau, die rückwärts aus’m Bad stolperte! – Ich hätte es wohl besser nicht gelesen …

  4. Hi,

    wow….
    Echt amüsant diese Geschichte 😉
    Ich bin zwar auch wf unterwegs, aber von der Kasse weggehen, dass würde ich mich auch nicht trauen…vor allem nicht wenn ich die Schlange hinter ansehen würde! RESPEKT!
    Aber das „nicht machen“ bei Stress und Druck dass ist bei uns auch so…
    Liebe Grüße

  5. Hihi, also zu der Sache mit der Kasse muss ich noch was sagen: Das WC ist GENAU DANEBEN, also keine 3 Sekunden entfernt. Im Supermarkt, wo man erst ewig laufen muss, da hätte ich das auch nicht gemacht, aber in der LPG isses wirklich nur ein paar Schritte und ich hatte noch so viel auf dem Band zu liegen, dass ich dachte, ach das reicht locker…

  6. Deine Geschichte hat mich dazu bewogen, konsequent die Toilette zum Abhalten zu nutzen – auch wenn es anstrengender ist. Am Wochenende musste ich einmal doch das Waschbecken nutzen (Schlange an den Toiletten und Wickelraum ohne Toilette) und habe nur gebetet, dass der Durchfall vom Vormittag vorbei ist und/oder bitte nicht gerade jemand reinkommt, wenn ich abhalte…

    Ich habe eh immer noch ein wenig Sorge vor den Reaktionen der Umwelt – ich nehme an, das vergeht mit der Zeit?

  7. Hi Ruth,

    naja – ich nutze auch IMMER die Toilette, wenn wir woanders sind, aber zum Waschen brauch ich eben doch das Waschbecken, und da sie an dem Tag noch nicht „leer“ war…

    Ich hab keine Sorge mehr vor der Reaktion der anderen, denn meine Erfahrung hat gezeigt, dass die meisten eher fasziniert oder sogar begeistert sind. Und hier in Berlin machen die Hunde ja auch überall hin, wenn da mal ein Baby an einen Baum pieschert, kräht kein Hahn danach. Aber sie macht ja auch große Sachen zu 90% morgens daheim, das ist schon sehr beruhigend.

    🙂
    nic

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